Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Dunkeln über den Weg laufen.«
Martin schüttelte verwirrt den Kopf.
»Und? Was wollen Sie von mir?«
»Von Ihnen? Heute?« Jerome verneinte. »Nichts. Ich bin hier, um mir die Szene reinzuziehen. Mal sehen, wer sich so alles traut, sich zu zeigen. Die meisten machen sich noch nicht mal die Mühe, sich zu verkleiden. Diese Rotznasen sind so frech geworden, weil sie glauben, dass sie unantastbar sind, dass ihnen niemand das Handwerk legen kann, aber da irren die sich gewaltig.«
Martin legte den Kopf schief.
»Sie wissen aber schon, dass Sie einen kleinen Schuss weghaben, oder?«
»So? Meinen Sie? Dann lesen Sie das hier mal.«
Jerome nahm die Zeitung und faltete sie auseinander. Auf Seite zwei ließ er Martin in ein Gesicht blicken, das beinahe jeder in Hamburg kannte.
»Da, lesen Sie.«
Martin überflog den Artikel: Pädophiler Familienminister mit sofortiger Wirkung vom Amt zurückgetreten. Erdrückende Beweise. Schmutzige Bilder und Videos nicht nur auf dem Heimrechner, sondern sogar in seinem Büro. Nicht länger tragbar als Minister. Staatsanwaltliche Untersuchungen wegen unerlaubten Besitzes kinderpornografischen Materials.
Martin hob die Augen. Er war blass geworden. »Sind das dieselben, die ich…?«
Jerome nickte. »Genau dieselben Dateien. Haben sich noch am selben Abend auf den Weg gemacht.«
Martin schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Wut keimte in ihm auf. Er änderte seine Meinung. Mit so einem Idioten wollte er nichts zu tun haben.
»Warum machen Sie so etwas?« Pohlmann verzog verächtlich den Mund. »Das ist echt krank. Der Mann hat keiner Fliege was zuleide getan. Das war unser Familien minister! Sind Sie jetzt total durchgeknallt? Glauben Sie, ich werde das so einfach hinnehmen, nachdem Sie mir erzählt haben, dass die Dateien von Ihnen sind?«
»Meinen Sie, ich wüsste nicht genau, was ich tue? Das, was Sie von dem Mann wissen, ist nur das, was man Sie wissen lässt. Sie lesen in der Zeitung oder im Internet, hören im Radio und im Fernsehen genau das, was Sie hören und sehen sollen. Es wird Ihnen der Saubermann vorgeführt, nicht aber der wahre Mensch dahinter. In Wirklichkeit tat der Mann genau das, was ich ihm untergeschoben und was ich publik gemacht habe, nur dass er viel vorsichtiger war, immer darauf bedacht, dass niemand was von seinem kleinen Hobby mitbekommt. Oder möchten Sie einen Päderasten im Familienministerium sitzen haben?«
Martin bewegte sich nicht. Er wollte verneinen, natürlich mochte man nicht von perversen Schweinen regiert werden, doch ob nicht alles nur die Ausgeburt der kranken Fantasie von Jerome war, konnte er auch nicht beweisen.
»Woher wissen Sie es dann, wenn es sonst keiner weiß?«
»Ich bin Journalist, schon vergessen? Investigativer Journalist. Ich finde heraus, was niemand herausfinden kann und will. Womit sich niemand die Finger schmutzig machen will.«
»Warum machen Sie es dann? Vor allem, warum ziehen Sie mich da mit rein? Was habe ich damit zu tun? Ich hab keinen Bock auf diese Spielchen.«
Der freundliche ältere Polizist, der sich Jerome nannte, änderte von einer Sekunde auf die nächste seinen Ausdruck. Nun drängte sich die Verschlagenheit trotz der Maske in die erste Reihe. Nun sprachen die finsteren Augen und Martin hätte bereits zu diesem Zeitpunkt seine Pflicht als Bulle tun müssen: Den Kerl überwältigen und abführen lassen; doch in Anbetracht der Umgebung ließ er es sein.
»Warum ich Sie da mit reinziehe? Ganz einfach. Ich brauche Sie und Sie brauchen mich. Ich sag es jetzt mal ganz deutlich: Wenn Sie nicht kooperieren, mache ich Sie fertig so wie dieses Schwein.«
Jerome deutete auf das Konterfei des Ministers. Noch immer währte die langweilige Ansprache und in den Kellerräumen, wo sich die Toiletten befanden, waren sie allein.
Einem aggressiven Impuls folgend, wandte sich Pohlmann um, drückte seine Hand gegen Jeromes Hals und stieß ihn gegen die Wand.
»Sie glauben, ich habe Angst vor Ihnen? Sie glauben, ich werde Ihr Hündchen und Sie können mich an der Leine herumführen, wie es Ihnen passt?« Martin presste mit seiner Hand den Hals fester zu.
Jerome blieb ungerührt und seine künstlichen Gesichtszüge begannen zu entgleisen. Unbemerkt hatte er das Messer aus der rechten Jackentasche geholt, ließ es aufschnappen und führte die Klinge an Martins Bauchseite. Einen spitzen Druck ließ er ihn spüren. Nur so viel, dass er es merkte, nicht dass Blut fließen würde.
»Ich könnte
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