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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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tauchte nicht auf. Ich hörte, wie eine Frau an der Bar nach ihm fragte, und dachte, das müsse Lorinda Carlton sein: Ende vierzig, mit dem Aussehen einer billigen Cher-Imitation. Wenn sie es war, dann musste Van Zandt sie wegen unseres Treffens angerufen haben. Aber von Van Zandt war nichts zu sehen.
    Gegen elf sah ich Irina mit einer Freundin hereinkommen. Cinderellas, die noch rasch fünf Dollar für einen Drink springen lassen und mit ein paar Polospielern flirten, bevor sich ihre Kutschen in Kürbisse verwandeln und sie in ihre Pensionszimmer und Stallwohnungen zurückkehren müssen.
    Kurz vor Mitternacht versuchte Mr. Baseball sein Glück erneut.
    »Letzte Möglichkeit für Romantik.« Das gewinnende Lächeln, die Augenbrauen hochgezogen.
    »Was?«, fragte ich, tat erstaunt. »Sie waren den ganzen Abend hier und haben kein süßes junges Ding am Arm?«
    »Ich hab mich für Sie aufgehoben.«
    »Immer den richtigen Spruch parat.«
    »Soll ich mir einen neuen ausdenken?«, fragte er.
    »Sie sollten lieber ganz schnell verschwinden, Bubi.« Landry baute sich vor ihm auf und zeigte ihm seine Dienstmarke.
    Mr. Baseball sah mich an.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich hab doch gesagt, dass ich nichts als Ärger mache.«
    »Sie frisst Sie bei lebendigem Leib, Bubi.« Landry grinste wie ein Hai. »Und nicht auf angenehme Weise.«
    Baseball deutete einen kleinen, resignierten Gruß an und verzog sich.
    »Was war das denn?«, fragte Landry leicht beunruhigt und setzte sich auf den freien Stuhl.
    »Ein Mädchen muss sich die Zeit vertreiben.«
    »Haben Sie Van Zandt aufgegeben?«
    »Offiziell würde ich sagen, ich bin sitzen gelassen worden. Und ich steh offiziell wie ein Trottel da. Hat Dugan seine Hunde zurückgepfiffen?«
    »Vor fünf Minuten. Er hat auf Sie gesetzt. Das heißt schon was.«
    »Setzen Sie nie auf einen Außenseiter«, riet ich ihm. »Neun von zehnmal zerreißen Sie Ihren Wettschein.«
    »Aber man bekommt alles zurück, wenn einer über die Ziellinie geht«, wies er mich hin.
    »Dugan kommt mir nicht wie ein Hasardeur vor.«
    »Ihnen kann doch egal sein, was Dugan denkt. Sie sind ihm ja nicht unterstellt.«
    Ich wollte nicht zugeben, dass es mir wichtig war, etwas von dem Respekt zurückzugewinnen, den ich zerstört hatte, als meine Berufslaufbahn endete. Ich wollte nicht zugeben, dass ich es Armedgian hatte zeigen wollen. Ich hatte das unangenehme Gefühl, dass ich es nicht aussprechen musste. Landry beobachtete mich genauer, als mir lieb war.
    »Das war ganz schön mutig, Van Zandt einfach so anzurufen«, erinnerte er mich. »Und es hätte klappen können. Was hat er gesagt, als Sie ihn fragten, ob er Zeit hätte?«
    »Er sagte, er müsse noch was erledigen. Hat vermutlich Erins Leiche verschwinden lassen.«
    »Ich hab Lorinda Carlton gesehen«, sagte Landry. »Hab sie angesprochen, als sie gehen wollte.«
    »Langer Zopf mit einer Feder drin?«, fragte ich. »Auf dem Randstreifen der Modeautobahn stehen geblieben?«
    Meine Beschreibung schien ihn zu amüsieren. »Nicht schlecht.«
    »Na ja, jede Frau, die dumm genug ist, sich auf Van Zandt einzulassen, kann von mir keine Achtung erwarten.«
    »Da stimme ich Ihnen zu«, meinte er. »Die hat eine Extraportion Dummheit abgekriegt. Ich wette hundert Dollar darauf, dass sie das blutige Hemd gesehen, Van Zandt sogar geholfen hat, es loszuwerden, und ihn immer noch für den Märchenprinzen hält.«
    »Was hatte sie heute Abend zu sagen?«
    Er schnaubte. »Die würde nicht mal die Feuerwehr rufen, wenn ich in Flammen stände. Sie hält mich für böse. Sie hatte nichts zu sagen. Aber ich glaube nicht, dass sie hergekommen ist, um Männer aufzureißen. Für die besteht ein schöner Abend wahrscheinlich darin, Räucherstäbchen anzuzünden und schlechte Lyrik laut vorzulesen, kann ich mir vorstellen.«
    »Sie hat den Barmann gefragt, ob er Van Zandt gesehen hätte«, sagte ich.
    »Dann ist sie hergekommen, weil sie erwartete, ihn hier zu treffen. Sehen Sie? Sie lagen gar nicht so weit vom Schuss.«
    Die Bar schloss, die Kellnerinnen stellten die Stühle hoch und trugen Gläser zurück zur Bar. Ich erhob mich langsam, steif und voller Schmerzen von meinen Abenteuern der letzten paar Tage. Für die Kellnerin ließ ich einen Zehner auf dem Tisch liegen.
    Landry hob die Augenbraue. »Großzügig.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Sie hat einen Scheißjob, und ich hab ein Treuhandvermögen.«
    Wir gingen zusammen hinaus. Die Jungs vom Parkservice waren schon weg.

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