Schattenlord 6 - Der gläserne Turm
wirst da draußen gebraucht, um mit dem Wind zu reden, und Finn muss aufpassen, dass dir nichts passiert.«
»Er hat recht«, sagte Finn. »Es ist die einzig vernünftige Lösung.«
Das gefiel Milt sichtlich nicht, aber nach einem Moment nickte er. »Okay.«
Harlenn winkte Laura heran, bat sie mit einer Geste, sich auf die Kissen neben dem Bett zu setzen. »Schließ die Augen«, sagte er dann.
Finn erwartete ein Ritual, eine Beschwörung oder zumindest ein paar fremd klingende, gemurmelte Worte, aber Harlenn sah ihn nur kurz an. »Ihr könnt gehen.«
»Wir sind geschützt?«, hakte Milt nach.
»Das seid ihr. Aber ich weiß nicht, wie lange unsere Kräfte reichen. Beeilt euch.«
Finn drehte sich um und ging zur Tür. Milt zögerte, bevor er ihm folgte. »Wir sind bald zurück, Laura«, sagte er, dann verließen sie gemeinsam die Hütte.
Draußen standen Bron, Rumaz und der Einäugige. Ihre Gesichter waren verkniffen, ihre Blicke voller Wut, aber sie sagten nichts, als Finn und Milt bis zum Rand der Schutzkuppel gingen - und darüber hinaus.
7
Cedrics
Dilemma
V erdammt.
Immer wieder dachte Cedric das eine Wort, während er mit tief in die Hosentaschen gesteckten Händen auf eine der Kraterwände zuging. Die Wahl hatte seinen Plan vereitelt, und nun, da er wusste, dass er die Siedlung so bald nicht verlassen würde, fühlte er sich wie ein Gefangener.
»Hätte ich nur nicht mit Laura geredet«, sagte er leise zu sich selbst. Sie hatte ihn gebeten, auf seine Mitpassagiere zu achten, sollten sie es wünschen, und er hatte genickt und zugestimmt wie ein Narr.
Er war sicher, dass Laura ihn nicht gewollt auf diese Weise mattgesetzt hatte, doch das spielte keine Rolle mehr. Sie hatte ihn in die Pflicht genommen, auch wenn kein Vertrag geschlossen worden war. Er musste ihre Bitte erfüllen.
Zwei Frauen mit Giraffenköpfen nickten ihm von ihren langen Hälsen freundlich zu. Cedric erwiderte die Geste, ohne die Elfen überhaupt wahrzunehmen. Er dachte über die Möglichkeiten nach, die ihm unter diesen Umständen blieben. Es waren nicht viele.
Es gab verschiedene Eingänge zu dem Höhlensystem in den Kraterwänden. Cedric nahm einen der zentralsten und ging an einigen Speise- und Versammlungsräumen vorbei zu einer kleinen Höhle, die ihm die Anführer der Iolair als Treffpunkt genannt hatten. Es gab keine Tür, nur einen offen stehenden Vorhang. Dahinter sah Cedric einen primitiven, aus Holzstämmen zusammengebundenen Tisch, an dem Bricius, der Laubelf, und die amazonenhafte Veda saßen.
»Darf ich reinkommen?«, fragte er.
»Du bist uns stets willkommen, Bruder.« Bricius zeigte auf einen leeren Stuhl. »Nimm Platz.«
»Danke.« Cedric setzte sich, während Veda hinter sich griff und einen frischen Holzbecher aus dem Regal zog. Sie stellte ihn neben einen Krug auf den Tisch.
»Obstbier«, sagte sie. »Ein paar Flüchtlinge haben uns ein Fass geschenkt.«
»Schmeckt es?«, fragte Cedric misstrauisch.
Veda hob die Schultern. »Wenn man nicht weiß, wie Obstbier schmecken sollte.«
Er lachte, zu laut wie so oft, dann fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht. »Ihr wisst wahrscheinlich schon, dass die anderen mich zu ihrem Sprecher ernannt haben.«
Bricius nickte. Das Laub auf seinem Kopf raschelte. »Eine gute Wahl.«
»Sagst du.«
Nun war es Veda, die lachte. »Hältst du dich für eine schlechte Wahl?«
»Ich halte mich für verschwendet«, sagte Cedric. »Über Latrinen und so einen Mist kann jeder mit euch reden, aber nur ich kann nach dem Schattenlord suchen.«
»Latrinen?«, fragte Bricius.
Cedric winkte ab. »Die Menschen beschweren sich über die Zentauren.«
Der Laubelf neigte den Kopf, als könne er das verstehen. Im Kerzenlicht schimmerte die hauchdünne Maserung seiner Haut silbrig. »Was den Schattenlord angeht«, sagte er dann. »Es spricht nichts dagegen, dass du von hier aus nach ihm suchst. Unsere Kundschafter sind in ganz Innistìr unterwegs. Wir werden sie anweisen, dir Meldung zu machen, wenn sie etwas Merkwürdiges entdecken.«
»Danke. Das weiß ich zu schätzen, aber das wird wohl nicht reichen.« Cedric erklärte den Iolair seine Theorie. »Deshalb wäre es besser gewesen, ich hätte den Krater verlassen und die Aufmerksamkeit des Schattenlords auf mich ziehen können.«
Er nahm einen Schluck des Obstbiers, das Bricius in seinen Becher geschüttet hatte. Es schmeckte nach Kirschen und alten Socken. Angewidert schob er den Becher von sich weg.
Veda stützte ihr Kinn
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