Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
lassen. Der Wagen geriet ins Schleudern, und die Reifen quietschten. Der Beifahrer griff nach meinen Handgelenken und versuchte, mich vom Lenkrad wegzureißen, aber ich ließ nicht locker. Doch dann packte eins von den Arschlöchern mich bei den Haaren. Er knallte mein Gesicht gegen das Armaturenbrett. Helles Licht blitzte vor meinen Augen auf, und Schmerz schoss durch Nase und Wange, wo sie mit irgendwelchen Schaltern in Berührung kamen. Deshalb fühlte ich eigentlich gar nichts, als sie mich wieder auf die Rückbank zogen. Dann traf mich irgendetwas am Kopf, und alles verschwand.
Kapitel 3
Ich erwachte mit einem pelzigen Gefühl im Mund und einem kühlen Lappen auf der Stirn. Ich schluckte in dem vergeblichen Versuch, Speichel zu produzieren. Jemand kam mir zu Hilfe und drückte einen nassen Schwamm an meine Lippen. Ich saugte das Wasser auf und versuchte, etwas von meiner Umgebung zu erkennen.
Mein misshandelter Kopf pochte und protestierte dagegen, dass ihm innerhalb nur eines Tages ein Kater und ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand zugemutet worden waren. Mein Unterleib fühlte sich so an, als hätte jemand versucht, meinen Bauch mit einem Hammer flach zu klopfen.
»Versuchen Sie, keine schnellen Bewegungen zu machen«, vernahm ich eine sanfte Frauenstimme.
Mein Blick wurde wieder klar, und ich wagte es, meinen Kopf in ihre Richtung zu drehen. Vor mir stand eine Krankenschwester … ganz klassisch in weißer Kleidung und mit Nickelbrille. Sie half mir dabei, mich aufzusetzen, stützte mich im Rücken mit einem Kissen und bot mir noch mehr zu trinken an; diesmal jedoch aus einem Glas.
Jemand hatte mir ein weißes Hemd angezogen; wahrscheinlich, weil ich mein T-Shirt vollgeblutet hatte. Ich strich mir mit den Fingern über mein schmerzendes Gesicht. Es war nicht allzu arg geschwollen und meine Nase glücklicherweise nicht gebrochen, aber ein Schnitt oben an meiner Wange war verbunden worden. Ein Mann stand am Fußende meines Bettes und sah mich an.
Es handelte sich um Carlos Dacardi, Duivels obersten Gangsterboss für organisierte Kriminalität. Dacardis Antlitz zierte mit schöner Regelmäßigkeit den Chronicle ; meist im Zusammenhang mit von ihm organisierten Spendenaktionen unter dem Motto: Tun wir mal so, als wäre ich ein guter Mensch und Wohltäter . Seine Frau, ein eher unauffälliges Wesen, das eine Vorliebe für Designerkleidung und funkelnde Juwelen hatte, war immer an seiner Seite. Die Möchtegern-Mafia von Duivel wirkte wie ein Fliegengewicht neben den schweren Jungs aus New York und Chicago, aber Dacardi war trotzdem gefährlich.
Dacardi sah kräftig aus; nicht wie die muskulösen Typen, die mich entführt hatten. Er wirkte eher wie ein stämmiger, unverwüstlicher Bauarbeiter mit großen, schwieligen Händen, bei dem man immer den Eindruck hatte, er würde gleich zu Hammer oder Schaufel greifen. Er musterte mich mit seinen dunklen, aufmerksamen Augen.
Die Krankenschwester reichte mir einen Spiegel. »Es ist nur ein kleiner Schnitt«, sagte sie.
Ich hob den Spiegel und inspizierte den Schaden. Rote, blutunterlaufene Augen bildeten einen interessanten Kontrast zu den blau-schwarzen Halbmonden darunter. Eine geschwollene Unterlippe ergänzte einen langen, tiefen Kratzer, der sich am linken Kiefer entlangzog. Der Verband gab dem Ganzen eine ansprechende Note. Die Krankenschwester ging eine ganze Liste von Fragen durch, um aus meinen Antworten Rückschlüsse auf meinen geistigen Zustand machen zu können; zum Beispiel, ob ich eine Gehirnerschütterung hatte.
Ich log.
Wenn Dacardi den Eindruck bekam, ich wäre wirklich verletzt, würde er unter Umständen in Versuchung geraten, sich meiner auf Dauer zu entledigen, statt sich mit jemandem herumschlagen zu müssen, der fragte, wie ich überhaupt zu meinen Verletzungen gekommen war.
»Wollen Sie ins Krankenhaus?«, erkundigte sich Dacardi.
Die Frage kam etwas zögernd.
»Nein.« In der Hinsicht war ich mir sicher … und es war eindeutig die richtige Antwort.
Dacardi nickte, und die Krankenschwester verließ den Raum. Ich lag in einem echten Himmelbett unter einer Rosendecke aus Satin. Die Bettpfosten waren von schneeweißen Vorhängen umhüllt, sodass die Sonne, die durchs Fenster fiel, meine Haut irgendwie blutleer erscheinen ließ. Ein hübscher Raum, aber nicht dafür bestimmt, dass man darin lebte. Das Ganze wirkte eher wie ein protziger Ausstellungsraum mit schweren Möbeln und einem Teppich, in dem man bis zu den Knöcheln
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