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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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nach dem nächsten viel versprechenden Gesprächspartner im Raum.
    Ich fand einen kleinen Tisch in einer Ecke der Bar und setzte mich mit dem Rücken zur Wand, sodass ich den Raum überblicken konnte. Ich bestellte Tonic und Lime und wehrte einen Ex-Baseball-Star ab, der wissen wollte, ob er mich kannte.
    »Nein«, sagte ich, amüsiert darüber, dass er mich aus der Menge rausgepickt hatte. »Und das wollen Sie auch nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich nichts als Ärger mache.«
    Er ließ sich auf den anderen Stuhl gleiten und beugte sich über den Tisch. Sein Lächeln hatte auf vielen Anzeigen für billige Ferntransporte und farbenfrohe Unterwäsche gestrahlt. »Da haben Sie das Falsche gesagt. Jetzt bin ich neugierig.«
    »Und ich warte auf jemanden.«
    »Glücklicher Kerl. Was hat er, das ich nicht habe?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte ich mit einem Halblächeln. »Ich hab ihn noch nicht in Unterwäsche gesehen.«
    Er spreizte die Finger und grinste. »Ich habe keine Geheimnisse.«
    »Sie haben kein Schamgefühl.«
    »Nein. Aber ich kriege das Mädchen immer.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Diesmal nicht, Ace.«
    »Belästigt Sie dieser Typ, Elle?«
    Ich sah auf. Don Jade stand neben mir, einen Martini in der Hand.
    »Nein, ich fürchte, ich belästige ihn«, erwiderte ich.
    »Oder so.« Mr. Baseball ließ seine Augenbrauen hüpfen. »Sie warten doch nicht etwa auf den?«
    »Doch, um ehrlich zu sein.«
    »Selbst nachdem Sie mich in meiner Unterwäsche gesehen haben?«
    »Ich mag Überraschungen. Was soll ich sagen?«
    »Versprechen Sie mir, dass Sie ihn später abwimmeln.« Er erhob sich. »Ich bin am Ende der Bar.«
    Ich sah ihm nach, war erstaunt, dass ich das Flirten genossen hatte.
    »Schauen Sie nicht so beeindruckt«, meinte Jade und setzte sich auf den frei gewordenen Stuhl. »Große Klappe und nichts dahinter.«
    »Und woher wollen Sie das wissen?«
    Er sah mich durchdringend an, was im Widerspruch zu dem Drink in seiner Hand stand. Jade war so nüchtern wie ein Richter. »Sie wären erstaunt über die Dinge, die ich weiß, Elle.«
    Ich nahm einen Schluck von meinem Tonic, fragte mich, ob er über mich Bescheid wusste, ob Van Zandt es ihm gesagt hatte oder Trey oder ob man ihn absichtlich im Dunkeln gelassen hatte.
    »Nein, das glaube ich nicht«, gab ich zurück. »Ich bin sicher, Ihnen entgeht nicht viel.«
    »Das stimmt.«
    »Waren Sie deswegen gestern so lange bei den Detectives?«, fragte ich. »Weil Sie ihnen so viel zu erzählen hatten?«
    »Nein, ich befürchte, der Mord an Jill ist etwas, worüber ich gar nichts weiß. Sie etwa?«
    »Ich? Absolut nichts. Sollten wir jemand anderen fragen? Van Zandt kommt später her. Sollen wir ihn fragen? Ich habe das Gefühl, der könnte uns ein paar Geschichten erzählen, die uns die Haare zu Berge stehen lassen.«
    »Es ist nicht schwierig, jemanden dazu zu bringen, Ihnen eine Geschichte zu erzählen, Elle«, meinte Jade.
    »Nein. Jemandem die Wahrheit zu entlocken, das ist schwierig.«
    »Und danach suchen Sie? Nach der Wahrheit?«
    »Sie kennen den Spruch: Die Wahrheit macht frei.«
    Er trank seinen Martini und schaute in die Ferne. »Das hängt alles davon ab, wer man ist, nicht wahr?«
     
    Das Mädchen wartete unter der Lampe an der Hintertür. Ihr Haar stand wie eine Löwenmähne um ihren Kopf. Sie trug eng anliegende, schwarze Leggins, die ihre langen Beine betonten, und eine Jeansjacke; ihr Mund war dunkel geschminkt. Sie rauchte eine Zigarette.
    Zumindest glaubte Van Zandt, dass sie das Avadon-Mädchen war. Diese Mädchen sahen immer anders aus, wenn sie nicht im Stall waren.
    Van Zandt öffnete die Autotür und stieg aus, überlegte, ob er sie nicht von dem Haus weglocken, sie ins Auto schubsen und losfahren sollte. Aber die Möglichkeit, dass ein zufälliger Zeuge aus der Hintertür der Bar kam, war ein zu großes Risiko. Noch als er das dachte, öffnete sich die Tür und ein schwergewichtiger Mann trat unter das Licht. Er baute sich dort auf, mit gespreizten Beinen, die Hände vor sich verschränkt. Das Mädchen sah zu ihm auf, lächelte breit und sagte etwas auf Russisch.
    Auf halber Strecke zwischen dem Auto und dem Haus überkam Van Zandt eine Vorahnung. Seine Schritte wurden langsamer. Der große Russe hielt etwas in der Hand. Vielleicht eine Waffe.
    Hinter ihm öffneten sich Autotüren und Schuhsohlen knirschten auf dem Asphalt.
    Er hatte einen furchtbaren Fehler gemacht, dachte er. Das Mädchen war jetzt so nahe, dass er sah, wie sie den

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