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Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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hier. Sie, Bill und ich gehen die Akten noch einmal durch. Wir schauen uns alles genau an, vielleicht finden wir ja irgendwo einen losen Faden, den wir bislang übersehen haben.«
    »Okay«, sagte Dixon. »Ich hoffe, das wir Ballencoa einen Strick daraus drehen können.«

43
    Sie lebten wie zwei Gespenster nebeneinander her, ohne sich zu berühren, ohne miteinander zu sprechen, so als sei jeder in seiner eigenen Welt gefangen.
    Leah aß ein hart gekochtes Ei und eine halbe Grapefruit, dann putzte sie die Zähne, kam zurück in die Küche und setzte sich, ohne ein Wort zu sprechen, wieder hin.
    Lauren trank eine Tasse Kaffee, aß zwei Bissen von einem Heidelbeermuffin, nahm zwei Schmerztabletten und saß schweigend am Tisch.
    Sie sollte versuchen, ihre Tochter aus ihrem Schneckenhaus zu locken, sich mit ihr zu unterhalten, überlegte sie, aber alles, was ihr einfiel, kam ihr falsch vor, und so hielt sie den Mund. Es würde nur bemüht und künstlich wirken. Diese Peinlichkeit wollte sie ihnen beiden ersparen.
    Leah hatte allen Grund, wütend zu sein. Da gab es nichts schönzureden. Sie, Lauren, allein war schuld an dieser verfahrenen Situation. Sie hatte keine Entschuldigung dafür. Sie hatte keine Lösung. Sie hatte ihr alles Mögliche versprochen und die meisten dieser Versprechen gebrochen. Was sollte sie da sagen?
    Sie wünschte sich so sehr, dass sie die richtigen Worte fände. Aber ihr fielen nur die banalen Weisheiten der Mütter aus den Fernsehserien ein, mit denen sie aufgewachsen war, und die gegen Ende der halben Stunde Sendezeit immer irgendeinen schlauen Spruch von sich gaben, mit dem sie ihren Kinder versicherten, dass die Welt in Ordnung war.
    Aber die Welt war nicht in Ordnung, und offenbar hing ein großer Teil dessen, was nicht in Ordnung war, direkt oder indirekt mit ihr zusammen. Diese Serienmütter waren jedenfalls nie wegen eines tätlichen Angriffs verhaftet worden. Sie hatten nie überlegt, einen Auftragskiller anzuheuern.
    Lauren konnte noch immer kaum glauben, dass Greg Hewitt ihr dieses Angebot unterbreitet hatte. Fünfundzwanzigtausend Dollar, um dem Leben von Roland Ballencoa ein Ende zu setzen. Noch viel weniger konnte sie glauben, dass sie den Vorschlag nicht sofort abgelehnt hatte. Im Gegenteil, sie hatte nur deswegen nicht zugestimmt, weil sie Leslie finden und erfahren wollte, was mit ihr geschehen war, und auch, weil sie die Befriedigung haben wollte, Roland Ballencoa selbst umzubringen.
    Ihrer beider Welt war völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Wie sollte sie das ihrer fünfzehnjährigen Tochter erklären? Da sie es nicht konnte, verließen sie auch heute das Haus wie jeden Morgen und taten so, als wäre alles normal. Die zwanzigminütige Fahrt zur Gracida-Ranch lag vor ihnen wie ein Gewaltmarsch durch die Wüste, das Schweigen zwischen ihnen lastete zentnerschwer.
    Lauren stand neben der Fahrertür und sah über das schwarze Autodach zu ihrer Tochter. Leah erwiderte ihren Blick, wachsam, abwartend. Schließlich sagte Lauren unvermittelt: »Ich werde einen Termin bei Anne Leone machen. Für dich.«
    Leah schnappte nach Luft. »Ich bin nicht diejenige, die wie eine Geisteskranke über andere Leute herfällt!«
    »Fühl dich doch nicht gleich angegriffen«, sagte Lauren. »Im Gegenteil, ich glaube, du hast es gerade ziemlich schwer mit mir. In Anne Leone hast du jemanden, bei dem du über mich schimpfen kannst. Du hast jemanden, dem du sagen kannst, was für eine schlechte Mutter ich bin, und dass ich dabei bin, mit einem Handstreich unser Leben zu zerstören.«
    »Spar dir deine Witze«, fuhr Leah sie an.
    »Ich meine es ernst«, erwiderte Lauren. »Ich weiß, dass es dir schlecht geht. Dir geht es schlecht, mir geht es schlecht. Wir sind wirklich zwei traurige Gestalten.
    Ich weiß nicht, was ich tun soll, Leah«, fuhr sie fort. »Das Schlimmste daran ist, dass ich mir wirklich alle Mühe gebe. Du solltest dich wenigstens bei jemandem über mich ausheulen können.«
    »Ich will nicht darüber sprechen«, murrte Leah. »Ich will nur, dass es aufhört. Du sollst machen, dass es aufhört!«
    »Wie denn?«, fragte Lauren frustriert. »Wie soll ich das anstellen, wenn es doch nie ein Ende haben kann? Sollen wir etwa so tun, als wäre nichts passiert? Soll ich vergessen, dass du eine Schwester hattest, einen Vater? Sollen wir so tun, als wäre es in Ordnung, dass Roland Ballencoa frei herumläuft und uns verfolgt? Das geht nicht, Leah. Soll ich so tun, als könnte er dich mir nicht

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