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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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was ihre Aufmerksamkeit auf den Tanga lenkte.
    Er war zu klein für sie, die dünnen Bänder schnitten in das Fett auf ihren Hüften. Schamhaar kräuselte sich zu beiden Seiten aus dem winzigen Stück schwarzer Spitze. Sie drehte sich um und betrachtete ihren Hintern, nackt und weiß, breit und voll kleiner Dellen. Der Tangastring kniff in der Poritze, aber daran sollte sie sich besser gewöhnen. Der Tanga war sexy. Männer waren heiß darauf. Wenn diese blöde Erin nur nicht so dürr gewesen wäre. Vielleicht waren Tangas für jemand von normaler Größe nicht so unbequem.
    Na, egal. Schließlich hatte er sie nichts gekostet. Und es machte sie an, etwas zu tragen, das jemand anderem gehörte. Sie nahm Erins Platz ein – im Stall und in der Welt. Nachdem Erin weg war, konnte Jill die Kokette sein. Jill konnte die Clevere sein.
    Aber sie würde nach wie vor im Schatten von Paris Montgomery stehen.
    Diese Fotze.
    Mürrisch verzog Jill das Gesicht, was ihr Spiegelbild nicht gerade hübscher machte.
    Sie hasste Paris. Sie hasste ihr Lächeln, hasste ihre großen Augen, ihr blondes Haar. Sie hasste Paris mehr als sie Erin gehasst hatte. Und sie hatte beide zusammen mehr gehasst als alles andere. Zusammen waren die beiden wie die beliebten Mädchen in der Schule gewesen: zu cool, um mit jemandem wie Jill befreundet zu sein; tauschten dauernd irgendwelche Anspielungen und boshafte Blicke aus. Zumindest war dieser Scheiß jetzt vorbei. Aber da war immer noch Paris.
    Männer kriegten sich einfach nicht mehr ein, wenn sie Paris sahen. Sie konnte jeden dazu bringen, alles für sie zu tun. Niemand schien zu erkennen, dass sie nur eine große Schwindlerin war. Alle hielten sie für so lustig und lieb und nett. Sie war nicht die Bohne nett. Wenn keiner hinsah, war sie herrisch und gehässig und gemein. Dauernd machte sie abfällige Bemerkungen darüber, dass Jill zu viel aß und Jill mehr Bewegung brauchte und Jill nicht wusste, wie man sich anzieht.
    Jill betrachtete sich von Kopf bis Fuß im Spiegel und sah plötzlich, was Paris Montgomery sah. Nicht die aufreizende Frau in aufreizender Spitzenwäsche, sondern ein Mondgesicht mit kleinen Schweinsaugen und säuerlich herabgezogenen Mundwinkeln, fetten, schwabbeligen Armen, dicken Beinen mit Grübchen an den Knien; ein Körper, den sie so sehr hasste, dass sie oft mit dem Gedanken spielte, ein Messer zu nehmen und große Scheiben davon abzuschneiden. Hässlich und Mitleid erregend in ihrer gestohlenen, zu kleinen Unterwäsche.
    Tränen traten ihr in die Augen und ihr Gesicht bekam rote Flecken. Sie konnte doch nichts dafür, dass sie dick war. Ihre Mutter hatte das geschehen lassen, als Jill ein Kind war. Daher konnte sie nichts dafür, wenn sie jetzt die falschen Sachen aß. Und es war nicht ihre Schuld, dass sie sich zu wenig bewegte. Nach der Arbeit war sie müde – auch wenn diese bescheuerte Paris ihr dauernd vorwarf, nicht hart genug zu arbeiten.
    Warum sollte sie für Paris härter arbeiten? Paris gab ihr nicht den Ansporn, härter zu arbeiten, und wenn sie deswegen nicht so viel schaffte, wie Paris wollte, dann war das Paris’ Schuld. Und es war auch nicht Jills Schuld, dass sie nichts Hübsches zum Anziehen hatte. Sie bekam nicht genug Geld, um sich hübsche Dinge zu kaufen. Sie musste sich die hübschen Dinge klauen. Und sie verdiente sie ebenso sehr wie alle anderen – eigentlich noch mehr, wenn man bedachte, wie sehr die anderen sie schikanierten.
    Aber sie würde es Paris Montgomery zeigen, dachte sie, und durchwühlte den Kleiderhaufen auf dem ungemachten Bett. Sie würde Paris Montgomerys Platz einnehmen, genau wie sie Erins Platz eingenommen hatte.
    Jill war davon überzeugt, dass sie eine ebenso gute Reiterin sein konnte wie Paris, wenn ihr nur jemand die Chance dazu gab. Sie hatte nur nie ein gutes Pferd gehabt. Ihr Vater hatte ihr einen lausigen, billigen Appaloosa zum Reiten gekauft. Wie sollte sie es auf dem Gaul in der Springreiterei zu etwas bringen? Jill hatte mal einen Brief an den Bruder ihrer Mutter geschrieben und ihn gebeten, ihr ein richtiges Pferd zu kaufen. Sie sah nicht ein, warum nicht. Schließlich war er reich. Was waren schon siebzig- oder achtzigtausend Dollar für ihn? Aber sie hatte nie eine Antwort bekommen. Geizkragen!
    Ihm würde sie es auch zeigen. Sie würde es allen zeigen. Sie würde reich werden, würde die besten Pferde reiten und ins Olympiakader kommen. Das hatte sie schon alles geplant. Ihr fehlte nur noch der Einstieg, und

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