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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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designierte Bundeskanzler und Präsidentenberater, ehemalige und amtierende Nato-Generalsekretäre. Eine Horde einflussreicher Persönlichkeiten hatte ihre Termine verschoben, Geburtstage, Festansprachen, Talkshowauftritte, Golfpartien. Manche mussten ihre Geliebten vertrösten.
    Die Rede war von einem Treffen der Bilderberger, der Creme de la Creme der Mächtigen. Die Spitze der Weltherrschaft gab sich ein Stelldichein. Auf leisen Sohlen schlichen sie durch Korridore, verließen gepanzerte Limousinen, lächelten für die wenigen gekauften und ihrer Freiheit beraubten Journalisten, die nur das verlauten lassen würden, was ihnen aufgetragen war. Selbstverständlich wurde Reinhard Schöller auch dorthin gerufen, in welcher Funktion, erschloss sich Werner aus den verwirrenden Angaben Martins noch nicht vollständig. Eine Doppelrolle, soviel wusste er; eine wichtige Position bekleide er dort, hatte Schöller auf seine Anfrage geantwortet, es gehe um die nationale Sicherheit. Worthülsen, leeres Geschwafel.
    Doch nun war Ruhe seit einem Tag. Nur Hartleib hatte man zurückgelassen, zusammen mit wenigen Jungspunden, die Dienst schoben, in der Nase bohrten und in ihre Handys SMS hackten.
    In vier Stunden circa sollte sich Werner für einen Anruf von Martin bereithalten. Er solle, gemeinsam mit von Hagenreuther, so viele Beamte rekrutieren, wie sie bekommen könnten, nach Heiligendamm beordern und sich auf dessen Auferstehung als Kommissar Martin Pohlmann gefasst machen.
    Werner hatte sich Bedenkzeit erbeten, fand alles überaus abstrus und abwegig, schwankte hin und her, ob es klug wäre, in diesem idiotischen Spiel mitzuwirken. Zu surreal, als dass es funktionieren könne. Und immer war die Rede von diesem Jerome. Jerome hätte, Jerome könnte, Jerome würde … Wer, um Himmels willen, war dieser Jerome tatsächlich? Diese Frage machte Werner unruhig, unverständlich unruhig. War er denn mehr als nur ein gewöhnlicher Spitzel, wie Martin ihn glauben machen wollte? Ein abgetauchter, offiziell nicht mehr lebender Journalist, der im Untergrund die Medien versorgte, das Internet mit seinen Thesen infiltrierte. Ein Tausendsassa, der Martin in seinen Bann gezogen hatte, ihn unkritisch hatte werden lassen.
    Kleiner Grasbrook, ein Ort zum Verstecken. Zum Verstecken von was? Nur von sich selbst und seinen Erinnerungen an frühere, erfolgreiche Zeiten? Oder verbarg dieser Jerome oder wie er richtig hieß – Frank Reichstein – in diesem abbruchreifen Haus noch mehr vor der Welt?
    Beweismaterial, um die Bilderberger zur Strecke zu bringen? Papiere, die ihm einen Durchbruch in der Akzeptanz der großen Medien verschaffen würden, zu einem Comeback womöglich?
    Leichen?

    Werners Augen gewöhnten sich nur langsam an die kahle Finsternis. Mit jedem Schritt ins Innere wurde es dunkler. Diffuses Licht, gebrochen an zerborstenem Glas, verlor seine Kraft, zog sich zurück aus der Dunkelheit, wollte nichts mit ihr zu tun haben.
    Mit der rechten Hand hielt er seine Waffe, die linke hob er an, sich zu schützen vor im Weg Stehendem. Tastete sich voran. Die Taschenlampe hatte er vergessen. Trotz angenehmer Außentemperaturen war es hier kalt, modrig. Er begann zu frieren.
    Still war es nicht gerade. Sonderbare Geräusche drangen an sein Ohr, unregelmäßig, nicht von einer oder mehreren Maschinen, so vermutete er. Eher wie ein Gurgeln, von tief unten, vielleicht doch von einer Maschine, die defekt war. Er stieß an eine Wand, fühlte mit den Fingerspitzen rauen Putz, der bei seiner Berührung bröselte und zu Boden rieselte, auf seine teuren Schuhe.
    Der Schlag seines Herzens war nicht zu hören, aber er spürte ihn, er tat ihm fast leid. Er fühlte, wie der arme Kerl kämpfte, der autonome Muskel, wie er sich peitschen ließ. Von Hormonen, die zu viel des Guten von zuständigen Drüsen in die Adern geschossen wurden, in denen das Blut wie Stromschnellen jagte. Hormone, die seinen Gaumen trockneten, einen kalten Flüssigkeitsfilm den Rücken benetzen ließ.
    Werner schluckte, kein Speichel vorhanden.
    Er fand einen schmalen Durchgang in einen weiteren Flur. Kaum zu glauben, dass dieses Haus einst einer erfolgreichen Versicherung gehört hatte , fuhr es ihm durch den Sinn. Leute in Anzügen und Krawatten mit wichtigen Gesichtern und wichtigen Akten waren hier durch die Flure geschlurft. Nun bezogen nur noch Spinnen mit feingliedrigen Beinchen die Räume, breiteten sich in Ecken, zwischen Stuhlbeinen und Fensterrahmen aus und machten es sich

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