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Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers

Titel: Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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distanziert. Er war gekommen, um Agnes zu retten. Hatte ihren Wunsch vernommen und erhört. War gewiss vom Olymp herabgestiegen, nur für sie. Oder wie ließ sich das sonst erklären, was hier vor sich ging?
    Agnes lächelte. »Ich komme, mein Lieber«, flüsterte sie, »Ich komme.«
    Alle Wünsche sollten wahr werden, das war der Wille des Priesterkönigs Johannes gewesen. Agnes erinnerte sich sehr wohl aus einer Fernsehsendung an seinen Brief an den Papst, in dem er von seinem Reich erzählte. Ein wahrhaftiges Reich der Wunder. Und schließlich, Zentauren hatten sie gesehen, nicht wahr? Also warum nicht der Minotaurus, der in diese Mythologie passte, und warum nicht für sie, Agnes! Alles war möglich. Und noch nicht alles Gute zerstört.
    Agnes folgte. »Wohin führst du mich?«
    Sie kam dem Minotaurus nie näher, er blieb immer auf gleichem Abstand voraus, sprach nicht, aber wartete auf sie, wenn sie verschnaufen musste. Dann winkte er ihr, ihm weiter zu folgen. Agnes wusste nicht, wie weit der Weg war, er konnte lang, aber auch kurz sein, sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Angst? Weshalb? Niemand wollte ihr Böses. Sie fühlte sich sicher und geborgen, so wohl wie schon lange nicht mehr. Seit ... ja, seit dem Abflug von Nassau! Was für einen herrlichen Urlaub hatten sie dort verbracht, hatten gar nicht so recht wieder nach Hause wollen. Sie hatten sich vorgenommen, noch einmal dorthin zu fliegen.
    »Minotaurus, führe mich«, wisperte Agnes. »Dorthin zurück, wo ich glücklich war. Sag mir, dass alles gut wird.«
    Das große gehörnte Wesen blieb vor einer Tür stehen und wies mit einladender, formvollendeter Geste hinein.
    »Dort?«
    Der Minotaurus nickte. Er trat zurück, während Agnes auf die Tür zuging, die Hand auf die Klinke legte und sie öffnete. Als sie sich noch einmal umsah, war der Stiermann verschwunden. Doch Agnes machte sich keine Gedanken darüber. Schließlich war er ein Zauberwesen.
    Erwartungsvoll betrat sie den Raum hinter der Tür. Er war klein, bescheiden eingerichtet wie eine Klosterzelle. Auf dem einzigen Stuhl saß ein Mann, der nun aufstand und sich zu ihr umdrehte.
    Agnes blieb das Herz fast stehen. »Franz ...«
    »Ja, meine Liebe«, sagte er mit der vertrauten Stimme.
    »Aber wie ist das möglich ... Du warst doch tot ... Ich habe dich in meinen Armen gehalten ...«
    »Und was ist dann geschehen? Erinnerst du dich?«
    Das hatte Agnes die ganze Zeit verdrängen wollen. Wie Franz, dessen Herz aufgehört hatte zu schlagen, dessen Leib bereits erkaltete, sich plötzlich wieder aufgesetzt und sie mit toten Augen angestarrt hatte. Weil er zum Zombie geworden war.
    »Aber ...« Die Zombies waren abscheuliche Gestalten, und Agnes hatte den Gedanken nicht ertragen können, dass Franz zu einem der Ihren geworden war. Das war kein Andenken, das sie bewahren wollte.
    »Es ist viel geschehen, nachdem ihr gegangen seid«, fuhr Franz fort. Er sah genauso aus wie früher, und seine Augen schimmerten lebendig. »Das Wichtigste aber: Wir wurden geheilt. Alle. Ich habe mich gleich auf die Suche nach dir gemacht. Und hier bin ich nun, und hier bist du.«
    »Hat dich der Minotaurus hierher geführt?«
    »Minotaurus?« Dann lächelte er. »Ja, natürlich. Er hat uns zusammengeführt. Wie wäre es sonst möglich? Es ist ein Wunder, aber das ist an diesem Ort wohl angebracht, nicht wahr?«
    Agnes rannen die Tränen über die Wangen. Vor Schmerz gönnte sie kaum sprechen. »O Franz, lieber Franz, ich habe dich so entsetzlich vermisst ... Du ahnst nicht, wie es war, nachdem du mich verlassen hattest ...«
    »Aber jetzt bin ich hier.« Franz lächelte sie liebevoll an und breitete leicht die Arme aus. »Möchtest du wieder mit mir vereint sein, Agnes? Meine Liebe, mein Leben? Für immer?«
    »Was für eine Frage ... natürlich ... die ganze Zeit sehne ich mich danach ...«
    »Dann komm zu mir, mein Liebling, und lass dich umarmen.«
    Agnes wischte sich die Tränen ab und straffte ihre Haltung. Ihre Entscheidung war klar und einfach und vor allem unumstößlich. Agnes hatte immer gewusst, was sie wollte, und das hatte sich nicht geändert. Sämtliche Trauer war von ihr abgefallen, jegliche Unsicherheit. Genau das war es, was sie sich wünschte, was sie herbeigesehnt hatte.
    Warm und geborgen. Die Öllampen verbreiteten einen sanften Schein. Kerzenlicht flackerte leicht und zauberte Schattenrisse an die Wände. Mehr brauchte es nicht, weder jetzt noch irgendwann.
    »Franz«, sagte Agnes, dann ging sie

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