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Schattenmelodie

Schattenmelodie

Titel: Schattenmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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und … küsste ihn. Es fühlte sich warm und weich und samtig an. Unsere Lippen fügten sich samten ineinander, als hätten sie nie etwas anderes getan.
    Janus schob das Buch wieder in das Regal und legte seine Arme um mich. Ich verschränkte meine Hände in seinem Nacken. Der erste richtige Kuss meines Lebens.
    „Ich liebe dich“, sagte er. Mein Herz hüpfte vor Glück und ich stellte mir vor, dass es ein lachendes Gesicht hatte.
    „Ich liebe dich auch.“
    Wir küssten uns noch einmal.
    … Und dann noch einmal.
    Und dann noch einmal …
    Bald würde ich unsere Küsse nicht mehr zählen können.
     

Epilog
     
    Das rußschwarze, traurige Haus von einst war in seinem neuen Glanz kaum wiederzuerkennen. Die Jugendstilmotive über den Fenstern erstrahlten wie neu. Die abgefallenen Balkone waren durch neue ersetzt worden und mit bunten Blumen geschmückt. Große Scheiben im Erdgeschoss ließen den Blick frei auf den Gemeinschaftsraum für die Mieterschaft. An seiner Rückwand gab es einen großen, mittelalterlich anmutenden Kamin.
    Da der Keller weiterhin überflutet war und sich daran nichts ändern ließ – so teilte die Erbengemeinschaft es den Mietern mit – war er gesperrt worden. Jeder Bewohner hatte, statt eines Kellerraumes, eine Kammer auf dem Dachboden erhalten.
    Der bunt lackierte Wetterhahn drehte sich auf dem Dach im Wind.
    Kein Haus in der Gegend war, Dank des magischen Rates, schneller zu neuer Schönheit gelangt.
    Die warme Julisonne flimmerte durch die zarten Blätter der Birke im Hof am Wetterplatz 8 und malte goldene Kringel auf die Geburtstagstafel. Sie stand auf einem üppigen Rasen, über den die einäugige Katze mit ihren beiden Jungen tollte, dem magischen und dem normalen. Die weißgetünchte Rückwand der Remise und das mit winzigen Goldpunkten versetzte Weiß der Hausfassade machten dieses Plätzchen hell und freundlich.
    Charlie, Tom, Viktor, Emma, Janus und Luisa hatten mich mit einer kleinen Party zu meinem dreiundzwanzigsten Geburtstag überrascht. Ich wurde am Kopfende des Tisches platziert und sie sangen ein Geburtstagsständchen für mich. Es duftete herrlich nach Gugelhupf und Erdbeerkuchen, die Emma und Luisa gebacken hatten. Die beiden hatten sich miteinander angefreundet und sprachen gerade über Grete und wann sie wohl zurückkommen würde.
    Da trat Kira durch die große rot lackierte Tür der Durchfahrt. Sie hatte ihre Ausbildung an der magischen Akademie beendet und mein Geburtstag war der erste Tag, an dem sie nach Berlin kam. Luisa sprang auf.
    „Kira!“
    Sie liefen aufeinander zu und umarmten sich.
    „Was machst du hier? Warum hast du mich nicht angerufen, dass du kommst? Du dummes, verrücktes, unverbesserliches, mutiges … ach … Ich bin so froh, dass du wieder da bist!“ Luisas Stimme überschlug sich.
    „Ich bin auch so froh“, sagte Kira. „Und du bist nicht mehr sauer?“
    „Ach, wieso sollte ich? Ich habe das Abi hinter mich gebracht, während du jetzt noch ein Jahr in der Schule absitzen musst. Und zwar ohne mich! Das ist Strafe genug.“
    „Das stimmt wohl“, pflichtete ihr Kira bei. Die beiden fielen sich noch einmal in die Arme. Dann gratulierte mir Kira, während Charlie und Tom plötzlich aufstanden und wortlos verschwanden. Wo wollten sie hin?
    Zwei Minuten später erfüllten die Klänge eines Flügels den Hof. Tom spielte die ‚Schattenmelodie‘. Dort, wo er einst seinen Flügel eingemauert hatte, befand sich jetzt eine Dachterrasse, auf die sie das Instrument gerollt hatten. Die Reaktion seines Vaters auf das Stück war für Tom das größte Kompliment gewesen: ‚Wo hast du das abgeschrieben?‘, hatte er gefragt und unheilvoll die Stirn gerunzelt.
    Alle hoben andächtig ihre Köpfe und lauschten. Die Akustik im Freien war unvergleichlich. So hatte ich das Stück noch nie gehört. Es klang atemberaubend. Als hätte jemand den Klang jeder Blüte im magischen Wald eingesammelt und in eine einzigartige Harmonie gebracht. Während ich das dachte, begannen Blüten auf uns herabzuschweben. Ich entdeckte Charlie, die sich über das Geländer der Dachterrasse beugte und sie aus einem Korb in die Tiefe warf.
    Dieses Konzert war das wundervollste Geburtstagsgeschenk meines Lebens. Bestimmt hörte es der ganze Wetterplatz und brachte die Leute dazu, innezuhalten und an etwas Schönes zu denken.
    Als Tom endete, erhob ich mich, strich mein rotes Kleid glatt und klatschte. Alle anderen begannen ebenfalls begeistert zu applaudieren. Janus legte seinen

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