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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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einen freien Tisch. Ich ging vorbei, den Kopf gesenkt, versuchte ganz normal auszusehen, versuchte gleichmäßig zu atmen. Musik ertönte aus der Tür des Cobblestone ,dem nächsten Restaurant. Ich kam am China-Tokyo vorbei, roch das Frittierfett und merkte, wie hungrig ich war.
    Normale menschliche Wesen verbrachten einen schönen Abend bei Kung Pao Chicken und Sushi. Unter ihnen war bestimmt keine Frau, die auf der Suche nach Beweisen für einen Mord in ein Haus eingebrochen war.
    Ich war schon immer anders gewesen.
    Mir war gleichzeitig nach Lachen und Weinen zu Mute.
    In Eckerd’s Drugstore kaufte ich mir eine Flasche Wasser, einen Müsliriegel, ein billiges Jeanshemd und eine Baseballkappe und ließ mir Kleingeld für das Münztelefon geben. Draußen riss ich das Preisschild vom Hemd und zog es über mein verschwitztes T-Shirt, knickte den Schirm der Kappe ein und setzte sie auf.
    Aus der Jeanstasche fischte ich zwei Zettel – der eine mit den Notizen aus Van Zandts Müll, der andere mit Landrys Nummer. Ich rief Landrys Pager an, hinterließ die Nummer des Münztelefons und hängte ein. Während ich wartete, quälte ich mich mit den Fragen, wie genau die Frau in Van Zandts Haus mich gesehen hatte, wer sie war und ob Z. bei ihr gewesen war.
    Ich glaubte nicht, dass sie viel erkannt hatte. Sie hatte dem Hund befohlen, »ihn« zu fassen. Sie hatte das kurze Haar gesehen und, wie die meisten Leute, angenommen, dass Einbrecher Männer sind. Die Cops würden nach einem Mann suchen – wenn sie überhaupt suchten. Ein simpler Einbruch, bei dem nichts gestohlen, nichts zerstört worden war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie sich viel Mühe geben würden. Zumindest hoffte ich, dass sie es nicht taten.
    Selbst wenn sie das Haus auf Fingerabdrücke überprüften, befanden sich meine nicht in irgendeiner Verbrecherkartei, und nur diese wurden routinemäßig überprüft. Da ich bei der Polizei gearbeitet hatte, waren meine Fingerabdrücke beim Palm Beach County verzeichnet, aber nicht bei den Abdrücken der gewöhnlichen Übeltäter.
    Trotzdem hätte ich Handschuhe tragen sollen. Wenigstens beim Wühlen im Abfall hätten sie mir gute Dienste geleistet.
    Ich wickelte den Müsliriegel nur teilweise aus, während ich ihn aß.
    Sie hatten meine Jacke – oder was der Hund davon übrig gelassen hatte –, aber nichts daran schloss auf mich. Es war nur eine schlichte schwarze Windjacke.
    Ich überlegte, was sich in den Taschen befand. Ein Sonnenschutzlippenstift, der Rest einer Rolle Pfefferminzbonbons, ein Barzahlungsbeleg von der Shell-Tankstelle. Zum Glück hatte ich nicht mit Kreditkarte bezahlt. Was noch? Wann hatte ich die Jacke zum letzten Mal getragen? An dem Morgen, als ich in der Notaufnahme war.
    Mein Magen krampfte sich zusammen.
    Das Rezept. Das Rezept für das Schmerzmittel, das ich nicht holen wollte. Ich hatte es in die Tasche gestopft.
    O Scheiße.
    Hatte ich es rausgenommen? Hatte ich es weggeworfen und vergessen? Nein, hatte ich nicht.
    Mir wurde schlecht.
    Ich lehnte mich gegen die Hauswand und versuchte zu atmen, zu denken. Mein Name stand auf dem Rezept, Elena Estes, nicht Elle Stevens. Der Name würde Van Zandt nichts sagen. Außer er hatte das Foto in Sidelines gesehen. Das Foto mit der Bildzeile, die mich mit Seans Reitstall verband. Und wenn das geschah, wie lange würde es dauern, bis alle Puzzleteile an ihrem Platz waren?
    Dämlicher, leichtsinniger Fehler.
    Wenn die Polizei an meine Tür klopfte, würde ich leugnen, in Sag Harbor Court gewesen zu sein. Ich würde sagen, ich hätte die Jacke auf dem Turnierplatz verloren. Ich würde dafür zwar keine Zeugen haben, die mein Alibi bestätigten, aber wozu, zum Teufel, brauchte ich ein Alibi? Ich war keine Verbrecherin. Ich war eine gut erzogene Bürgerin mit genügend eigenem Geld. Ich war keine Drogenabhängige, die klauen musste, um sich den nächsten Schuss kaufen zu können.
    Und sie würden mein Foto Van Zandt zeigen und ihn fragen, ob er mich wiedererkennen würde, und ich wäre am Arsch.
    Verdammt, warum rief Landry nicht zurück? Noch einmal rief ich seinen Pager an, hinterließ die Telefonnummer mit der Notrufnummer dahinter, legte auf und begann, nervös auf und ab zu gehen.
    Das Rausreden aus dem Schlamassel war nicht das Schlimmste. Viel schlimmer war, wenn Van Zandt das Hemd fand, bevor Landry mit einem Durchsuchungsbefehl dort sein konnte.
    Verdammt, verdammt, verdammt. Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Hauswand

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