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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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nur wüssten. Anfangs spielte er mit uns. Er ließ nach, um uns in Sicherheit zu wiegen, und wurde zum Sturm, wenn wir versuchten, das Dorf zu verlassen. Manche verschonte er, andere riss er hoch in den Himmel und ließ sie fallen. Irgendwann erkannten wir, dass er uns alle umbringen würde, wenn wir nichts unternahmen.«
    »Also kamt ihr auf die Idee mit dem Schutzzauber.« Wieder war es Finn, der die Geschichte unterbrach, wieder drehte sich der ältere, grobschlächtig aussehende Mann zu ihm um.
    »Wenn es nur so einfach gewesen wäre, wie du es klingen lässt.« Die Frau legte das feuchte Tuch zurück in die Wasserschale. »Aber ja, schließlich woben wir den Zauber und verbargen das Dorf so vor den Blicken des Windes. Sein Zorn kann uns hier nichts anhaben. Wir glaubten, er würde abziehen, wenn er uns nicht mehr sah, doch das ist nicht geschehen. Das ganze Tal hat er auf der Suche nach uns abgetragen.«
    »Das ganze Tal?« Milt wirkte ungläubig. »Aber das muss Tausende von Jahren gedauert haben.«
    »Zeit spielt keine Rolle für uns. Jeder Tag ist wie der andere.« Die Frau hob den Kopf. »Doch es gibt auch Hoffnung. Der Wind wird schwächer, seine rasenden Stürme dauern nicht mehr so lange wie früher. Nur deshalb konnten wir euch retten. Vielleicht werden wir eines Tages das Dorf verlassen. Für euch ist dieser Tag zu weit entfernt. Es tut mir leid, aber ihr werdet euer Leben hier beenden. Macht das Beste aus eurem Schicksal.«
    Sie wandte sich ab, die Männer erhoben sich von ihren Stühlen. Die Audienz war beendet.
    Nein, dachte Laura. Es muss eine Möglichkeit geben.
    »Warte!«, rief sie. Die Einzigen, die ihnen in diesem Dorf helfen konnten, befanden sich auf dem Podest vor ihr, da war sie sich sicher. »Sag mir zuerst den Namen der Frau, durch die du sprichst.«
    Das verschleierte Gesicht drehte sich zu ihr. »Welche Frau?«

4
    Hinter
    Masken
     
    S precher? Wozu brauchen wir einen Sprecher? Wir wollen doch keine Petition bei einem Parlament einreichen.«
    Norbert Rimmzahn hörte nicht auf zu reden. Die anderen Stimmen vernahm Cedric durch die geschlossene Tür seiner Hütte zwar ab und zu, aber nur Rimmzahn verstand er auch.
    Wäre ich ihm als Erstem in der Menschenwelt begegnet, dachte er, hätte ich es keine zehn Minuten dort ausgehalten.
    Er lag auf seiner Schlafstätte und starrte die dunkle Decke an. Draußen war es längst Nacht geworden, aber Rimmzahn war noch nicht bereit, sein Publikum in den Schlaf zu entlassen. Maurice war natürlich bei den Menschen, die dem Schweizer zuhörten, ebenso Rudy, Frans und ein paar der Älteren. Eine Weile hatte auch Sandra, Felix Müllers Tochter, Rimmzahns arroganten und hasserfüllten Tiraden gelauscht, ein Umstand, den Cedric bedauerte. Er hatte das Mädchen anders eingeschätzt, aber Innistìr förderte vieles zutage, was in der Menschenwelt unentdeckt blieb. Und Sandra wäre nicht die Erste, die an dem Druck, dass ihr und den anderen Passagieren nur noch wenige Wochen blieben, zerbrach.
    Sie gehen mich nichts an, dachte Cedric, während er seine Holzmaske in der Hand drehte, die er zum ersten Mal außerhalb eines Treffens der Fünf Sucher geformt hatte. Ihr Schicksal ist für meinen Auftrag unbedeutend.
    Er dachte es, war sich aber nicht sicher, ob er es auch glaubte. Zumindest eine Passagierin spielte vielleicht eine größere Rolle, als er anfangs vermutet hatte. Sie war einer der Gründe, aus denen er in dieser Nacht wach lag und wartete.
    Draußen verstummten die Stimmen nach und nach, zuletzt sogar Rimmzahns. Es wurde still. Cedric erhob sich und legte die Holzmaske an. Dann nahm er seinen Umhang, faltete ihn auseinander und warf ihn sich um die Schultern. Es konnte beginnen.
    Der Platz war leer, als er die Tür hinter sich schloss, die Hütten dunkel. Leise, aber mit langen, schnellen Schritten verließ Cedric die Siedlung. Er hatte einen einsamen Platz für die Versammlung ausgesucht, unten am Fluss nahe einem großen Felsen. Kein Weg führte dorthin, darauf hatte er geachtet. Es gab nur einen schmalen Trampelpfad, der zwischen den Bäumen kaum zu sehen war. Er folgte ihm, bis er das Plätschern des Flusses hörte, dann drehte er sich um und suchte mit Blicken nach möglichen Verfolgern oder Beobachtern. Er fand niemanden. Beruhigt verließ er den Wald.
    Der Erste Sucher stand bereits am Flussufer. Er drehte den Kopf, als er Cedric bemerkte. In seiner konturenlosen Glasmaske spiegelte sich das nachtschwarze Wasser. »Ich hoffe, du hast diese

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