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Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg S. Gustmann
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machst.«
    Eine Pause des Unverständnisses legte sich wie eine Gewitterwolke zwischen die Telefone.
    »Hey, bist du noch dran? Hast du mich verstanden? Geh noch nicht nach Hause. Ich muss dir was zeigen.«
    »Ich kapier’s nicht. Was ist passiert? Hast du nicht heute Abend ein wichtiges Eheseminar? Und habe ich mich heute Morgen nicht deutlich genug ausgedrückt?«
    »Scheiß drauf. Ich hab Susanne schon angerufen. Sie wird es schon verstehen, wenn ich es ihr in zehn Jahren erkläre.«
    »Solange dein Auftauchen nichts mit dieser Datenkarte und dem Tod von Klaus zu tun hat, bist du willkommen. Sag es mir lieber gleich, ansonsten bin ich weg. Catherine wartet auf mich. Ich hab meine Meinung seit heute Nachmittag nicht geändert. Hallo? Werner?« Martin starrte auf die Muschel des Vorkriegsmodells und legte auf. Funkloch, vermutete er. In den darauffolgenden Sekunden erwog er, Werner auf dem Handy zurückzurufen, doch er traute sich nicht. Tatsächlich übermannte ihn ein Unwohlsein in der Magengegend. Dieser Anruf konnte nichts Gutes für ihn bedeuten, doch abhauen konnte er nun auch nicht so einfach. Er hatte das Gefühl, gleich von mehreren Seiten in die Zange genommen zu werden. Von Klaus Schöller, der ihm einen Brief geschrieben hatte, bevor er ins Jenseits befördert wurde, von Jerome, der ihn auf schäbigste Weise nötigte, mit ihm in irgendeiner Form zusammenzuarbeiten, und nun diese mysteriösen Andeutungen von Werner. Mit der flachen Hand schlug er auf den Schreibtisch, wohl wissend, dass dies gar nichts brachte, aber er brauchte einen Kanal für seine Wut, seine Hilflosigkeit.
    Sein Kopf sank in seine aufgestützten Hände wie in ein Kissen, das ihn auffing. Was war nur aus ihm geworden? Was war aus dem mutigen Draufgänger geworden, der er mal war? Er war Bulle aus Überzeugung geworden, wollte der dunklen Seite zeigen, dass es Grenzen in dieser Welt gab, die nicht überschritten werden durften. Grenzen, die er bewachte.
    Lange Zeit hielt er sich für den Chef in seinem Leben. Er glaubte, das sei ein Terrain, in dem er das Sagen hatte. Bis zu dem Zeitpunkt, als diese allgemein anerkannten Grenzen aufgeweicht wurden. Bis jemand oder etwas in sein Leben eindrang, um ihn zu peinigen, sich zu rächen, ihn zu quälen. Manche Bilder lungerten ein Leben lang in irgendeiner Ecke des Kopfes herum und warteten auf den unpassendsten Moment, um hervorzupreschen.
    Bilder von geliebten verstorbenen Menschen, wie seine Ex-Verlobte, die Martin bei einem Autounfall bereits drei Jahre zuvor verloren hatte. In seinem Arm verblutend mit aufgeschlitzter Halsvene. Eine Sache, für die er sich immer noch die Schuld gab.
    Oder jenes Bild, wie er nach dem Tod von Sabine an der Haustür seiner Eltern stand, den Knauf in der Hand hielt, die Lippen zusammenpresste und den nach einem Streit heftig schnaubenden Vater einfach stehen ließ. Mit dem vorzeitig ausbezahlten Erbe war er nach Ecuador gereist, hatte ein Hotel gepachtet, eine neue Frau kennengelernt und ein neues Leben begonnen. Dieses Leben scheiterte. Nach zwei Jahren wieder zurück in Hamburg, wurde ihm gleich am ersten Tag ein ›kleiner Wiedereinstiegsfall‹ übertragen. Dieser lieferte ihm nun beinahe täglich die nächsten Bilder in seinem Kopf. Bilder von einem durchgeknallten Irren, der ihn und zwei seiner Schutzbefohlenen in einer moderigen Zelle eingebuchtet und ihn auf übelste Weise gefoltert hatte. Und diese Bilder waren es, die aus einem mutigen, unbeschwerten Sieger einen Drückeberger gemacht hatten. Er hatte sich nach Salzhausen bei Lüneburg versetzen lassen, um sein Leben zu genießen, seine Ruhe vor Psychopathen zu haben, sein Versprechen Catherine gegenüber zu halten. Er wollte jemand sein, der er im Grunde nicht war. Ein einfacher Bulle, der seine Zeit bis zur Rente absaß und dem Steuerzahler nicht das zurückgab, was er ihm schuldete, nämlich maximalen Einsatz kraft seiner Ideale.
    In dem Moment, als sein Kopf gedankengeschwängert auf der aufstützenden Hand immer schwerer wurde und er in einen Nebel der Depression eintauchen wollte, stand Werner in der Tür: dürr, blasshäutig, ernst, vor allem aber auf seinem Gesicht das blanke Entsetzen widerspiegelnd.
    In dieser Sekunde bekam Martin eine Offenbarung, nämlich, dass der Abend im Eimer war, die Ehe von Werner auf dem besten Weg war, den Bach runterzugehen und er eine Entscheidung treffen müsste, die Catherine nicht gefallen würde.
    »So schnell hast du nicht mit mir gerechnet, was?«
    Werner

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