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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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geschlagen.
    Ich wagte nicht, zu Van Zandt zurückzugehen. Selbst wenn es mir gelungen wäre, mich zu säubern, die Kleidung zu wechseln und als Van Zandts sitzen gelassene Verabredung aufzutauchen, in der Hoffnung, ihn dort zu finden, konnte ich nicht riskieren, dass die Frau mich erkannte – oder Van Zandt selbst mich als die Person in seiner Garage identifizierte, falls er ebenfalls im Auto gesessen hatte. Im Moment wagte ich nicht mal, zur Wohnanlage zurückzukehren und mein Auto zu holen.
    Was für ein Mist. Ich hatte die besten Absichten gehabt, aber jetzt bestand die Möglichkeit, dass durch mein Vorgehen ein ausschlaggebendes Beweisstück verloren ging und meine Tarnung bei Van Zandt aufgeflogen war – und damit auch bei allen aus Jades Umkreis.
    Genau deswegen hättest du dich gar nicht erst einmischen sollen, sagte eine hässliche kleine Stimme in meinem Kopf. Wenn ein Mörder deshalb frei ausging, hatte ich das auf dem Gewissen. Und wenn Erin Seabright dadurch starb Warum rief der verdammte Landry nicht zurück?
    »Ach, leck mich doch«, knurrte ich, nahm den Hörer ab und wählte den Notruf.

26
    Das Telefon am anderen Ende wurde nicht abgehoben. Landry fluchte und legte auf. Die Nummer war ihm unbekannt. Die Notrufnummer am Ende ließ ihn denken, es sei Estes. Bis zu ihrem hübschen Arsch in Gott weiß was verwickelt. Jede Wette, dass sie nicht zu Hause geblieben war und sich mit einem Buch in die Badewanne gelegt hatte.
    Die war vielleicht eine Nummer. Sich mit einem möglichen Sexmörder zum Essen zu verabreden, als sei das nichts Besonderes. Landry nahm an, dass seine Reaktion darauf übertrieben gewesen war. Schließlich war sie ein Cop – oder war es gewesen. Und sie war die Letzte, zu deren Schutz sich ein Mann genötigt fühlen sollte, aber er hatte es trotzdem getan. Da war etwas an ihrem mangelnden Selbsterhaltungstrieb, das ihm nahe gegangen war, das ausgerechnet sie verletzlich wirken ließ. Er musste wieder daran denken, wie sie auf das Trittbrett von Billy Golams Truck gesprungen war, ihm das Steuer aus der Hand reißen wollte … unter die verdammte Karre geraten war … über das Pflaster mitgeschleift worden war wie eine Lumpenpuppe.
    Sie gab nicht genug auf sich Acht, oder wollte das nicht. Und sie konnte es bestimmt nicht ausstehen, dass er es für sie tat. Noch immer sah er den Blick in ihren Augen, als er Weiss angerufen und ihm befohlen hatte, Van Zandt festzunehmen. Wut, Kränkung, Enttäuschung – all das unter einer Schicht hartnäckiger Gleichgültigkeit.
    Er stand im Flur vor dem Autopsieraum im Gebäude der Gerichtsmedizin, war direkt nach dem Verhör von Van Zandt hergekommen, um den Gerichtsmediziner noch vor Ende seiner Schnippelei an Jill Morone zu erwischen.
    Van Zandt hatte nichts als Frustration geliefert, sich eine Viertelstunde über die Minderwertigkeit des amerikanischen Justizsystems ausgelassen und dann sein Recht auf einen Anwalt geltend gemacht. Ende des Verhörs. Sie hatten nichts Greifbares für einen Haftbefehl in der Hand. Wie Landry erst kürzlich klar gemacht worden war, verstieß es nicht gegen das Gesetz, ein Arschloch zu sein.
    Mit seiner Voreiligkeit hatte er wirklich Mist gebaut. Wenn er bis nach der Autopsie gewartet hätte, bevor er sich Van Zandt vorknöpfte, hätte er ein paar Fakten gehabt, mit denen er spielen, die er verdrehen, gegen den Mann verwenden konnte, ihm vielleicht Angst eingejagt und etwas aus ihm herausgeholt hätte, was er jetzt nie mehr äußern würde.
    Landry sagte sich erneut, dass er die Situation unter Kontrolle halten, verhindern musste, dass diese Unberechenbare – Elena – zum Chaos beitrug.
    Er fragte sich, worauf sie sich jetzt schon wieder eingelassen hatte. Auf nichts Gutes, da war er sich sicher.
    Sie würde alles über die Autopsie erfahren wollen. Sie würde wissen wollen, dass Jill Morone mit dem Gesicht auf den Boden einer Pferdebox gedrückt worden war. In Jills Kehle, ihrem Mund und ihrer Nase hatten sich Holzspäne und Pferdedung befunden. Sie war erstickt. Eine Hand hatte sie von hinten am Nacken gehalten und so fest zugedrückt, dass die Druckstellen immer noch zu sehen waren. Irgendwann hatte sie sich gegen ihren Angreifer gewehrt und sich dabei mehrere Fingernägel abgebrochen. Aber unter den verbliebenen Nägeln waren weder Hautfetzen noch Blut noch sonst was gewesen.
    Für Landry ergab das keinen Sinn. Wenn sie sich so gewehrt hatte, dass ihr dabei die Fingernägel abgebrochen waren, hätte man etwas

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