Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
gemacht, Stretching und dergleichen, und ist dabei ausgerutscht. So stand es heute Morgen in einem Zweizeiler in der Zeitung und so lautet der offizielle Bericht.«
»Aber so entspricht es nicht der Wahrheit«, erwiderte Martin erregt.
»Das vermutest du. Aber kannst du es auch beweisen?«
Martin warf einen verstohlenen Blick auf die Uhr. Sieben Uhr, bereits jetzt eine Stunde zu spät. Die Quiche war mit Sicherheit eiskalt und Catherine mehr als verstimmt. Zu diesem Zeitpunkt schon würden Beteuerungen nichts mehr nützen. Sie würde schmollen und am nächsten Tag wäre alles wieder vergessen – vielleicht.
»Scheiße. Eigentlich muss ich das gar nicht. Ich bin nicht offiziell autorisiert, in diesem Fall mitzumischen. Hast du Lorenz schon eingeweiht?« Werner ließ den Blick auf dem Bildschirm ruhen. Karibische Palmen vor dunkelblauem Himmel.
»Nein, hab ich nicht. Sollte ich?«
»Immerhin ist er wieder dein Chef.«
»Aber ich riskiere, dass er sich aufregt. Will ich schuld daran sein, dass er einen neuen Infarkt oder Hirnschlag bekommt?« Werner schüttelte den Kopf. »So leid es mir tut, aber ich frage mich, wie belastbar Lorenz noch ist.«
»Trotzdem. Ich denke, wir sind es ihm schuldig, ihn einzuweihen. Er hat mir so manches Mal aus der Patsche geholfen.«
»Aber wenn es keine offiziellen Ermittlungen gibt, kann er nicht anders, als abzulehnen. Außerdem konzentrieren sich sowieso die Ermittlungen in erster Linie auf den Mordanschlag auf Lohmeyer. Der Tod von Klaus ist zwar tragisch, geht aber in den Medien, bis auf diese kleine Meldung, vollkommen unter. Der Alte hat einen totalen Informationsstopp verhängt. Übermorgen ist die Beisetzung. Wirst du kommen?«
»Was? Übermorgen schon?« Martin fluchte. »Was soll das? Will man ihn so schnell wie möglich unter die Erde bringen, bevor man was herausfinden könnte? Irgendetwas ist hier doch oberfaul. Mist. Jetzt hast du mich so weit.« Martin schlug mit der Faust auf den Tisch. »Kommst hier an, präsentierst mir scheinheilig eine Liste hochrangiger Leute, allesamt auf einem geheimnisvollen Urlaubsfoto versteckt, wirfst mir ein paar Köder hin, faselst was von Geheimbünden und Bilderbergern und zack – hast du mich an der Angel.«
»Ich habe wegen dieser Geschichte mein Eheseminar heute Abend sausen lassen. Das war meine letzte Chance. Susanne hat gesagt, wenn ich wieder nicht mitkomme, würde sie ihre Sachen packen.«
Martin erstarrte. »Au, Mist. Und dann? Will sie die Scheidung?« Werner zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Schon möglich. Wir haben uns in den letzten Jahren ja nur noch gezofft. Leid tut es mir vor allem wegen der Kinder.«
Martin wiegelte ab. Abrupt stand er auf. »Ach, komm. Das muss nicht sein. Wirst sehen, morgen ist alles wieder im Lot. Wann fängt denn das Seminar an?«
»Gegen acht.«
»Wo?«
»In Harburg. Viertel Stunde von hier.«
Martin sah wieder auf die Uhr. »Wenn du dich beeilst, kannst du es noch schaffen.« Er fixierte Werner mit stechendem Blick. »Aber du hast gar keine Lust. Das ist es. Du hast gar keinen Bock auf dieses Seminar.«
Werner suchte mit den Augen einen Punkt in der Ecke des Raumes. Nur nicht diesem Blick seines Freundes standhalten müssen.
Martin klopfte ihm auf die Schulter. »Los, hoch mit dir. Das werd’ ich nicht zulassen. Sieh zu, dass du wegkommst. Inzwischen zerbrech ich mir den Kopf, wie es weitergeht.«
Werner erhob sich von seinem Stuhl. »Das heißt, wir sind wieder ein Team?«
»Tja, wie es aussieht, hat unser Klaus entweder richtig Mist gebaut oder eine große Sache aufgedeckt. Und wir sind nun mal Bullen, oder?« Werners Augen glänzten. Weniger, weil sie einen brisanten Fall aufzuklären hatten, sondern vielmehr, weil er es nicht ertragen hätte, im Streit mit seinem Freund zu leben.
»Und grüß Susanne von mir. Versuch, das Ding noch mal zu kitten.«
»Ich geb mein Bestes. Wann sehen wir uns?«
»Ich weiß noch nicht. Ich ruf dich an. Ich muss vor der Beerdigung noch einiges klären.«
*
Nachdem Martin die Polizeistation verlassen und den Heimweg angetreten hatte, fiel ihm ein, dass es ungünstig wäre, mit leeren Händen nach Hause zu kommen. Er hielt am Straßenrand direkt vor einem Blumenladen und kaufte einen großen, bunten Blumenstrauß. Jede Frau wusste, dass Blumen das perfekte Eingeständnis für irgendeine Art von Schuld oder Vergehen waren, doch sie freuten sich dennoch darüber. Martin roch an dem Strauß, der mit einer durchsichtigen Folie
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