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Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte

Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte

Titel: Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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Ohnenamenfrau begriff, je weiter sie voranschritt, dass ihre Erinnerungen immer jünger wurden, denn sie wuchsen weit vor ihr, bisher unerreichbar, höher auf als alle anderen, kräftiger und bedrohlicher. Aber es wurden auch weniger, ihre Zahl übersichtlich, und am Ende konnte sie schon den Aufstieg erkennen.
    Zur weißen Mauer, welche die letzte Hürde sein würde.
    »Wirst du mir helfen können, sie zu überwinden?«
    Das wird dann nicht mehr notwendig sein. Aber ich werde dich bis dahin bringen.
    Nur noch zwei Erinnerungen waren übrig, und die Ohnenamenfrau spürte, wie ihre Angst zurückkehrte. Eine von beiden war diejenige, die all das verursacht hatte. Doch sie war so weit gegangen, nun musste sie es zu Ende bringen.
    Sie nahm die erste Erinnerung ...
    ... und brach wie vom Blitzschlag getroffen zusammen.
    »Ich bin gestorben!«, schrie sie.

    »Nicht nachlassen!«, rief Veda. »Nidi, bleib bei mir, aber bleib auch dort! Kannst du mich hören? Antworte!«
    Der Schrazel lag wimmernd auf der Seite, die Augen geschlossen. Schweiß tropfte von seinem goldfarbenen Fell auf die Matratze, und er zitterte.
    »Es ist offen ...«, piepste er kaum verständlich. »Aber, oh, es ist zu schrecklich ... und ich kann sie nicht erreichen ...«
    »Versuch es weiter!«, befahl Veda. »Sie muss da sein. Kriech hindurch!«
    »Es wird mich einschließen und zerquetschen ...«
    »Tu es!«
    Ein paar Minuten blieb es still, dann jammerte Nidi: »Ich stecke fest ... es geht nicht weiter und wird immer tiefer ...«
    »Kannst du sie sehen?«
    »Ich weiß nicht ... ich glaube, da ist etwas ...«
    »Versuch weiterzukriechen!«
    »Ich kann nicht! Und es ist ... es ist kalt !«
    »Halte durch, Nidi. Halte durch.«
    Veda schüttete ein paar Tropfen aus der Phiole auf ihre Hand und rieb die Schnauze des Schrazel damit ein. Feiner Goldstaub rieselte aus seinem Fell, den sie aufnahm und ebenfalls mit einrieb.
    »Was kann mit ihm passieren, Veda?«, fragte Milt besorgt.
    »Dass wir ihn ebenso verlieren wie Laura«, antwortete die Amazone. »Entweder wir kriegen sie beide da raus, oder wir haben sie beide verloren - und dann wirklich für immer.«

    Sie sah es, nicht mehr als ein zweidimensionales Schattentheater, doch nur zu leicht zu begreifen.
    Da war ein Schloss mit einem großen Hof. Viele Geflügelte schwirrten um das Schloss, und im Hof liefen Dutzende kleiner Figuren.
    Und eine im Vergleich zu den anderen riesige Figur ragte auf, deren Konturen sich ständig verwischten und wieder neu zusammensetzten, auseinanderdrifteten und sich zusammenschoben.
    Eine unglaublich böse Strömung ging von dieser Figur aus, die kleine Stummelflügel besaß. Ihr Name war Tod und Schrecken und Albtraum.
    Zwei kreisende Glutbälle saßen dort, wo die Augen sein sollten, und sie waren der einzige Farbfleck in diesem Scherenschnitttheater. Dann öffnete sie den Rachen, in dem noch mehr Glut wallte, und schrie.
    Der Schrei war nicht zu hören, aber zu spüren, und die Ohnenamenfrau erlebte, wie sie starb.
    Und damit kehrten alle Erinnerungen zurück. Sie erinnerte sich, dass sie zuvor durch das Ohnenamenreich gewandert war und eine Hütte erreicht hatte. In dieser Hütte war ein Schattenriss gewesen, der sie zu Wein und Brot eingeladen hatte, und sie hatte angenommen.
    Er hatte sich mit ihr unterhalten, hatte sie umgarnt und umschmeichelt. Hatte ihr Versprechungen gemacht und ihren Willen eingeschläfert, mehr und immer mehr. Hatte angefangen, Besitz von ihr zu ergreifen. Hatte die finstere Hand nach ihrer Seele ausgestreckt, um sie ... um sie ...
    Und da war das geschehen, was sie gerade gesehen hatte, und ihr Tod hatte die Ohnenamenfrau aus der Gefahr gerissen und sie gerettet. Sie war aus der Hütte und fortgeschleudert worden, und dann war eine Lücke in den Erinnerungen, in der es gar nichts mehr gab.
    Da war sie tot gewesen.
    Doch dann setzte die Erinnerung wieder ein, und sie war wieder die Ohnenamenfrau im Ohnenamenreich und hatte alles vergessen, die Begegnung in der Hütte, die Verführung und alles andere.
    Aber das Wissen war geblieben.

    Die Erinnerung war zusammengeschrumpft und hatte sich schließlich in ihr aufgelöst. Sie war geklärt und erwacht, sie konnte nun ruhen.
    Die Ohnenamenfrau stand auf. »Ich war tot, doch ich lebe wieder. Warum?«
    Weil sie dich zurückgeholt haben.
    »Sie?«
    Sie wandte sich dem Mondelfen zu und sah ihm in die Augen. Er legte ihr seine lange, schlanke Hand an die Stirn. Sieh hin.
    Und sie sah.
    Das bin ich.
    Ihre

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