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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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klopfte mit den über der Lehne hängenden Armen gegen das Holz des Stuhles.
    »Das wird es erst, wenn ich Sie vorlade. Mir geht es nur drum, ein paar Hintergründe zu beleuchten. Wie sind Sie ausgerechnet hierher gekommen?«
    »Über Silkes Onkel. Ich hab einen Job gesucht – ja, und hier hats einen gegeben. So einfach war das.«
    »Sie fühlen sich wohl hier?«
    »Ich kann nicht klagen.« Er sah verschüchtert seitlich zu Silke hinüber, die seinen Blick aber nicht erwiderte.
    »Dass Sie hier als Ausländer gelten, obwohl Sie deutschstämmig sind, hat nie zu Reibereien geführt?«, wollte der Kommissar wissen. Silkes Miene schien sich zu versteinern.
    »Sie meinen Rechtsradikale, Nazis und so?«
    »So könnte man es salopp formulieren«, bestätigte Häberle und fügte langsam hinzu: »Manchmal kommt das aus einer Ecke, von der man es nicht erwartet hätte.«
    »Na ja, Bemerkungen gibt es schon mal«, überlegte der junge Mann. »Ist drüben auch so – sogar noch mehr.« Er meinte seine neue Heimat, die er nach der Übersiedlung aus der einstigen Sowjetunion in Sachsen gefunden hatte.
    »Und wie sieht das die junge Chefin?«, wandte sich Häberle jetzt mit ironischem Unterton an Silke, die diese Formulierung keinesfalls lustig fand.
    »Ich bin nicht seine Chefin«, gab sie bockig zurück und sah ihn von der Seite an. »Und darüber kann er froh sein.«
    Häberle verengte die Augenbrauen. Nach einigen Sekunden des Schweigens, während deren von draußen das Scheppern leerer Flaschen hereindrang, verlangte der Kommissar Klarheit: »Sie verstehen sich nicht sonderlich gut?«
    Sergije behielt noch immer seine lockere Haltung bei und grinste.
    »Ich versuch gerade Sergije klarzumachen, dass er uns – also Mutti und mir – zwar sehr hilfreich ist, dass er aber nicht darauf hoffen kann, den Betrieb zu übernehmen.« Ihre Stimme klang so kühl, wie die Luft es in diesem Raum war. »Es fällt ihm schwer, dies zu verstehen.«
    Sergije fixierte durch den Glaseinsatz der Bürotür irgendeinen Punkt draußen in der Lagerhalle, als ob ihn die Diskussion überhaupt nichts anginge.
    »Mutti und ich wollen den Betrieb verkaufen und wegziehen. Wir wollen mit allem nichts mehr zu tun haben. Mit niemandem. Mit Sergije nicht mehr und mit meinem Onkel nicht.«
    Jetzt konnte sich Sergije nicht mehr zurückhalten. »Aber am Wochenende, als es euch beiden scheißdreckig gegangen ist, da war ich recht.« Seine Gesichtszüge verfinsterten sich.
    »Da haben wir auch manches noch nicht gewusst.« Häberle wartete eine Sekunde. »Darf ich erfahren, was sich seither verändert hat?«
    »Das hat nicht direkt mit Sergije zu tun«, schwächte sie ihre Aussage ab, als tue es ihr bereits wieder leid. »Nein, mit Onkel Anton hat es zu tun. Der hat meinen Vater noch immer beeinflusst und ihn gegen uns aufgestachelt. Und Sie haben ja gerade eben selbst gehört, wie Sergije zu uns gekommen ist: über Anton.«
    »Aber das ist ja nichts Neues«, gab Häberle zu bedenken. »Das müssten Sie doch schon von Anfang an gewusst haben.«
    »Natürlich haben wir das gewusst. Selbstverständlich. Aber nachdem nun alles so gekommen ist, wollen wir alle Kontakte abbrechen.« Sie stockte, worauf Sergije plötzlich dazwischenschrie: »Sag doch, dass du mich für einen Spitzel hältst. Sag doch, dass ihr beide glaubt, ich würd eurem Anton alles berichten, was hier abgeht. Ich weiß zwar nicht was – aber glaubt es halt!«
    Häberle sah beide nacheinander an. Irgendwie erinnerten sie ihn an trotzige Kinder, von denen jedes das jeweils andere beschuldigte, ein Spielzeug kaputt gemacht zu haben.
    »Welche Rolle spielt dabei Herr Korfus?«
    »Torsten Korfus?«, erwiderte Silke. »Wie meinen Sie das denn?«
    »Wie ich es sage«, erklärte der Kriminalist. »Der scheint doch an allem nicht gerade unbeteiligt zu sein. Oder sehe ich das falsch?«
    »Der hat seine eigene Vergangenheit«, erwiderte sie frostig, während Sergije wieder demonstrativ in sich zusammensackte und durch die Tür schaute.
    »Eine etwas, na, sagen wir mal, ziemlich finstre Vergangenheit«, versuchte Häberle das Mädchen aus der Reserve zu locken.
    »Woher wissen Sie das denn?«
    »Glauben Sie mir, wir wissen mehr, als Sie denken. Schließlich bewegt sich Herr Korfus auch in gewisser Weise im öffentlichen Leben. Und da lässt es sich nicht vermeiden, dass die eine oder andere Aktennotiz auftaucht.« Häberle sprach bewusst langsam, um die Bedeutung des Gesagten zu unterstreichen. Seine Absicht

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