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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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eine kolossale Tüte mit exzellenten dunklen Pralinen im Wagen. Wenn du dir ordentlich Mühe gibst, kannst du fünf Pfund zunehmen, bis wir in Pico Mundo sind. Lass mich dein Gepäck in den Kofferraum packen.«
    »Nein, nein, Sir, das schaffe ich schon alleine.«
    »Lieber Odd, nun zitterst du schon seit Jahren in Erwartung meines Todes, und das wirst du auch noch in zehn Jahren tun. Ich werde allen, die mit meiner Leiche zu tun haben, derartige Unannehmlichkeiten bereiten, dass der liebe Gott mich, wenn er Mitleid mit der Zunft der Leichenbestatter hat, vielleicht ewig am Leben erhält.«
    »Sir, sprechen wir lieber nicht über den Tod. Bald ist Weihnachten. Da sollte man sich mit erfreulichen Dingen beschäftigen.«
    »Recht hast du! Sprechen wir also über Silberglöckchen, die im offenen Kamin rösten, und über ähnliche weihnachtliche Genüsse. «
    Während er mir zusah und dabei zweifellos plante, sich in einem unbeobachteten Moment eine meiner Reisetaschen zu schnappen, um mir zu helfen, verstaute ich meine Habseligkeiten im Kofferraum. Als ich den Deckel zuschlug und aufblickte, stellte ich fest, dass sich sämtliche Brüder, die eigentlich bei der Messe hätten sein sollen, schweigend auf der breiten Treppe zum Gästehaus versammelt hatten.
    Auch gut ein Dutzend Nonnen waren gekommen, angeführt von Schwester Angela, die fragte: »Oddie, darf ich dir etwas zeigen?«
    Ich ging zu ihr, während sie etwas aufrollte, was sich als ein großes Blatt Zeichenpapier entpuppte. Jacob hatte ein absolut naturgetreues Porträt von mir geschaffen.

    »Das ist aber toll!«, sagte ich. »Und unheimlich lieb von ihm.«
    »Es ist aber gar nicht für dich«, sagte sie, »sondern für die Wand in meinem Büro.«
    »Die Gesellschaft dort ist zu exklusiv für mich, Ma’am.«
    »Junger Mann, nicht du hast zu entscheiden, welche Visagen ich täglich im Blick habe. Wie steht es mit dem Rätsel?«
    Mit der Lösung, bei der gemeinsamen Eigenschaft der drei Personen handle es sich um innere Stärke, hatte ich es bereits erfolglos versucht, obwohl sie sich in Rodion Romanovichs Mund so überzeugend angehört hatte.
    »Ma’am, da hat mein Intellekt endgültig die Waffen gestreckt.«
    »Wusstest du, dass die Gründer unseres Landes George Washington nach dem Unabhängigkeitskrieg angeboten haben, ihn zum König zu machen, und er hat abgelehnt?«
    »Nein, Ma’am, das wusste ich nicht.«
    »Wusstest du, wie unauffällig Flannery O’Connor gelebt hat? Viele ihrer Mitbürger hatten keine Ahnung, dass sie eine der größten Schriftstellerinnen ihrer Zeit war.«
    »So ist das wohl mit exzentrischen Südstaatlerinnen, nehme ich an.«
    »Das nimmst du an?«
    »Wenn es eine Prüfung über dieses Thema geben sollte, werde ich wahrscheinlich durchfallen. Ich war in der Schule nie besonders gut.«
    »Harper Lee«, sagte Schwester Angela, »hat man unzählige Male die Ehrendoktorwürde und reihenweise Preise für ihr herrliches Buch verleihen wollen, aber sie hat alles abgelehnt. Selbst die begeisterten Reporter und Professoren, die zu ihrer Tür pilgerten, hat sie höflich, aber bestimmt wieder weggeschickt. «
    »Das sollten Sie ihr nicht übel nehmen, Ma’am. So viel unerwünschte Gesellschaft ist eine schreckliche Plage.«

    Ich glaube nicht, dass Schwester Angelas porzellanblaue Augen je heller gefunkelt hatten als an jenem Morgen auf den Stufen des Gästehauses.
    »Dominus tecum, Oddie!«
    »Mit Ihnen auch, Ma’am!«
    Von einer Nonne war ich noch nie geküsst worden. Geküsst hatte ich auch noch nie eine. Ihre Wange war unendlich sanft.
    Als ich in den Cadillac stieg, sah ich, dass Boo und Elvis auf dem Rücksitz saßen.
    Die Brüder und Schwestern standen schweigend auf der Treppe des Gästehauses, und während wir davonfuhren, blickte ich mehr als einmal zu ihnen zurück, bis die Straße abwärts um eine Kurve führte und das Kloster nicht mehr zu sehen war.

56
    Karosserie und Fahrgestell des Cadillacs waren verstärkt worden, um Ozzies Gewicht zu tragen, ohne dass der Wagen sich zur Seite neigte. Auch der Fahrersitz war in Handarbeit seinem Körperumfang angepasst worden.
    Er lenkte seinen Wagen so geschickt wie ein professioneller Rennfahrer, sodass wir mit einer Eleganz, die bei dieser Geschwindigkeit eigentlich nicht hätte möglich sein sollen, aus den Bergen in tiefere Regionen sausten.
    Nach einer Weile sagte ich zu ihm: »Sir, man kann Sie ohne Weiteres als reichen Mann bezeichnen.«
    »Ich war sowohl vom Glück begünstigt als

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