Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Mikroschrift jeweils einen Namen eingefügt. Genial einfach. Mit jedem stinknormalen Fotobearbeitungsprogramm zu schaffen.«
Martin hob die Hände. Ungeduld machte sich in ihm breit.
»Zu mehr wird er auch nicht in der Lage gewesen sein.«
Er rümpfte die Nase. »Welche Namen noch außer Wirringer?«
Werner nickte triumphierend. »Tja. Das hab ich mich auch gefragt. Was haben alle diese Leute gemeinsam? Was eint sie?« Werner sah Martin mit erhobenen Brauen an. »Rate mal, wer sonst noch auf den Fotos verewigt ist.«
»Mann, woher soll ich das wissen? Scheiße.« Martin stand von seinem Stuhl auf und sah aus dem Fenster. Seit einer halben Stunde hatte er bereits Feierabend und seit genau fünfundzwanzig Minuten erkaltete seine Quiche. Er wusste, dass Catherine beginnen würde, sich Sorgen zu machen. Eigentlich war sie zu sensibel für den Job ihres Verlobten.
»Also spuck’s aus.«
Werner nahm sich Zeit für eine theatralische Geste. Er liebte diese Spielchen, die er bei Martin früher gehasst hatte.
»Zwanzig hochrangige Leute, die in der Welt etwas zu sagen haben. Wirringer ist amerikanischer Ex-Außenminister, klar. Außerdem Seifert als Altbundeskanzlerin, der neue Kanzler und der tote Verteidigungsminister Lohmeyer. Und zu allem Überfluss unser netter Chef. Der Polizeipräsident höchstpersönlich.«
»Der alte Schöller?«
Werner nickte. Seine Augen verengte er zu einem verschwörerischen Schlitz.
»Wer noch?«, forderte Martin ungeduldig.
»Politiker, Bankenfuzzis wie Ackermann und Konsorten, Wirtschaftsbosse, zwei Finanzmogule, Daniel Rockney und ein paar andere hohe Tiere. Leute mit Einfluss. Leute, die was zu sagen haben auf der Welt.«
»Na, für so bedeutsam hielt ich Schöller bisher allerdings nicht. Ein Polizeipräsident. Na und?«
»Tja, ich denke, das ist genau das, was Klaus uns in dem Brief sagen wollte, dass nämlich sein Vater nicht der ist, für den ihn alle halten. Er muss noch einen anderen Job haben, wie es scheint.«
»Was hast du noch rausgefunden? Was verbindet diese Leute?«
Werner rieb sich die Hände und beugte sich zu Martin vor. »Hat ’ne Weile gedauert, bis ich es raushatte. Schon mal von den Bilderbergern gehört?«
»Ab und zu in den Medien. Ein elitäres Clübchen, die sich in mysteriöses Stillschweigen hüllen und eine große Nummer sein wollen. ’n Hauch moderne Verschwörungstheorie und dieses Zeugs.«
»Das Problem ist, dass sie nicht nur eine große Nummer sein wollen, sondern es tatsächlich auch sind. Alle zwanzig Personen waren regelmäßig auf einem Bilderbergertreffen. Manche nur vier oder fünf Mal, andere wiederum immer, so wie Wirringer und Rockney, die offensichtlich die Fäden in der Hand halten. Diese zwanzig sind wahrscheinlich nur der harte Kern. Eine ganze Reihe einflussreicher Persönlichkeiten hat schon mal an einem Bilderbergertreffen teilgenommen, aber diese zwanzig scheinen eine besondere Rolle zu spielen …«
»… sonst hätte Klaus nicht eigens auf sie hingedeutet.«
»Ich vermute, er hat alle anderen Fotos nur gemacht, um dieses eine in dem Ganzen zu verstecken. Hat willkürlich 20 wildfremde Leute zusammengetrommelt und sie auf ein Bild gebracht. Niemand ahnt, dass die in Wirklichkeit gar nichts miteinander zu tun hatten.«
»Außer, dass ihnen auf der Stirn ein klitzekleiner Name eintätowiert worden ist. Aber was hatte Klaus mit denen zu tun?«
»Nun, ich schätze, er ist hinter das Doppelleben seines Alten gekommen. In Kürze wird der pensioniert und hat vermutlich einen neuen, gut bezahlten Job schon in der Tasche.«
»Das ist zu wenig. So viel Aufwand nur aus Rache dem Papi gegenüber? Weil er als Kind zu wenig Liebe bekommen hat?« Werner biss auf seiner Unterlippe herum und schüttelte den Kopf. »Nein, das kann nicht sein. Da muss mehr dahinter stecken. Viel mehr. Wenn es stimmt, was wir vermuten, nämlich, dass Klaus nicht einfach nur versehentlich in die Alster gerutscht ist, geht es um viel mehr.«
»Es geht im Leben immer um das Gleiche: Sex, Geld und Macht. Dafür gehen viele über Leichen.«
Martin wurde nachdenklich. »Wann ist die Obduktion?«
Werner wandte sich zum Bildschirm. Er steckte einen Bleistift zwischen die Zähne. Beinahe belustigt erwiderte er: »Gar nicht. Es gibt keine Obduktion.«
»Du spinnst. Sag, dass das nicht dein Ernst ist.«
»Absolut. Wozu soll es auch eine geben? Klaus ist eines natürlichen Todes gestorben. Er hat sich beim Joggen ausgeruht, vielleicht eine Pause am Ufer
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