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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Hauptmann einschätzte, würde der ihm sagen, was er wissen musste, sobald er das Gefühl hatte, dass es der einfachste Weg war, ihn loszuwerden.
    » Wollte ich das? Nun, Apei Ludgars Frau wohnt in der Korbgasse, aber seid vorsichtig bei ihr. Sie hat Haare auf den Zähnen und ist bei weitem nicht so gutmütig wie ich. Und nun trollt Euch.«
    Faran Ured verabschiedete sich mit einer demütigen Verbeugung. Er hörte aber noch, dass der Leutnant vorschlug, in der Umgebung Erkundigungen einzuziehen, denn vielleicht habe ja unten am See jemand etwas gehört oder gesehen, und schaden könne es doch nicht. Er war wirklich gar nicht so dumm. Der Hauptmann gab mürrisch seine Einwilligung. Es war wohl nicht zu verhindern, dass sich auch einige Soldaten zur Köhlerhütte aufmachen würden, aber Faran Ured nahm an, dass man dort darauf vorbereitet war.
    Es war ein Loch, ein großes schwarzes Loch, und es würde ihn verschlingen. Er hatte Namen für alle möglichen Dinge: Dies war ein Tisch, das dort ein Fenster, jenes eine Tür. Da waren ein Branntweinkrug, ein Mann und eine junge Frau. Er selbst hatte Arme und Hände, und dort, im Boden, steckte eine Axt. Er hatte für all diese Dinge und Menschen Namen in wenigstens zwei Sprachen, nur für sich selbst, da hatte er keinen, er war namenlos. Während Vater und Tochter sich stritten, versuchte er, sich an irgendetwas zu erinnern. Aber da war nichts, alles war leer, finster, ein bodenloser Abgrund. Er fühlte sich wie ein Mann, der in einen schwarzen Brunnen blickt und Steine hineinwirft, dem aber kein Echo verraten will, wie tief dieser Brunnen war und ob es überhaupt Wasser darin gab. Wer war er? Und was machte er in dieser düsteren Hütte? Die Axt. Er hatte sie plötzlich in der Hand gehalten – es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte dem Mädchen die Kehle damit durchtrennt. Es war der erste Anblick gewesen, als er die Augen aufgeschlagen hatte: ein Mädchen mit hellen Haaren, das sich über ihn beugte. Ihre Berührung war warm gewesen, fürsorglich und zärtlich, und er hatte sie zum Dank zu Boden geworfen und fast getötet. Er schloss die Augen. Er erinnerte sich daran, dass er etwas gefühlt hatte, als er die Klinge an den weichen Hals gedrückt hatte. Lust. Er hatte für den Bruchteil eines Augenblicks eine rasende Lust verspürt, diesen Hals zu durchtrennen und das warme Blut herausströmen zu sehen. Jetzt erschreckte ihn der Gedanke zutiefst, und er fühlte nur noch Scham. Und das Seltsamste war, dass er diese Axt über der Tür gesehen hatte, keine Sekunde, bevor er sie dem Mädchen an die Kehle gesetzt hatte. Sie stritt sich mit ihrem Vater, zuerst seinetwegen, dann ging es um ganz andere Dinge, und er hörte nicht einmal mehr zu, doch langsam verstummte der Streit, und sie blickten ihn erwartungsvoll an.
    » Wie?«, fragte er schlicht.
    » Du musst dich doch an irgendwas erinnern, Anuq«, sagte die Tochter.
    Er dachte nach. Es gab doch etwas, ein Gefühl, tief in diesem lichtlosen Brunnen. Es war Zorn. » Das ist nicht mein Name«, erklärte er.
    » Wärst du dann so gütig, uns deinen richtigen Namen zu verraten?«, verlangte das Mädchen.
    Der Zorn wurde stärker. » Ich weiß es nicht!« Er fühlte sich beleidigt, denn man hatte ihm seinen richtigen Namen gestohlen. Anuq, das war der Name eines Raubvogels, des Schwarzen Sperbers. So hieß er sicher nicht. Anuq war gerade einmal besser als gar kein Name. Sollte er dem Mädchen etwa dafür dankbar sein? Er war wütend, und dieses Gefühl schien ihm vertraut.
    » Weißt du denn, wo du herkommst? Oder was du gestern gemacht hast?«
    Er schüttelte den Kopf. Alles, was hinter ihm lag, war in Finsternis verborgen. Manchmal war ihm, als könne er doch etwas erhaschen, ein Aufblitzen dunkler und grimmiger Bilder, aber immer, wenn er glaubte, ein Erinnerungsbild erkennen zu können, schob sich ein schwarzer Schatten davor.
    » Vielleicht bist du auch von Räubern überfallen worden«, vermutete das Mädchen.
    Er zuckte mit den Schultern.
    » Ein Schlag auf den Kopf vielleicht«, stimmte ihr der Vater jetzt zu. Es war das erste Mal, dass sie einer Meinung zu sein schienen. » Ich habe so etwas mal bei einem Faustkämpfer erlebt, beim Jahrmarkt«, fügte er hinzu. » War ein Mordskerl, aber er weinte wie ein Mädchen, als er aufwachte und nicht mehr wusste, wo er war. Das war in dem Jahr, in dem ich das Ringerturnier gewonnen habe, Ela, du wirst dich nicht mehr erinnern, aber …«
    » Ich erinnere mich, dass du mir

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