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Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme

Titel: Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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breit. Städter wandten sich enttäuscht ab. Offenbar lag der Preis weit über ihren finanziellen Möglichkeiten. Doch eine potenzielle Käufergruppe von vielleicht fünfzehn oder zwanzig Personen nahm die Preisvorstellung ungerührt zur Kenntnis. Allesamt hockten sie in Logen, die entlang der Breitseite des Podests eingerichtet worden waren. Gnomenähnliche Wesen servierten ihnen Getränke, andere massierten ihnen die Gliedmaßen.
    Finn tat einige Schritte hin zu Anais, misstrauisch vom Helfer des Zandsch beobachtet, der mit seinem Stab weiterhin drohend in seine Richtung deutete. »Präge dir die Gesichter dieser Städter tunlichst ein«, flüsterte er ihr zu.
    »Warum?«
    »Frag nicht; tu es einfach!«
    Finn dachte fieberhaft nach. Von hier gab es kein Entrinnen. Er entdeckte mindestens zehn Helfer des Zandsch, die strategisch verteilt standen und über die Ordnung wachten. Es gab drei Ausgänge, zwei kleinere und einen großen, der in Richtung jenes Tors wies, durch das sie in die Stadt gebracht worden waren. Auch an den Ausgängen waren aufmerksame Wächter zu entdecken, und auch sie hielten Straf-Stäbe in ihren Händen.
    »Dreitausendsechshundert Li ...«
    Karen warf sich in den Armen des Zandsch hin und her, wollte und konnte dieses erniedrigende Schauspiel kaum ertragen. Immer wieder sah sie zu Finn herab. Er wich ihren Blicken aus. Er konnte ihr nicht helfen. Nicht hier, nicht jetzt.
    »Viertausendzweihundert Li ...«
    Die ersten Bieter gaben zu verstehen, dass sie aus dem Wettbewerb ausstiegen. Das Feld der Interessenten reduzierte sich auf eine Handvoll von Städtern: drei Frauen und zwei Männer, die alle von viel Personal umringt wurden.
    »Fünftausend Li ...«
    Ein Raunen ging durch den Saal. Diese Summe markierte wohl in diesen Kreisen den Übergang von Reichtum zu wirklichem Reichtum. Die Spannung war fast körperlich spürbar, und als ein Mann mit einer langen Narbe auf dem Spitzkopf aus dem Bieterrennen ausstieg, hielt es selbst die so zurückhaltenden Städter nicht mehr länger an ihren Plätzen. Sie riefen wie wild durcheinander, couponähnliche Gegenstände wurden in die Höhe gereckt, Zahlen wurden genannt.
    Finn begriff: Die Bewohner wetteten auf den Sieger dieser Auktion. Ein perverses Spiel mit der Existenz eines Menschen fand einen weiteren, unrühmlichen Tiefpunkt.
    »Sechstausenddreihundert Li ...«
    Zwei Bieter waren übrig geblieben. Zwei Frauen. Sollte Finn erleichtert sein? Würde es Karen in ihren Händen besser haben als in denen eines Mannes? Finn zweifelte daran. Die Gesichter beider Damen waren von einer Vielzahl von Narben überzogen, die auf seltsame, auf grausame Rituale schließen ließen. Wesen, die an der eigenen Körperlichkeit ein derartiges Desinteresse zeigten und, ganz im Gegenteil, ihre Schmerzunempfindlichkeit öffentlich zur Schau stellten, würden ein zierliches Geschöpf wie Karen keinesfalls glimpflich behandeln.
    »Siebentausend Li ...«
    Eine der Frauen zögerte, durch ein Ratschenzeichen eine weitere Erhöhung des Angebots zu dokumentieren. Aller Blicke waren auf sie gerichtet.
    War dies der Augenblick, da er einen Flucht- und Rettungsversuch unternehmen sollte? Finn orientierte sich, spannte die Muskeln an, machte sich ein letztes Mal ein Bild von den Gefahrenpunkten im Saal ...
    »Denk nicht einmal dran!«, flüsterte ihm eine unheimliche Stimme von hinten zu. »Womöglich schaffst du es, den Peitschenbrüdern des Zandsch zu entkommen. Aber niemals wird es dir gelingen, mitsamt deiner Freunde aus dem Saal zu flüchten und in der Stadt unterzutauchen. Sei vernünftig! Warte auf die richtige Gelegenheit!«
    Finn wollte sich umdrehen und seinem Einflüsterer ins Gesicht blicken; doch er konnte es nicht. Es fehlte ihm die Kraft. Etwas - oder jemand - lähmte ihn.
    Arishe? Hatte etwa der Feldscher Cronims zu ihm gesprochen?
    »Siebentausend Li!«, rief der Zandsch. »Verkauft für den Preis von siebentausend Li an die Ehrenwerte Bet- und Bettschwester Sikhiom, Bemutterin des Oberheiligsten Donautus!«
    Ratschen wurden ringsum geschwungen und gedreht; die Städter zeigten nun, da das unwürdige Schauspiel zu Ende ging, einen ungewöhnlichen Enthusiasmus. Coupons und kleine Warenbeutel wechselten ihren Besitzer, die siegreiche Bieterin wurde mit Lobesworten bedacht, während die unterlegene Konkurrentin mit zorngerötetem Gesicht aus ihrer Loge flüchtete und sich ins Innere einer geschlossenen Sänfte zurückzog, die bald darauf von sechs Gnomen aus dem Saal

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