Schattenlord 7 - Das blaue Mal
ist, lässt die Städter nicht unbedingt ruhiger schlafen.«
»Priester also«, sinnierte Shire. »Männer, die an etwas glauben. Vielleicht sollte ich ihnen vertrauen, da sie nicht Sinenomen unterworfen zu sein scheinen.« Sie griff nach der Schachtel. »Lade sie zu uns ein.«
Arachie Larma stieß einen besonders langen und besonders schmerzerfüllten Schrei aus, der sie beide die Schultern noch ein wenig mehr einziehen ließ.
»Dann lasse ich Boten ausschicken, um Maletorrex, ihren Anführer, hierher zu bitten.«
Shire drehte die Schachtel. »Weißt du, was darin ist?«
»Sie war an die Erste Gesandte adressiert, also musst du sie schon selbst öffnen.«
»Dann werden wir gleich feststellen, ob man diesen Wanderpriestern wirklich trauen kann.« Shire löste den Deckel. Ein filigran wirkendes Etwas war in feines Tuch eingewickelt. Sie zog den Stoff vorsichtig beiseite und blickte auf eine reich verzierte Maske. Es ging etwas von ihr aus, was Shire augenblicklich für sie einnahm.
»Was mag sie darstellen?«, fragte Genevrie.
»Ich habe keine Ahnung; aber sie gefällt mir.« Sie betrachtete das Filigranwerk von allen Seiten. Manchmal, je nach Lichteinfall, meinte sie, eine Spiegelung wahrzunehmen. Doch es störte sie nicht, ganz im Gegenteil.
Shire legte die Maske zurück in das Behältnis. An ihren Fingern blieb ein Gefühl der Wärme haften, und beinahe hätte sie ein weiteres Mal zugegriffen, um sie sich anzulegen. Doch das hatte Zeit. Sie hatte zu tun und musste sich um andere Dinge kümmern.
Arachie Larma schrie, laut und durchdringend.
11
Die Fanatikerin und
ein entspannender
Spaziergang
D ie Maske bestimmte von nun an über Zoes Leben. Sie war kein Gegenstand, kein Ding. In ihr steckten magische Kräfte, die sich ... uralt anfühlten und sie seltsame Dinge denken ließen.
Da waren Erinnerungen, die ganz gewiss nicht die ihren waren. Weite, von Elf und Mensch unberührte Natur breitete sich vor Zoe aus, wenn sie abends, nach den täglichen Unterrichts-Torturen, ermattet ins Bett fiel. Dann sah sie Bilder voll Erhabenheit und Größe und Schönheit. Sie erzeugten eine ganz besondere Sehnsucht in ihr, die sie sich nicht erklären konnte. Doch etwas sagte ihr, dass diese Gegenden nicht Teil der Elfenwelt waren, sondern zu jener Welt gehörten, die sie kannte und nach der sie sich so sehr zurücksehnte.
Sobald Zoe sich in den geistigen Impressionen verlor und staunend einen reißenden Fluss entlangreiste - die Gischt sprühte über ihr Gesicht, links und rechts waren lehmige, gelbrote Felswände, es warf sie hin und her, auf einem Transportmittel, das ein Boot sein konnte, aber auch etwas ganz anderes, und es war so herrlich aufregend -, sobald sie an einem Punkt angelangt war, da sie meinte, Seelenfrieden gefunden zu haben, wurde sie von der Sgàile auf den Boden der Realität zurückgeholt.
Die Maske fügte ihr Schmerz zu. Versetzte ihr Impulse, die sie alle möglichen Dinge tun ließ, ohne dass sie sich dagegen wehren konnte. Hatte Zoe gemeint, durch den Efrain bereits wahre Pein kennengelernt zu haben, erfuhr sie nun, dass sie sich geirrt hatte. Denn die Maske rührte an ihrem Inneren. An ihrem Weltbild. Es hätte eines einzigen Befehls der Sgàile bedurft - und sie hätte sich bedenkenlos aus dem nächstbesten Fenster geschmissen.
»Du musst dich damit abfinden.«
Zoe zuckte zusammen. Panisch sah sie um, ohne zu wissen, wo sie war, was rings um sie geschah.
Aramie stand neben ihr. Neben ihrem Bett. Die Dienerin betrachtete sie besorgt. »Du solltest unter keinen Umständen versuchen, die Sgàile abzulösen.«
»Das habe ich doch gar nicht!«
»Doch. Während du schliefst. Ich hörte dich stöhnen und habe dich geweckt.«
Aramie griff nach Zoes Rechter und führte sie zum Rand der Maske.
Sie spürte eine Unebenheit. Längsrisse. Hautreste, sie sich leicht ablösen ließen.
Und Blut.
»Die Sgàile ist nun Bestandteil deines Gesichts.« Aramie flüsterte. »Wenn Lirla sieht, was du versucht hast, oder wenn Maletorrex davon erfährt ...«
Die Dienerin brauchte den Satz nicht zu vollenden. Die Erinnerung an ihre Begegnung mit dem Efrain war noch frisch.
Zoe sah aus dem Fenster. Draußen graute der Morgen. Lirla würde sie bald für eine weitere Unterrichtseinheit erwarten. Sie hatte nicht viel Zeit, um die Spuren ihres unbewussten Tuns zu verdecken.
»Du musst mir helfen«, bat sie Aramie.
»Ich weiß, was zu tun ist.« Die Dienerin nickte und kehrte nach wenigen Sekunden mit
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