Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
und kam auf mich zu. »Ich werde einen Arzt …«
»Nein.« Ich streckte den Arm aus und packte mit blutiger Hand sein Hemd. Blutbläschen kamen aus meinem Mund. Ich hatte Angst, dass Therons Schläger ihm etwas antun könnte, doch der Mann lag regungslos da. Theron war über ihm zusammengebrochen. Er hatte wahrscheinlich genug Blut verloren, um ihn zu erledigen.
»Bring mich …« Bei jedem Wort spritzte Blut aus meinem Mund. Ich sehnte mich nach dem Ort, wo ich mich am sichersten fühlte. Abbys Haus. Aber Thor hatte keine Ahnung, wo das war, und keine Möglichkeit, mich hinzubringen.
»Cass«, schrie er.
Seine Stimme drang aus weiter Ferne zu mir, während ich in die nächste Lebensphase überging. Der Schmerz verblasste, und meine Glieder wurden schlaff. Mein Herz raste verzweifelt. Es verlangte nach dem Blut, das an der Seite aus meinem Körper strömte. Als es seinen letzten flatternden Schlag tat, verschwamm alles vor meinen Augen, bis ich nur noch einen Punkt sah – einen einzelnen Stern am nachtdunklen Himmel. Ich streckte meine Hand nach diesem Stern aus, so verzweifelt verlangte es mich nach seinem Licht. Alles war so, wie es sich für ein perfekt geordnetes und friedliches Universum gehörte.
Sie kam sofort. Die Mutter war da, um mich nach Hause zu holen.
»O nein, Jägerin.« Ihre Stimme erschütterte die Dunkelheit wie Blitze die tiefste Nacht. »Dafür habe ich viel zu viel durchgemacht.«
Ich kehrte in einer Lawine des Schmerzes in meinen Körper zurück. Abby hatte mich immer mit Zaubertränken und Magie geheilt … auf sanfte Art und voller Liebe. Die Heilkraft der Erdmutter strömte wie eine gewaltige Meereswoge in mich hinein. Die Wucht dieser Woge erfasste mich, schleuderte mich herum und riss mich bis auf den Grund, ehe sie mich auf den Asphaltstrand spie.
Abby hatte mir einmal erzählt, dass die Erdmagie im Flügel eines Spatzen genauso mächtig war wie in den Klauen eines Grizzlybären. Die Mutter ging bei mir mit Klauen vor. Sie flickte meine zerrissenen Organe mit Fäden aus geschmolzener Lava und tauchte mich in antiseptische Säure. Ein gigantischer Druck legte sich auf meine Brust, sodass ich würgte und rot verfärbte Flüssigkeit ausspie, als sie meine Lunge vom Blut befreite. Mein Herz fing wieder an zu schlagen und presste einen Strom aus Feuer durch meinen Körper.
Hätte ich in dem Moment eine Stimme gehabt, wäre mein Kreischen bis nach Uptown zu hören gewesen. Schmerzensschreie … Schreie voller Hass angesichts der Kraft, die mich in eine Welt zurückzerrte, in die ich nicht mehr gehörte.
Genauso schnell, wie sie gekommen war, von einem Herzschlag bis zum nächsten, verließ die Mutter mich auch wieder. Ich kehrte in die Welt zurück und stellte fest, dass ich auf allen vieren hockte und um Atem rang. Der Schmerz hatte nachgelassen, doch die brennende Erinnerung daran würde mich nie wieder verlassen. Mein Körper bebte … und glühte. Meine Arme leuchteten hell, strahlend weiß wie der Mond.
Thor saß mit dem Rücken an der Tür. Seine aufgerissenen Augen und der offen stehende Mund vermittelten den Eindruck, als hätte er einen Schlag mit dem Hammer bekommen, der über ihm an die Tür gemalt war.
»Hilf mir«, keuchte ich. Wenn ich mich bewegte, würde ich umkippen.
Thor starrte mich nur weiter mit offenem Mund an.
Oh, Shit. Meine Hände, meine Arme, alles leuchtete in einem silbrigen Licht. »Bitte«, flehte ich ihn an.
Thor schüttelte den Kopf, als müsste er einen schlechten Traum loswerden. Er kam zu mir gekrabbelt, dann streckte er vorsichtig eine Hand aus, um die schimmernde Haut an meinem Arm zu berühren. Als dies geschah, verblasste das Leuchten, und ich sah wieder so aus wie früher.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Thor.
»Ja. Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.« Die Kraft kehrte in meinen Körper zurück, aber T-Shirt und Jeans waren mit Blut getränkt.
Thor half mir auf. »Du hast gerade … geleuchtet. Ganz hell.«
Ich schwankte und hoffte, nicht auf ihn zu fallen.
»Komm mit.« Meine Stimme klang, als hätte ich Bronchitis. »Wir müssen das Durcheinander hier aufräumen.« In der Ferne ertönte das Heulen von Sirenen. Jemand aus dem Wohngebiet hinter der Mauer hatte wohl die Schüsse gehört und die Notrufnummer gewählt. »Es gibt keine Möglichkeit, das der Polizei zu erklären.«
Ich wankte zu meinem Wagen und öffnete den Kofferraum. Es war sehr mühsam, denn ich fühlte mich immer noch schwach. Wie es aussah, war Therons
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