Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme
betrug bestenfalls noch zehn Kilometer.
Laura blickte auf trutzige Gebäude, die von einer Steinmauer aus weißen, marmorähnlichen Quadern umfasst wurden. Da und dort waren in die mehrere hundert Meter lange Außenmauer rußschwarze Steine eingefügt. Sie ergaben ein Schriftbild oder Muster, das ihr unverständlich blieb, den drei Elfen jedoch eine ungesunde Blässe ins Gesicht trieb.
Zoe hängte sich bei ihr ein. Sie zitterte am ganzen Körper. »Mir ist kalt«, sagte sie.
»Kalt würde ich's nicht grad nennen; aber ich fühle mich unwohl. Irgendetwas stimmt hier nicht. Was ist mit dem Pfad geschehen? Wo sind die Händler geblieben, wo die Bauern aus der Umgebung, die die Nahrung für die Stadt herankarren?«
»Wahrscheinlich leben die Städter von Luft und Liebe.« Zoe lachte.
Laura fühlte sich mit einem Mal unwohl in ihrer Gegenwart. Seltsame Gefühle wallten in ihr hoch. Rasende Eifersucht, Neid ... und Hass. Am liebsten hätte sie dem Model ins Gesicht geschlagen und ihm dieses sonnige Gemüt ein für alle Mal ausgetrieben. Sie hatte Mühe, diese bösen Gedanken im Zaum zu halten.
Was geschah mit ihr, was geschah mit den anderen Menschen? Überall blickte sie in verbitterte, misstrauische, wütende Gesichter.
»Du bist nicht sonderlich redselig«, sagte Zoe und löste sich abrupt von ihr. »Na schön - dann suche ich mir einen anderen Gesprächspartner.«
Sie tat ein paar muntere Sprünge wie ein kleines Kind, überholte die meisten vor ihr gehenden Menschen und hängte sich bei Andreas ein, der unter der Berührung zusammenzuckte. Auch er wirkte gereizt und überfordert.
»Spürst du's auch?«, fragte Angela Müller und gesellte sich zu Laura.
»Was meinst du?«
»Das Land. Es verändert uns.«
»Wir alle stehen nach wie vor unter dem Schock der Katastrophe«, sagte sie wider besseres Wissen.
»Das ist Unsinn, und das weißt du, Laura.« Angela lächelte müde. »Wir vertragen Innistìr nicht. Vielleicht sind es bereits die ersten Anzeichen des nahenden Todes. Womöglich sind wir wie Viren, die in einen Körper vorgedrungen sind und nun von den Gesundheitspolizisten verfolgt werden. Von magischen Gesundheitspolizisten.«
Laura schwieg, obwohl sie dieser Idee einiges abgewinnen konnte. Dies war natürlich keine irgendwie unterfütterte Theorie; doch als Bild für ihre Situation mochte die Vorstellung, dass sie wie Viren waren, durchaus einiges hergeben.
»Es ist die Magie, die uns über kurz oder lang töten wird«, wiederholte Angela. »Ich kann es fühlen.«
Sie passierten einen winzigen Pass und hatten Ausblick auf eine freie Ebene, die nahezu bis zu den Stadtmauern heranreichte. Ein letzter Höhenzug, eine Hügelkette, trennte sie von der Stadt. Die Fläche davor war frei von Hindernissen. Da und dort bleichten die Gerippe verendeter Tiere in der Sonne, Gestrüpp wucherte rings um einen schlammigen Teich.
Wasser!
Ihre Vorräte waren nahezu erschöpft; was in den Wasserflaschen übrig geblieben war, schmeckte schal und war fast kochend heiß.
Die Menschen setzten sich in Bewegung in der Hoffnung, neue Erfrischung zu bekommen. Allen voran Norbert Rimmzahn, der bald von denjenigen überholt wurde, die besser bei Fuß als der etwas füllige Schweizer waren. Jack und Andreas grinsten sich an und schüttelten sich die Hände, als wäre dies alles ihr Verdienst. Sie folgten dem Hauptpulk im Schlenderschritt, begleitet von Zoe, die sich in ihre Mitte drängte und beide umarmte.
Fast wie von selbst führten ihre Füße die Menschen in Richtung des Tümpels. Es roch nach Feuchtigkeit. Blüten hingen an den dornigen Gewächsen, die ihnen den Zugang zum Wasser versperrten. Sie würden sich den Weg zu ihrem Ziel erkämpfen müssen ...
»Wartet!«, rief Laura ihren Leuten hinterher. Irgendetwas stimmte nicht. Eine innere Stimme sagte ihr, dass Gefahr drohte. Dass hier nichts so war, wie es den Anschein hatte. Dass sie sich in Acht nehmen mussten.
Ein Schrei. Schrill und enervierend. Voll Schmerz.
Die Menschen blieben abrupt stehen. Stießen und rempelten gegeneinander, fielen zu Boden. Weiteres Gebrüll ertönte, die Stimme einer Frau.
»Zurück!«, rief Jack. Er und Andreas zogen und zerrten an dem Knäuel, das sich gebildet hatte. Die Verwirrung nahm immer mehr überhand, und je mehr Leute schmerzerfüllt schrien, desto größer wurde das Durcheinander Milt und Cedric brachten die beiden Müller-Kinder in Sicherheit und warfen sie in den Sand, weit weg von dieser Demarkationslinie, an der sich
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