Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
Behinderungen als biologische Unordnung empfunden, die umso unerträglicher war, weil ausgerechnet Sie ihn gezeugt hatten. Deshalb haben Sie ihn verstoßen und wollten ihn sterben lassen.«
    »Ich wollte ihn doch niemals sterben lassen! Das ist ja ungeheuerlich! «
    »Sir«, warf ich ein und fühlte mich dabei ein wenig wie ein Verräter, »Jacob erinnert sich daran, wie Sie ihn im Krankenhaus besucht und seine Mutter aufgefordert haben, seine lebensgefährliche Infektion nicht behandeln zu lassen.«
    Das runde Gesicht auf dem großen knochigen Körper schaukelte wie ein Luftballon am Ende einer Schnur. Mir war nicht klar, ob Bruder John zustimmend nickte oder ob er abwehrend den Kopf schüttelte. Womöglich tat er beides. Etwas sagen konnte er momentan offenbar nicht.
    In einem Tonfall, der nicht mehr anschuldigend klang, sondern ruhig und beschwörend, fragte Romanovich: »Dr. Heineman, nehmen Sie auf irgendeiner Ebene eigentlich bewusst wahr, dass Sie Gräuel geschaffen haben, die sich außerhalb dieses Raums materialisiert und gemordet haben?«
     
    In Zimmer 14 des Internats steht Bruder Maxwell angespannt mit gehobenem Baseballschläger da. Bruder Knoche, der sich nicht nur in früheren Zeiten mit mehr als einem Störenfried herumgeschlagen,
sondern auch gerade eben mit einem Geländewagen ein Skelettmonster über den Haufen gefahren hat, ist zwar wachsam, aber nicht verkrampft.
    Genauer gesagt, er lehnt sich sogar fast nonchalant auf seinen Schläger wie auf einen Spazierstock und erklärt: »Manche großen Kerle meinen, sie bräuchten bloß die Muskeln spielen lassen, damit man den Schwanz einzieht, aber in Wirklichkeit haben sie nichts drauf und sind zu feige, um wirklich auf einen loszugehen. «
    »Dieses Ding«, wendet Maxwell ein, »hat aber keine Muskeln, es besteht bloß aus Knochen.«
    »Das ist doch genau, was ich gemeint hab, oder?«
    Die Hälfte der zersprungenen Scheibe löst sich aus ihrem Bronzerahmen und fällt klirrend auf den Boden.
    »Keine Chance, dass dieses blöde Ding durchs Fenster kommt. Schau dir doch diese kleinen Scheiben an!«
    Der restliche Teil der zersprungenen Scheibe fällt knacksend auf den Boden.
    »Du machst mir keine Angst!«, erklärt Knoche dem Hund des Nimmerwar.
    » Mir macht das Ding schon Angst«, sagt Maxwell.
    »Nee, tut es nicht«, muntert Knoche ihn auf. »Du hast doch Mumm, Bruder, das weiß ich.«
    Ein knorriges Gebilde aus beweglichen Knochen tastet sich durch das Loch im Sprossenfenster.
    Eine weitere Scheibe zerspringt und dann noch eine. Glasscherben regnen auf die Schuhe der beiden Mönche.
    Am anderen Ende des Zimmers sitzt Jacob mit dem Kissen auf dem Schoß da und widmet sich mit gebeugtem Kopf seiner Stickerei. Ohne Furcht zu zeigen, erschafft er auf einem leeren weißen Tuch mit pfirsichfarbenem Faden eine wunderschöne Ordnung, während die ungeordnete Kreatur am Fenster zwei
weitere Glasscheiben zum Platzen bringt und sich gegen die Bronzesprossen presst.
    Bruder Fletcher tritt aus dem Flur ins Zimmer. »Ah, jetzt geht’s rund! Braucht ihr Unterstützung?«
    Bruder Maxwell sagt Ja, aber Bruder Knoche meint: »In Jersey hab ich übleres Kroppzeug gesehen als das da. Bist du für den Aufzug eingeteilt?«
    »Der wird von genügend anderen bewacht«, versichert Bruder Fletcher.
    »Dann postier dich doch neben Jacob, damit du ihn rasch rausschaffen kannst, falls das Ding es durchs Fenster schafft.«
    »Du hast doch gesagt, das schafft es nicht!«, protestiert Bruder Maxwell.
    »Dabei bleibt es auch, Bruder. Klar, es zieht ’ne Riesenschau ab, aber in Wirklichkeit hat dieses blöde Teil Angst vor uns.«
    Die Bronzesprossen und der Rahmen des Fensters ächzen und stöhnen.
     
    »Gräuel?« Wie unter dem Druck unbekannter dunkler Möglichkeiten, die sein Verstand kaum eindämmen konnte, schien Bruder Johns rundes Gesicht anzuschwellen und sich zu röten. »Die ich ohne bewusste Wahrnehmung erschaffen habe? Das ist nicht möglich!«
    »Wenn es nicht möglich ist«, sagte Romanovich, »dann haben Sie diese Dinge absichtlich erschaffen. Denn sie existieren. Wir haben sie gesehen.«
    Ich zog den Reißverschluss meiner Jacke auf und zog ein gefaltetes Blatt Papier hervor, das ich von Jacobs zweitem Zeichenblock abgerissen hatte. Als ich es auseinanderfaltete, bog sich die Zeichnung der Kreatur, als würde diese sich bewegen.
    »Ihr Sohn hat das da an seinem Fenster gesehen, Sir. Er sagt,
es sei der Hund des Nimmerwar. So hat Jennifer Calvino Sie

Weitere Kostenlose Bücher