Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
Vom Netzwerk:
arbeiten?“
    „Nein, muss ich nicht“, entschied ich. Warum sollte ich mir Toms griesgrämiges Gesicht ansehen, wenn ich mit Janus schöne Stunden verbringen konnte, dachte ich trotzig. Würde Tom fragen, ob ich kommen könnte, hätte ich eben keine Zeit.
    „Okay, Sonntag. Ich freu mich!“
    Auf einmal gähnte ich und musste mich erst mal erinnern, dass man dabei die Hand vor den Mund hielt.
    „Entschuldigung.“
    „Wie ein müdes Löwenbaby. Ich denke, da muss jemand ganz schnell ins Bett.“
    Ich schüttelte den Kopf, ich musste doch nicht ins Bett! Aber dann nickte ich schnell. Natürlich musste ich ins Bett. Offiziell zumindest. Schließlich hatte ich Anzeichen von Müdigkeit gezeigt.
    Janus begleitete mich noch bis nach Hause. Mich beschlich ein komisches Gefühl. Und wenn er sich von diesem Abend etwas versprach? Wenn er vor der Tür plötzlich einen Annäherungsversuch startete? Zur Stimmung würde das passen. Aber er wusste ja, dass ich in Tom verliebt war. Andererseits, viele Männer schreckte so etwas nicht ab. Meine Befürchtungen stellten sich als völlig unbegründet heraus.
    Als wir ankamen, überreichte Janus mir meinen Mantel. „Das war ein schöner Abend.“
    „Fand ich auch.“
    „Na dann, wir sehen uns Sonntag.“
    Er berührte mich freundschaftlich an der Schulter und schenkte mir ein sonniges Lächeln aus leuchtenden, dunklen Augen.
    „Bis Sonntag“, antwortete ich. Dann drehte Janus sich um und verschwand in der Dunkelheit.
     
    Ich hängte beide Mäntel an einen alten Nagel im Flur. Mir kam es so vor, als wäre ich tatsächlich in Italien gewesen, und nun umfing mich wieder die Kälte des Nordens. Ich fröstelte und spürte, wie mir ein Kälteschauer über den Rücken lief. Meine Hände glühten, meine Wangen glühten ebenfalls, in meinem Bauch war nach wie vor dieses Wärmegefühl, aber am Rücken fror ich auf einmal.
    Oh Gott, ja so war das mit diesen Körperempfindungen. Wärme war schön, aber Frieren war schrecklich. Ich hatte damals immer gefroren und eine Wärmflasche gehörte zu meiner Grundausstattung, egal, ob ich verreiste oder nur von der Küche ins Wohnzimmer ging. Außerdem war mir jetzt doch ein wenig übel. Ich hätte das Essen nicht so herunterschlingen dürfen. Aber es hatte einfach zu köstlich geschmeckt.
    Ich zog mir den dicken Pullover von Tom über. Ich roch daran. Vielleicht … aber nein, riechen konnte ich immer noch nichts.
    Dann setzte ich mich auf meine Matratze und lauschte. Über mir war alles still. Ob er schon schlief? Immerhin war es kurz nach Mitternacht. Oder war er noch mit Charlie unterwegs? Ich hoffte nicht, denn wenn sie sich so spät noch herumtrieben … Ich stand auf und lief ein paar Mal in der Wohnung hin und her. Die Übelkeit verschwand dabei. Okay, ich würde nachsehen, ob Tom bereits schlief. Ich musste es wissen.
    Ich konzentrierte mich und ließ meinen Körper verschwinden. Es dauerte diesmal ganz schön lange, bis es mir gelang. Das lag bestimmt an den veränderten Aktivitäten in meinem Körper. Vielleicht würde mein Zustand wieder nicht lange anhalten. Auf jeden Fall musste ich damit rechnen.
    Ich schwang mich lautlos durchs Schlüsselloch, rauschte die Treppen hinauf, glitt durch den Briefkastenschlitz von Toms Wohnungstür und fand ihn friedlich schlafend in seinem Bett. Allein. Ich war total erleichtert.
    Eine Weile verharrte ich vor seinem Bett und beobachtete sein entspanntes Gesicht. Am liebsten würde ich ihn jetzt in einem Traum aufsuchen und ihm eine Standpauke halten, warum er mich heute so abserviert hatte.
    Tom bewegte sich im Schlaf. Die Bettdecke rutschte von seiner rechten Schulter und gab seinen Oberarm frei. Ich bekam einen Schreck. Er trug einen frischen Verband. Was war geschehen? Mein Blick fiel auf den Tisch neben dem Bett. Da lag eine desinfizierende Salbe. Und daneben ein Blatt Papier. Darauf war ein halbes Herz abgebildet, zerfranst und wie von der anderen Hälfte abgerissen. Tom hatte sich augenscheinlich ein Tattoo stechen lassen. Und wer die Idee dazu gehabt hatte, das war wohl klar.
    Sie waren also in einem Tattoo-Studio gewesen. Charlie hatte seltsame Methoden, um Tom aufzuheitern. Aber sie schienen zu funktionieren. Ich fühlte mich ohnmächtig ihr gegenüber. In dem Moment begannen sich Toms Augen unter seinen Lidern zu bewegen. Nein, ich war nicht ohnmächtig. Ich hatte auch meine Mittel! Ich setzte mich zu ihm auf die Bettkante und klinkte mich in seinen Traum ein.
    Tom lief im Traum eine belebte

Weitere Kostenlose Bücher