Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
Aber das war jetzt weder der rechte Zeitpunkt noch der richtige Ort, um sich darüber Gedanken zu machen.
Michael seufzte, ließ mich los, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
Auch Flynn entspannte sich wieder, aber er behielt das Messer in der Hand.
Ich drehte mich zu Flynn um, doch der schaute aus dem Fenster in die Dunkelheit. Mein zehn Jahre langer, privater Kreuzzug gegen die Diener des Schattens war in nur zwei Tagen zur Hölle gegangen. Wenn ich diese Nacht überlebte, würde ich ein neues Poster neben dem von Murphys Gesetz an die Wand kleben: Das Chaos regiert!
Die Straßen in der Zombie Zone waren häufig blockiert, und Geröll knirschte unter den Reifen. Wir mussten zweimal eine andere Richtung einschlagen, weil einmal die Straße an einer Stelle komplett aufgerissen war und in einer anderen Straße ein zusammengestürztes Haus diese blockierte. Ich hatte mir die Luftaufnahme eingeprägt und wies den Fahrer an, welche Richtung er nehmen sollte. Zwei Kreaturen stürzten davon, als sie vom Strahl des Scheinwerfers getroffen wurden. Von der Gestalt her wirkten sie menschlich, doch das eine Wesen zog einen Schwanz hinter sich her.
Dacardi stieß ein Zischen aus, verhielt sich aber ansonsten ruhig. Sein Fahrer verringerte noch nicht einmal die Geschwindigkeit. Hatten sie solche Wesen schon mal gesehen?
»Die flüchten vor Licht, Dacardi«, versuchte ich, ihn zu beruhigen. »Die gepanzerten Wagen wären wirklich nicht nötig gewesen.«
»Bastinados haben auch Schusswaffen. Das wissen Sie doch«, erwiderte er.
Ich wollte schon sagen, dass sie längst nicht über so viel Feuerkraft verfügten wie wir, aber angesichts Snags Geschichte über Waffen wusste ich, dass ich da unter Umständen unrecht hatte.
Flynn legte mir den Arm um die Schulter und zog mich enger an seinen kräftigen Körper. Dabei fuhr er mit dem Messer an Michaels Gesicht vorbei. Michael zuckte nicht mal mit der Wimper, aber bestimmt hatte es ihn wieder an den Vorfall erinnert.
»Es tut mir leid, dass ich dir wehgetan habe.« Michael legte eine Hand auf meinen Arm. »Ich denke nur, dass du einen Fehler machst.«
Ich stimmte ihm zu, doch ich hatte aus einem Gefühl heraus entschieden. »Vergiss es. Wir stehen alle unter Stress.« Stress? Wir standen alle kurz davor durchzudrehen. Bei der Rettung von Kindern ging es nur darum, sie sich schnell zu schnappen und dann wegzurennen. Nur ich, die Jägerin. Allein. Wie war es dazu gekommen, dass ich jetzt einen ganzen Tross bewaffneter, gefährlicher Männer hinter mir hatte? Männer, die einander noch dazu nicht ausstehen konnten.
Der MRAP arbeitete sich langsam immer tiefer in die Zombie Zone vor. Die Scheinwerfer durchdrangen das klaustrophobische Dunkel und schufen seltsam bedrohliche Schatten in den unheimlichen Gebäudetrümmern. Außer dem leisen Brummen des Motors drang kein Laut in den Wagen.
»Hier anhalten«, befahl ich.
»Cassandra, was machst du da?«, wollte Michael wissen.
»Genau das, was sie machen will«, sagte Flynn. Resignation ließ seine Stimme schwer wie Granit klingen, aber Entschlossenheit war auch herauszuhören. »Verdammt, Cass.« Michael griff nach meiner Hand, ließ sie aber nach einem Blick auf Flynn gleich wieder los. »Ich habe dir doch gesagt, dass wir …«
»Nein, Michael, du hast mich angelogen … direkt und indem du mir wichtige Informationen vorenthalten hast. Theron und das Goblin Den, Victor … du gibst mir Hinweise, als wäre ich ein Detektiv aus einem Kriminalroman. Ich kann dir nicht trauen.«
»Aber trotzdem nimmst du mich mit.«
»Ja, das tue ich. Du hast recht. Ich will wissen, wo du bist. Die ganze Zeit.«
Michael erwiderte nichts darauf und sah mir nicht in die Augen; nicht wütend, sondern vage und ausweichend wie immer.
»Meine Männer«, brummte Dacardi von vorn und deutete mit dem Kopf auf den anderen MRAP. »Sie können ihn irgendwo anders hinbringen.«
»Nein. Bringen wir diesen Schlamassel endlich hinter uns.«
Flynn drückte mich noch ein letztes Mal fest an sich, als wir aus dem Wagen stiegen.
Ich konnte Dacardi davon überzeugen, die Flammenwerfer nicht mitzunehmen. Das mochten zwar hervorragende Waffen sein, aber nicht in einem Tunnel, wo der Rückstoß uns unter Umständen alle einäscherte.
Die MRAPs blieben mit ausgeschalteten Scheinwerfern zurück, während wir im Schein von Taschenlampen unsere Waffen überprüften. Dacardi hatte an alles gedacht und sogar Plastikbeutel für seine
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