Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme
Sprosse, lehnte sich weit vor und dehnte ihren langen, sehnigen Körper, als handle es sich um eine Barre, um eine Ballettstange. Laura beneidete sie um ihre Selbstverständlichkeit. Alle Männer ringsum bekamen Glupschaugen, als ihr neckisches Röckchen weit nach oben rutschte und die Rundungen ihres Pos freilegte.
Kaum jemand kümmerte sich noch um Jack, der sich mittlerweile seinem Ziel näherte, zu einem winzigen Punkt in ihrer Wahrnehmung geschrumpft. Laura meinte, lachen zu müssen. Die Situation war ... absurd. Mit Zoes Auftritt waren alle Scheu und alle Ängste vor dieser seltsamen Umgebung vergessen. Die Freundin hatte sich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit geschoben, so, wie sie es gewohnt war, und hatte die üblichen Verhaltensmuster ausgelöst. Männer bekamen Stielaugen, Frauen suchten nach Spuren von Unvollkommenheit an Zoes Körper und freuten sich über die geringste Spur einer Falte oder eines Speckröllchens ...
»Jack ist oben angelangt«, sagte Laura und riss die Menschen damit aus der Banalität des Augenblicks.
»Er winkt uns zu«, bestätigte Milt. »Es dürfte alles in Ordnung sein. Also los, Luca! Du weißt, was du zu tun hast?«
»Ja.« Der Junge grinste. »Ich klettere hoch und passe auf, dass Fräulein Mandel nichts geschieht.«
»Fräulein ...« Zoe kicherte ungläubig. »So wurde ich schon lange nicht mehr genannt.«
Sie drückte Luca kurz an sich und schob ihn dann auf die unterste Stange. Der Bursche, etwas kleiner als Laura, kletterte behände hoch, von Zoe in einem Abstand von einer Sprosse verfolgt.
»Das sieht gut aus!«, rief Milt ihr nach und grinste.
»Wenn du mir noch ein einziges Mal unter den Rock siehst, versohle ich dir den Hintern, sobald wir oben angelangt sind!«, empörte sich Zoe.
»Da hätte ich wahrlich nichts dagegen.« Milt blieb leise, sodass nur Laura und Andreas hören konnten, was er zu sagen hatte.
»Weiter jetzt!«, sagte Laura; sie wunderte sich über den Ärger in ihrer Stimme. Dann winkte sie Sandra Müller und die Frauen der Gruppe zu sich. »Du folgst deinem Bruder, dann ihr, in einem Abstand von etwa zehn Sprossen. Passt euch dem Tempo des Vordermanns an. Nochmals: Es kann euch nichts geschehen, solange ihr die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen befolgt. Kraft sparen, überlegen, nicht nach unten sehen. Verstanden?«
Ringsum wurde eifrig genickt; einzig Gloria starrte blicklos an Laura vorbei, als wäre sie nicht vorhanden.
Sie sah nach oben. Luca hielt sich ausgezeichnet. Er kletterte wie ein Äffchen, frei und unbeschwert. Noch überraschender war allerdings das Geschick, mit dem Zoe an die Sache heranging. Ihre Selbstsicherheit und ihr Selbstverständnis waren beeindruckend. Stets achtete sie darauf, Luca im Fall der Fälle weiterzuhelfen. Sie rief ihm Tipps zu, stützte ihn, mahnte ihn, verhalf ihm zu einer besseren Greiftechnik, und als sie die erste Zwischenstation erreicht hatten, bewegte sich der Junge, als hätte er niemals etwas anderes getan.
Sie schickte Luca nach einer kurzen Pause allein weiter auf Reisen, um sich um die nachkommende Schwester und die weiteren Gefährten zu kümmern. Zoe verhielt sich derart professionell, dass das Bild eines verhätschelten und verzogenen Görs, das Laura von ihr gewonnen hatte, rasch verblasste.
»Ich sehe nicht ein, dass ich unmittelbar nach Herrn Müller klettern soll!«, riss sie Norbert Rimmzahn aus ihren Gedanken. »Sollte er abrutschen und auf mich stürzen, würde ich mich wohl kaum halten können.«
»Wollen Sie etwa sagen, dass ich zu dick sei?« Empört hielt sich Felix Müller den Ansatz eines Wohlstandsbäuchleins. »Kehren Sie gefälligst vor Ihrer eigenen Tür!«
»Weiter! Los, los!« Laura schob die beiden Streithähne vorwärts, hin zu den Stangen. Sie half Felix, Tritt zu fassen, achtete darauf, dass Norbert Rimmzahn in einem etwas größeren Abstand folgte, und kümmerte sich um weitere Passagiere.
Manche von ihnen blickten müde und stumpf drein, von den Geschehnissen völlig überfordert. Andere folgten regungslos ihren Anweisungen, als stünden sie nach wie vor unter Schock.
»Jetzt Najid«, entschied Laura, nachdem Milt den Aufstieg begonnen hatte und nur noch Andreas und sie übrig geblieben waren. »Fessle ihn so, dass seine Arme gerade noch ausreichend Bewegungsfreiheit fürs Klettern besitzen. Ich folge ihm, dann du. Wollte er nach unten flüchten, müsste er erst an mir vorbei. Und ich glaube kaum, dass er einer Frau etwas antun wollte. Nicht wahr?« Sie
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