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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Moment rufen, und dann löste Jack sich auch schon von ihm und hielt den Kopiloten mit einer Geste auf.
    »Hast du in den letzten Tagen irgendwas bemerkt?«, fragte er. »Sind Norberts Nörgler anders als sonst?«
    Andreas sah ihn verwirrt, beinahe ängstlich an, so als benutze Jack eine Sprache, die er nicht verstand. »Was?«
    »Norberts Nörgler, sind sie irgendwie anders?«
    Vor ihnen blieben die Jungen sichtlich ungeduldig stehen. Luca trat von einem Fuß auf den anderen. Er schien zu glauben, dass jede Minute zählte.
    Andreas fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Cedric bemerkte, dass seine Fingernägel abgekaut und blutig waren. Ihm war noch nie aufgefallen, dass Andreas diese Angewohnheit hatte.
    »Nein ... alles so wie immer. Alles ganz normal, Jack.« Er lächelte, eine verkrampfte Mundbewegung, die eine Wunde in sein Gesicht zu reißen schien. »So normal, wie es hier sein kann.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und verschwand hinter einigen hohen Farnen.
    Jack sah Cedric an. Er wirkte besorgt. »Meinst du so eine Veränderung?«
    »Nein, die Leute, die ich meine, hätten nicht mehr die Energie, sich die Nägel abzukauen.«
    Er ging weiter. Jack schloss zu ihm auf. »Aber Andreas verhält sich auch nicht normal. Mir ist schon in den letzten Tagen aufgefallen, dass er abwesend wirkt und sich von uns abkapselt.«
    »Jeder geht mit dem, was er hier erlebt, anders um.« Cedric warf einen Blick über den fast leeren Platz. Die Jungen gingen bereits auf Sandras Hütte zu, Rimmzahn und Maurice musterten sie und tuschelten miteinander. »Lass ihn einfach in Ruhe, dann fängt er sich ...«
    Ein Schrei unterbrach ihn.
    Cedric fuhr herum. Eine Frau lief aus einer der Hütten, panisch und wild gestikulierend. Sie war Anfang sechzig, mit grauen Haaren, die sie zu einem Dutt zusammengesteckt hatte.
    »Helft mir!«, schrie sie. »Ich brauche einen Arzt!«
    Jack lief ihr bereits entgegen. »Was ist denn los, Margarethe?«
    Seit wann bist du Arzt?, dachte Cedric, war aber gleichzeitig froh, dass er nun den Namen der Frau wusste. Sie gehörte zu den unauffälligen Passagieren, die sich nur selten beklagten, wenig sagten und es einem leicht machten, sie zu vergessen.
    »Mein Mann ...« Sie ergriff Jacks Hand und zog ihn in die Hütte. Cedric folgte ihm. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Luca fast schon verzweifelt die Arme hob und Peddyr auf ihn einzureden begann.
    Später, dachte er.
    Die Hütte, in die er Jack und der Frau folgte, war klein, hell und aufgeräumt. Ein Mann lag auf dem Bett, Professor Hubert Mertens, der sonst bei Rimmzahns Gruppe saß. Cedric hatte nicht einmal gewusst, dass Mertens und die grauhaarige Frau verheiratet waren.
    »Was ist mit ihm?«, hörte er Jack fragen.
    Margarethe zeigte auf das Bett. Einige Klammern ihres Dutts hatten sich gelöst. Graue Haarsträhnen hingen ihr ins Gesicht. »So liegt er schon seit heute Morgen da. Ich kriege ihn einfach nicht dazu, aufzustehen.«
    Sie setzte sich neben ihn und nahm seine Hand in die ihre. »Hubert«, sagte sie. »Cedric und Jack sind hier. Sie werden dir helfen.«
    Es klang, als spräche sie mit einem kleinen Kind.
    Der Professor reagierte nicht. Sein Blick war an die Decke gerichtet, das Gesicht so entspannt, als würde er schlafen. Als Jack zwei Finger auf seinen Hals legte, um den Puls zu fühlen, blinzelte er nicht einmal.
    »Hat dein Mann irgendwelche Krankheiten? Nimmt er Medikamente?«
    Margarethe schüttelte den Kopf. »Nein, keine Medikamente, keine Krankheiten. Wir leben beide sehr gesund.«
    Cedric trat ans Fußende des Bettes und betrachtete Hubert. Er spürte Margarethes Blicke. Sie schien sich mehr von ihm zu erhoffen als von Jack.
    Er drehte kurz den Kopf, als ein Schatten in die Hütte fiel. Bricius stand im Türrahmen, trat jedoch nicht ein, so als sei er sich nicht sicher, erwünscht zu sein. Vor den beiden Fenstern tauchten Gesichter auf. Luca und seine Freunde versuchten zu erkennen, was in der Hütte vorging, auch einige andere kamen hinzu.
    »Was ist denn jetzt mit meinem Mann?«, fragte Margarethe. »Wisst ihr etwas?« Ihr Blick zuckte von Jack über Bricius zu Cedric und wieder zurück.
    »Sein Puls ist sehr langsam und schwach«, sagte Jack. »Es könnte eine Art Wachkoma sein.«
    »Nein, ist es nicht.« Cedric ging um das Bett herum und blieb neben Margarethe stehen. Er wusste, was mit Hubert geschah, sah es in dessen wächserner, beinahe transparenter Haut, in dem leeren Blick und den blassen Lippen. »Sein

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