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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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danke . Ich brauche nichts .
     
    » Hoffnung « ist das Federding , das
    In der Seele schwingt –
    Und Lieder ohne Worte  –
    Ohne Ende singt –
     
    Emily Dickinson
     
    Ich wollte keine Hoffnung für mich. Ich wollte einfach nur existieren.
    Existieren ist unkompliziert. Einen Fuß vor den anderen. Essen, schlafen, funktionieren. Leben, wirkliches Leben, mit all den Emotionen und Risiken, die damit verbunden sind, ist harte Arbeit. Jedes Risiko birgt sowohl Erfolg wie auch Versagen in sich. Jede Emotion hat ein Gegengewicht. Furcht kann nicht ohne Hoffnung existieren, Hoffnung nicht ohne Furcht. Ich wollte nichts davon. Ich hatte beides.
    Der Horizont wurde rosarot, während ich aus dem Fenster schaute, und ein Silberreiher flog entlang des rosafarbenen Streifens zwischen der Dunkelheit und der Erde. Bevor ich das als Zeichen nehmen konnte, ging ich ins Schlafzimmer und zog Reitsachen an.
    Kein Polizist hatte mitten in der Nacht an meine Tür geklopft, um mir Fragen über meine Jacke und den Einbruch ins Haus von Lorinda Carlton/Tomas Van Zandt zu stellen. Meine Frage war: Wenn die Polizei die Jacke nicht hatte, wer dann? Hatte der Hund sie zu Lorinda Carlton zurückgeschleppt? Als Trophäe für seine Mühen? Waren Carlton oder Van Zandt meinen Spuren gefolgt und hatten sie gefunden? Wenn Van Zandt das Rezept mit meinem Namen darauf entdeckt hatte, was würde dann passieren?
    Ungewissheit ist stets die Hölle für verdeckte Ermittlungen. Ich hatte ein Kartenhaus erbaut, hatte mich der einen Gruppe als eine bestimmte Person dargestellt, der zweiten als eine andere. Diese Entscheidung bedauerte ich nicht. Ich kannte das Risiko. Der Trick dabei war, Ergebnisse zu bekommen, bevor das Kartenhaus zusammenfiel. Aber ich war dem Ziel, Erin Seabright zurückzuholen, nicht näher gekommen, und wenn meine Tarnung bei den Pferdeleuten aufgeflogen war, hatte ich bei denen total verspielt und Molly im Stich gelassen.
    Ich fütterte die Pferde und überlegte, ob ich Landry anrufen oder warten sollte, dass er zu mir kam. Ich wollte wissen, wie das Verhör von Van Zandt gelaufen war und was Jill Morones Autopsie ergeben hatte. Wie ich darauf kam, dass er mir, nach dem, was er gestern Abend getan hatte, irgendwas erzählen würde, wusste ich nicht.
    Ich stand vor Felikis Box und sah ihr beim Fressen zu. Die Stute war von kleiner Statur und hatte einen ziemlich großen, unfemininen Kopf, aber dafür ein Herz und ein Ego so groß wie das eines Elefanten und dazu noch eine gewisse Hochnäsigkeit. Auf dem Parcours erteilte sie eleganteren Pferden regelmäßig eine Abfuhr, und wenn sie dazu fähig gewesen wäre, hätte sie ihren Rivalen bestimmt den Stinkefinger gezeigt.
    Sie legte die Ohren an, warf mir einen Blick zu und schüttelte den Kopf, als wollte sie sagen, warum schaust du denn so?
    Ich musste lachen, eine erfreuliche Überraschung inmitten all der Unerfreulichkeiten. Ich zog ein Pfefferminzbonbon aus der Tasche. Beim Rascheln des Papiers stellte die Stute die Ohren auf und streckte den Kopf über die Boxentür, setzte ihren hübschesten Gesichtsausdruck auf.
    »Du bist mir so eine«, sagte ich. Vorsichtig nahm sie den Leckerbissen aus meiner Hand und zerkaute ihn. Ich kraulte sie unter dem Kinn, und sie schmolz dahin.
    »Ja, ja«, murmelte ich, während sie mich mit der Nase anstupste, nach weiteren Leckerbissen suchte. »Du erinnerst mich an mich. Nur dass mir niemand Leckerbissen gibt.«
    Reifen knirschten auf dem Kies. Ein silberfarbenes Auto hielt vor dem Stall.
    »Sieh an«, sagte ich zu der Stute. Sie schaute zu Landrys Auto, die Ohren gespitzt. Wie alle Alphastuten war Feliki ständig wachsam vor Eindringlingen und Gefahr. Sie wirbelte in der Box herum, wieherte und trat gegen die Wand.
    Ich ging Landry nicht entgegen. Sollte er doch zu mir kommen. Stattdessen holte ich D’Artagnon heraus und führte ihn zu einer Pflegebox. Aus dem Augenwinkel sah ich Landry näher kommen. Er trug Arbeitskleidung. Der Morgenwind wehte ihm die Krawatte über die Schulter.
    »Sie sind ja schon früh auf für jemanden, der letzte Nacht auf Achse war«, sagte er.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.« Ich nahm eine Bürste aus dem Schrank und striegelte das Pferd so oberflächlich, dass Irina mich böse angefunkelt und was auf Russisch gemurmelt hätte, wenn heute nicht ihr freier Tag gewesen wäre.
    Landry lehnte sich an eine Säule, die Hände in den Taschen. »Sie wissen nicht zufällig etwas über einen Einbruch im Stadthaus von

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