Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers
Mousse au Chocolat, und schon waren die schönsten Gespräche im Gange. Gegen das einsetzende Magenknurren wurden die letzten Reste Brot vertilgt. Seltsamerweise schien das die richtige Therapie zu sein, denn kurze Zeit darauf waren sie alle eingeschlummert.
Als sie erwachten, fühlten sich alle noch müder und zerschlagener als zuvor. Die meisten beklagten sich über schlechte Träume, in denen sie das Gefühl gehabt hatten, jemand hätte auf ihrer Brust gesessen und etwas aus ihnen gesaugt.
»Das ist er«, sagte Cedric grimmig. »Da gehe ich jede Wette ein.«
»Redest du von Alberich?«, fragte Simon.
Der Bauarbeiter nickte. »Ich habe zugehört, was dieses Spitzohr über ihn erzählt hat.«
»Wer? Mr. Spock?«, unterbrach Simon. »War ein Witz.«
»Wer ist Mr. Spock?«, fragte Gina verständnislos.
»Ein Vulkanier mit grünem Blut, der ...« Simon unterbrach sich und starrte Gina an. »Du kennst den im Ernst nicht? Nicht mal den letzten Film, der den Anfang erzählt?« Als er immer noch Verständnislosigkeit erntete, stieß er fast jammernd hervor: »Star Trek, klingelt es da endlich?«
Gina überlegte. »Ach das«, sagte sie dann wegwerfend. »Das ist doch nur für pubertierende Jungs, die gern Held spielen. Keinerlei Romantik.«
»Keine Vampire ...«, sagte Emma grinsend.
Cedric sah alle der Reihe nach finster an. »Zum einen gibt es hier Vampire, schon vergessen? Die verschwundene Königin und ihr Gemahl? Zum Zweiten - habt ihr daran gedacht, dass ich einen der Elfen gemeint haben könnte?«
»Ach ja«, sagte Simon. »Elfen. Richtig. Du musst schon verzeihen, aber ich glaube immer noch, im falschen Film zu sein.«
Inzwischen hatte Cedric den Faden völlig verloren und zog eine ratlose Miene.
»Es geht darum, dass du vermutest, Alberich entzieht uns Lebenskraft«, soufflierte Rudy.
»Genau. Der Elf hat es uns erzählt. Sein Kollege, dieser Drachenelf, ist eben wie ein richtiger Alb, so muss man sich ein solches Wesen nach all den Beschreibungen wohl vorstellen. Der Kerl da oben ist in der Lage, unsere Kraft abzusaugen. Warum lässt er sich wohl so nennen? Wahrscheinlich ist er der Urvater aller Albträume! Und wie lange lebt er schon und kommt sogar vom Tod wieder? Man überlebt nicht so lange, ohne dass man von irgendwoher Energien bezieht.«
»Du hast ja richtig darüber nachgedacht«, spöttelte Reggie. Cedric zog düster die Brauen zusammen, aber er sagte nichts, als einige weitere grinsten.
»Also, ich weiß nicht.« Anais wiegte zweifelnd den Kopf. »Er ist doch selber einer von denen, oder? Unsterblich. Was brauchen die gesonderte Energien?«
»Wenn ich etwas dazu anmerken darf«, sagte Rudy. »Als gebürtiger Däne habe ich die nordischen Sagen verinnerlicht. Wie man so schön sagt: Von nichts kommt nichts. Und Alberich benötigt eine Menge Energie, wenn er es mit der Magie dieses Reiches aufnehmen will. So funktionieren diese Dinge. An den Sagen ist schon etwas dran.«
»Sagte er nicht, das Reich zerfällt?«
»Eben. Er muss das aufhalten.«
»Dann lässt er uns deswegen am Leben - weil wir ihm auf diese Weise nützlich sein können?«, sinnierte Reggie.
»Wie meinst du das?«, fragte Karen. »Wir sind selbstverständlich Geiseln!«
»Ja, aber um die anderen unter Druck zu setzen, muss er uns nicht alle am Leben erhalten«, sagte der Amerikaner ungerührt. »Hast du der Wache nicht zugehört? Und so unrecht haben die gar nicht. Glaubt ihr, unsere Freunde da draußen wissen genau, wie viele wir hier drin sind?«
»Wir wissen es«, zischte Emma und funkelte ihren Partner wütend an. »Hör auf damit!«
»Was denn?«, wollte er sich verteidigen. »Ich ...«
»Ach, halt den Mund.«
»Vielleicht sollten wir jetzt mal wieder zum Wesentlichen kommen«, sagte der sonst eher schüchterne Frans; er wirkte ungeduldig. »Diese fortdauernde Sonnenlosigkeit schadet meinem Teint.«
Das entspannte die Stimmung, und Cedric schwenkte um.
»He, ihr da nebenan!«, rief er. »Seid ihr wach?«
»Ihr seid ja nicht zu überhören«, antwortete Angela.
Von Micah kam von der anderen Seite: »Wenn ihr endlich fertig seid mit sinnlosen Debatten, könnten wir mal loslegen!«
Aber wie?
Das war die zentrale Frage, über die sich alle schon seit Stunden den Kopf zerbrachen, seit sie hier eingesperrt worden waren. Sie versuchten, sich mit Witzchen und Dialogen wie eben abzulenken - von ihrer Hilflosigkeit. Der verzweifelten Erkenntnis, dass das Gefängnis, in dem sie sich befanden, immer mehr
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