Schattenmächte: Kriminalroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
acht. Tagesschau. Perfekte Zeit für einen Bruch.«
Kapitel 18
Juni 2011, Hamburg
Fünf Minuten vor acht standen Martin und Werner vor der Eingangstür des noblen Achtfamilienhauses in Hamburg Pöseldorf. Um diese Jahreszeit hätte die Sonne zum Abschied die Umgebung in freundlichen, rötlich-blauen Dunst hüllen können; an diesem Abend indes war alles grauschwarz, beinahe finster. Wolken, so schwer und mächtig, dass man die Köpfe einzog.
Martin und Werner gaben sich gelassen. Wie zwei Freunde, die auf ein Bier oder zwei bei einem Kumpel vorbeischauen.
Klaus Schöller hatte die oberste Wohnung gekauft. 220 Quadratmeter Penthouse über den Dächern von Hamburg mit Blick auf die Alster, bei klarer Sicht auch darüber hinaus.
Im oberen Stockwerk angekommen, hörte man den Tagesschau-Sprecher seinen Text herunterleiern. Der Fernseher der Nachbarn war zu laut aufgedreht. Ein Journalist leitete über zu den Nachrichten des Tages und ließ seine Stimme durch Türen hindurch zu den beiden Beamten durchdringen.
Es verschlug ihnen die Sprache, als sie sich mit Hilfe eines Picksets Zutritt zu der Wohnung verschafften. Leise schlossen sie die Tür hinter sich, streiften sich weiße Baumwollhandschuhe über und machten sich auf den Weg durch die Räume. Alle Zimmer waren neu eingerichtet worden, das sah man auf Anhieb. Teure Möbel, maßgefertigt. Bilder wie aus ›Schöner Wohnen‹. An der Küche hätte jede Frau ihre Freude gehabt: Klare, eckige Formen, schwarzer Chromstahl, Aluminium, satiniertes Glas. Wieder begegnete den Beamten das Attribut ›äußerst‹. Diesmal war es äußerst edel, elegant und vor allem äußerst teuer. Die Fronten der Schränke waren aus gebürsteter korsischer Kiefer gefertigt. Sensortasten ersetzten jegliche Griffe. Die Rahmen boten integrierte Beleuchtung, wahlweise warmes Ambientelicht oder genau auf den Punkt zielgerichtete Lichtstrahlen. Und selbstverständlich war ein High-Tech-Audio-Video-System eingebaut . Ein Wunderwerk der Technik, entwickelt von keinem geringeren als Poggenpohl, zu einem Preis, für den sich manche ein Reihenhaus kauften.
Weiter hinten ein großer Raum mit Fitnessgeräten der neuesten Generation vor einer Wand aus Spiegeln. Eine Sauna, Sonnenbank, in jedem Raum Flachbildschirme, deutsche Edelmarke. Teuerste Technik, wohin das Auge reichte. Martin und Werner schlichen fassungslos und von aufkeimendem Neid begleitet durch die Räume. Geld schien im Leben von Klaus Schöller keine Rolle mehr gespielt zu haben. Diese Dinge waren von einem Beamtengehalt jedenfalls ganz sicher nicht zu bezahlen.
Leise geisterten die beiden Einbrecher von einer Überraschung zur nächsten. Schon öfter waren sie in ihren Ermittlungen in Wohnungen gewesen, in denen der neuerworbene Reichtum durch Drogen oder Banküberfälle den Leuten zu Kopf gestiegen war. Dass auch Kriminalbeamte davor nicht gefeit waren, konnte man eindrücklich in dieser Wohnung besichtigen. Wie Klaus zu diesem unglaublichen Reichtum gekommen war, entzog sich noch ihrer Vorstellungskraft, doch ihr Spürsinn war geschärft.
»Ich muss irgendwas finden, einen Laptop oder eine Festplatte, auf der er Sicherungskopien gemacht hatte. Er wollte, dass wir etwas finden, sonst hätte er mir den Brief nicht zukommen lassen!«
»Sprich leiser, du weißt nicht, ob die Wände hier Ohren haben.« Sie standen vor einer großen Glasfront und hatten einen fantastischen Blick über die komplette Außenalster, in tiefes Blauschwarz getaucht. Eine umlaufende Außenterrasse gab die Skyline über Hamburg zu jeder Tages-und Nachtzeit frei.
»Warst du schon im Schlafzimmer?«
Martin schüttelte den Kopf.
Sie betraten den Schlafraum und grinsten in Anbetracht eines runden Wasserbettes. Ein Spiegel an der Decke ließ auf abenteuerliche Spielchen schließen, die Klaus wenigstens in seiner Fantasie ausleben wollte. Dann schlurften sie in einen begehbaren Schrank, der Werner die Zornesröte ins Gesicht trieb. Zwanzig graue Anzüge, zehn weitere blaue, zehn schwarze, dazu eine Garnison passender Schuhe. Alles Markennamen, kein Anzug unter geschätzten tausend Euro.
»Wow, sieh dir das an! Ich werd’ verrückt! Mein lieber Scholli, einer davon würd’ mir schon reichen. Wo hatte der Kerl bloß die Kohle her? Aber Geschmack hatte er ja. Da kann man nicht meckern.«
Martins und Werners Hände glitten zwischen die Hemden und Kaschmir-Pullover, wühlten in Slips und Socken herum, auf der Suche nach Ungewöhnlichem, obwohl die Wohnung an
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