Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme
Mitglieder des Kleinen Volks. Zwei Fachan, denen vierfingrige Arme aus der Brust wuchsen. Einen Púca, dessen dunkle Mähne bis zu den Hüften herabfiel und dessen Augen golden glitzerten. Zwei Gancanagh, die sich an den Armen hielten. Ihre Haut war von einem Grünschimmer überzogen. Frauen, die diesen Verführern in die Hände gerieten, würden unweigerlich an einer Vergiftung sterben ...
»Mach schon!«, herrschte Cronim ihn an; leise, sodass nur er es hören konnte, fügte er hinzu: »Ich möchte euch an den Mann - oder an die Frau - gebracht wissen, bevor ihr eingeht.«
Der Hübsche lachte lauthals, als hätte er einen besonders gelungenen Scherz gerissen. Er brach abrupt ab und drängte sich an den Wartenden vorbei, hin zu einem Glatzkopf, dessen Spitzschädel von leuchtend roten Tätowierungen beherrscht wurde.
»Der Auktionator«, flüsterte Finn Anais zu. »Kerle wie diese kenne ich zur Genüge.«
Oh ja, er hatte sich auf Sklavenmärkten herumgetrieben, auf Sklavenmärkten einer Neuzeit, die mit den Vorstellungen eines Europäers oder eines Amerikaners nichts zu tun hatten - und dennoch existierten. Seine Geschäfte hatten ihn in die Regenwälder Südamerikas gebracht, dorthin, wo sich Indios skrupellosen Geschäftsleuten anboten, um für ein Butterbrot Halbedelsteine aus der Erde zu buddeln, meist unter erschreckenden Bedingungen. Oder jene Kongolesen, die unter der rigiden Aufsicht von Regierungsrebellen Blutdiamanten schürfen mussten. Oder Filipinos, die in den reichen Golfstaaten ihrer Bürgerrechte verlustig gingen und wiederum unter schrecklichen Umständen Handlangerarbeiten verrichteten ...
Cronim winkte ihm zu; Arishe zischte leise ein unverständliches Wort, und augenblicklich fühlte Finn den Drang, zu seinem Herrn zu gehen und ihm zu Diensten zu sein.
»Der Zandsch wird euch nun übernehmen«, sagte der Hübsche. »Die Frau namens Karen wird einen Platz bei der ersten Verkaufscharge einnehmen, und da ihr Reinrassigen derart selten zu finden seid, werden du und deine Freunde bereits in der zweiten aufs Podest treten.« Cronim lächelte. »Ich bin mir sicher, dass ihr einen guten Preis einbringen werdet. Der Zandsch und ich teilen uns ein ausgezeichnetes Geschäft.«
Er nickte dem Glatzköpfigen zu, bevor er sich Finn näherte und ihm ins Ohr flüsterte: »Solltest du auf den Gedanken kommen, dem Auktionator von eurem Ablaufdatum zu erzählen, lass es besser bleiben. Arishe ist ein Meister seines Faches. Er hat dafür gesorgt, dass dir die falschen Worte in den Sinn kommen. Du würdest die versammelten Stadtbürger schimpfen, statt die Wahrheit zu sagen. Die hiesigen Einwohner sind in ganz Innistìr für ihre Grausamkeit bekannt. Sie werden dir tage- oder wochenlang Qualen bereiten, wenn nicht gar über Jahre hinweg. Überleg dir also gut, was du tun oder sagen möchtest.«
»Ich verstehe«, sagte Finn und unterdrückte seine Enttäuschung. Er hatte ein klein wenig auf die Dummheit des Postenkommandanten spekuliert.
»Ich werde mir die Versteigerung aus sicherer Entfernung ansehen, bevor ich mich nach Belorion umhöre.« Der Hübsche rieb sich die Hände. »Ich hoffe, dass sich deine Wünsche erfüllen und die letzten Tage deines Lebens halbwegs erträglich sein werden. Allerdings sind die Aussichten darauf relativ gering. In meinem Gewahrsam wäre es euch sicherlich besser ergangen als hier.«
Er drehte sich abrupt um und schritt an Finn vorbei, ohne den anderen Menschen auch nur einen Blick zu widmen.
Anais trat zu ihm. »Was ist nun mit deinem Plan?«, fragte sie. »Wie möchtest du uns aus dieser Bredouille befreien?«
»Lass mir ein wenig Zeit; ich arbeite daran.« Finn überlegte fieberhaft. »Ich glaube, ich habe bereits eine Idee ...«
Nein, hatte er nicht. Er log. Er musste sich umsehen, die hiesigen Umstände kennenlernen. Gerade jetzt konnte er niemanden gebrauchen, der ihm dauernd dreinredete und ihm das letzte Restchen an Selbstvertrauen stahl.
»Lasst uns beginnen!«, rief der Zandsch mit mächtiger Stimme, bevor er auf das Podest trat. »Dank einer späten Einbringung kann der Markt heute mit einer ganz besonderen Sensation aufwarten. Mit Ware, wie wir sie schon lange nicht mehr gesehen haben.« Der Zandsch drehte sich langsam und mit stampfenden Schritten im Kreis. »Heute bieten wir echte, reinrassige Menschen an! Die Beschnüffler werden gebeten, sich jetzt gleich von der Güte der Ware zu überzeugen.«
Aahs und Oohs schallten über den Platz. Selbst die Kinder,
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