Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
meins. Er stand mit dem Opferblut bedeckt groß, mächtig und herrlich männlich da.
Er besaß Michaels wunderschönes Gesicht, doch in seinen Augen loderte eine unbezähmbare Wut.
Der Schatten war leibhaftig in die Barrows gekommen.
Kapitel 32
Der Schatten blickte auf Elises Leichnam auf dem Altar. Sie war fort und stand nicht mehr unter seiner Herrschaft. Er wandte sich uns zu – mir. Der Blick drückte mich zu Boden.
»Jägerin.« Seine Stimme war noch viel unwiderstehlicher als die von Michael. »Es gibt Fenster in meiner Welt, und ich habe dich beobachtet.« Der Schatten hob eine Hand und winkte mich zu sich. »Du hast eine Bresche in jene geschlagen, die mir zu Diensten waren, hast mir die Kinder geraubt, die irgendwann groß und stark gewesen wären und mir gut gedient hätten. Du ließest mir nur eine Verrückte und ihren nicht minder verrückten Sohn, um meine Befehle auszuführen. Komm her, Jägerin. Ich werde dich nicht am Leben lassen.«
Ich trat auf ihn zu, denn mein Körper war bereit, diesem Befehl zu folgen, während mein Geist mich ankreischte, stehen zu bleiben. Flynn packte meinen Arm und riss mich hinter sich. Ich wollte mich mit einem Ruck von ihm befreien, als Michael sich vor uns beide stellte.
»Nein.« Michael stand unerschütterlich da.
Der Schatten lachte. Ein Lachen voller Ironie und Spott, aber ohne jede Erheiterung. »Ah, mein unvollkommener Sohn. Wenn du doch nur halb so viel Mut hättest wie die Jägerin. Du kannst mich nicht aufhalten. Ich werde euch alle töten.«
Und er konnte es. Irgendwie hegte ich Zweifel daran, dass unsere kostbare Bronzemunition bei ihm Wirkung zeigen würde.
Plötzlich bäumte sich eine fürchterliche, alles erdrückende Kraft in mir auf. So etwas Ähnliches wie ein Stromschlag blitzte vor meinen Augen. Ich stürzte zu Boden und hielt mich nur noch auf Händen und Knien aufrecht, während der Schmerz meinen ganzen Körper in Besitz nahm und mich fast erstickte. Ich kreischte, als glühend heiße Flammen alle Nervenbahnen meines Körpers erfassten.
Der Schatten brachte mich um.
Nein, das war etwas anderes, etwas irgendwie Vertrautes. Diese Folterqualen hatten einen Namen.
Flynn griff nach mir, doch ich riss mich los und schlug nach ihm. Wie viel Schmerz konnte ich noch ertragen, ohne wie Elise dem Wahnsinn zu verfallen? Schließlich brach die abscheuliche, alles zersetzende Pein wie Elises Opferblut, das sie auf dem provisorischen Altar vergossen hatte, aus mir hervor.
Ich würgte krampfhaft, während die Nacht allmählich vom strahlenden Licht eines Vollmonds erhellt wurde. Michael, Flynn und Dacardi standen über mir, hatten aber den Blick vom Strahlen abgewandt.
»Was geschieht da gerade?«, fragte Flynn.
»Die Erdmutter«, stöhnte ich. »Sie ist hier.«
Jeder Zentimeter meines Körpers zitterte und protestierte gegen den Missbrauch. Aber ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was sie getan hatte. Die Erdmutter hatte sich in mir versteckt, um in die Barrows zu kommen und sich dem Schatten entgegenzustellen. Alleine hätte sie das nicht geschafft. Verdammt, ich hasste sie.
Michael und Flynn zogen mich wieder hoch. Ich musste mich an ihnen festhalten, weil ich nicht ohne Hilfe stehen konnte. Das Leuchten der Mutter hatte ein wenig nachgelassen, deshalb standen wir da und beobachteten, wie zwei Halbgötter einander gegenübertraten. Ein leichter Anflug von Vernunft – keine sonderliche Stärke von mir – sagte mir, wir sollten die Beine in die Hand nehmen und rennen. Aber ich war die Jägerin. Ich hatte ein Gelübde abgelegt, und deshalb gehörte ich ihr. Ich musste Kunde ablegen von diesem Ereignis.
Der Schatten lachte wieder. Immer noch lag keine echte Erheiterung darin. »Innana«, sagte er. »Wie schön, dich wiederzusehen.«
»Aiakós.« Die Erdmutter, immer noch in Licht gehüllt, neigte den Kopf. Sie ging auf ihn zu.
Er trat zurück.
Innana? War das ihr Name? Und der Schatten hieß Aiakós?
Es war das erste Mal, dass ich das Gesicht der Mutter sah. Als sie vor zehn Jahren auf mich zugekommen war, hatte sie es vor mir verborgen und später nur durch Abby oder direkt über meinen Geist zu mir gesprochen. Sie war eine göttliche Version einer jungen Abby und passte perfekt zum Schatten – war aber gleichzeitig auch das komplette Gegenteil von ihm. Es gab einen bedeutenden Unterschied zwischen den beiden. Der Schatten besaß einen Körper, und die Mutter schimmerte wie ein Geist.
»Wunderschöne Innana.« Der Schatten
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