Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
umwickelt war, und hoffte, dass er Catherine milde stimmen würde. Rosen und gelbe, rote und violette Gerbera. Dieser Strauß, präsentiert mit einem charmanten Lächeln, würde die Wogen glätten. Martin war sich sicher. Er stieg in seinen neuen BMW Kombi, den er sich in Erwartung des Babys zugelegt hatte. Viel Platz für Kinderwagen und Windeltaschen.
Er startete den Motor, als sein Handy klingelte. Ein Blick auf das Display verriet eine ihm unbekannte Nummer.
»Pohlmann.«
»Hallo, Martin, hier ist Jerome. Ich darf Sie doch Martin nennen, oder?«
Martin stellte den Motor aus, noch bevor er einen Meter gefahren war. Sofort wurde die Wut in ihm wach.
»Nein, das dürfen Sie nicht, Sie perverses Schwein. Wie konnten Sie nur diesen Dreck auf das Notebook meiner Verlobten übertragen? Wenn Catherine diese Bilder gesehen hätte…!«
»Hat sie aber nicht. Und wenn sie sich an den Rechner gesetzt hätte, wären keine Bilder mehr da gewesen. Ich bin doch kein Unmensch, Martin.«
Martin ballte die Faust derart stark, dass sich die Fingernägel in den Handballen drückten.
»Was wollen Sie?«
»Ich wollte Ihnen nur zeigen, wie leicht es ist, Menschen in Schwierigkeiten zu bringen.«
»Das ist Ihnen beinahe gelungen, Mistkerl«, unterbrach er Jerome.
»… wie leicht man Biografien manipulieren kann, aus unbescholtenen Bürgern, wie Sie sagen, Schweine machen kann. Alle haben doch irgendein dunkles Geheimnis, oder? Nichts ist unmöglich, weder damals, als es noch keine ausgeklügelte Technik gab, noch heute. Zugegeben, damals war es weitaus schwieriger als heute. Heute ist es ein Kinderspiel, jemanden zu ruinieren, seine Vita zu verändern, dass alle Welt ihn hasst. Ohne jemals nachgeprüft zu haben, ob es stimmt, was die Medien berichten, erst einmal hassen ihn alle. Wenn dann irgendwann mal ein Dementi erfolgt, ist der Ruf längst ruiniert. Ich könnte Ihnen eine lange Liste mit Namen nennen, doch mir läuft die Zeit davon.«
»Ach ja, Sie lassen sich ja nicht gern erwischen.«
»Genau.«
»Und warum gehen Sie das Risiko ein, sich mit mir zu treffen? Ich bin Bulle, schon vergessen?«
»Das heißt doch gar nichts. Als Bulle sind Sie keine Spur cleverer, mächtiger oder einflussreicher als ich. Noch haben Sie die technischen Möglichkeiten, über die ich und viele andere verfügen, nicht gesehen. Die heutige Technologie ist Segen und Fluch zugleich, je nachdem, zu welchem Zweck man sie einsetzt.«
Martin drehte sich zum Beifahrersitz um und bemerkte durch die Scheibe, wie eine Politesse ihren Block zückte. Er stand im Halteverbot. Es dämmerte und die Blumen ließen sicher bald die Köpfe hängen. Genervt presste er seinen Ausweis vor die Scheibe, so dass die Beamtin ihn sehen konnte. Ohne den erhofften Schnitt für diesen Tag gemacht zu haben, trottete sie weiter.
»Okay. Noch einmal. Was wollen Sie?«
»Ich will Ihnen helfen.«
»Ach. So ganz uneigennützig?«
»Quatsch. Nur ein Idiot würde das tun. Ich will Ihnen und dem Rest der Welt beweisen, dass ich recht habe.«
»Womit, Herrgott?«
»Damit, dass wir nicht von Politikern, wie wir sie kennen, regiert werden.«
»Sondern?«
»Von einer Schattenmacht.«
»Von einer Schattenmacht? Ja klar.«
»Von Leuten, die hinter den von uns gewählten Politikern stehen. Die eigentlichen Macher. Die, die das Zepter in der Hand haben. Die bestimmen, wer Bundeskanzler wird, Umweltminister, Bundespräsident …«
»Stopp, stopp!«, fiel Martin Jerome ins Wort. »Sie können mir doch nicht ernstlich weismachen wollen, dass unsere Demokratie eine einzige Show ist?«
»Super formuliert. Hätte ich nicht besser machen können. Genau das ist es: eine perfekt inszenierte Show. Sie sehen nur, was man Sie sehen lassen will. Das Spiel der großen Jungs.«
»Und worum geht es in diesem Spiel ?«
»Na, worum es immer geht. Um Kohle, um Einfluss. Um das Gefühl, Menschen wie Marionetten manipulieren zu können, Macht auskosten zu können. Um tiefe Spuren in der Geschichte hinterlassen zu können. Was weiß ich? Vor allem aber um Kontrolle.«
Martin raufte sich das Haar. Außerhalb seines Wagens war es bereits dämmerig.
Diesmal hatte Jerome nicht das Gespräch vorzeitig beendet. Er war ein kalkuliertes Risiko eingegangen, länger als die notwendige Zeit der Ortung seines Handys mit Martin zu sprechen. Es war ihm wichtig, Martin begreifen zu lassen, wovon er sprach, und das brauchte eben – Zeit. Gefährliche Zeit und dennoch, es war wichtig. Klaus Schöller war
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