Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Magiers gehabt zu haben. Und jetzt hatte ihn eine Köhlertochter erledigt, einfach so. Sie schüttelte lachend den Kopf. Es war unfassbar. Und sie hatte Sahif mitgenommen!
Jamade überlegte fieberhaft, was sie tun konnte. Da lag der verweste Leichnam eines untoten Wächters, ein überaus unschöner Anblick. Das hieß vermutlich, dass auch die anderen Sklaven ohne ihren Meister nicht überlebt hatten. Dann fiel Jamades Blick auf den Tisch mit den Karaffen und Flaschen. Sie erkannte die wieder, deren Inhalt Sahif zur Schwelle bringen sollte. Grimmig nahm sie die Flasche an sich und achtete darauf, dass sie gut verschlossen war. Dann machte sie sich auf den Weg. Sie rannte in die Kammer, in der sie Ainas Sachen abgelegt hatte, und zog sich um. Sie rief die Ahnen, und wie sie es vermutet hatte, gelang es ihr, die Gestalt zu wechseln. Es war wohl wirklich so, wie man sagte: Der Tod beendete jeden Zauber. Aber wie hatte Ela Grams es nur geschafft, sich an den Marghul heranzuschleichen? Sie blieb für einen Augenblick Aina, aber dann wechselte sie die Gestalt erneut. Die beiden hatten einen Vorsprung. Sie musste sie jagen, und dazu war Jamades Körper doch wesentlich besser geeignet. Sie warf sich ihre Tasche über den Rücken und rannte die Treppen hinunter aus dem Haus, über den Hof und durch das offene Tor. Die beiden waren nirgends zu sehen. Jamade rannte weiter, und sie drehte sich nicht ein einziges Mal um.
» Die andere Frau ist jetzt auch weg«, sagte der ältere dunkelhaarige der beiden Jungen, der aus einem Fenster in den Hof starrte.
» Es sind also auch andere nicht gestorben«, sagte Nirwa, seine Schwester.
» Aber die Sklaven schon«, erwiderte der jüngere blonde Knabe.
» Koch und Köchin nicht«, stellte der Ältere fest.
» Wir sollten endlich nach Meister Udaru sehen«, schlug das Mädchen ungeduldig vor.
Sie fassten einander bei den Händen und gingen durch das nun völlig stille Gebäude, die Treppe hinauf und durch den dunklen Gang, der bis in das größte Arbeitszimmer ihres Vormundes führte. Das Mädchen spürte sein Herz bis zum Hals schlagen, aber es trat als Erste durch die offene Tür.
» Er hat es nicht gern, wenn wir ohne seine Erlaubnis herkommen«, gab der Blonde zu bedenken.
» Er ist vielleicht auch weg«, meinte das Mädchen unsicher.
» Nein, er verlässt die Festung doch nie«, widersprach der Ältere.
» Sieh nur, dort!«, rief Nirwa, die sich noch weiter vorgewagt hatte. Dort lag noch eine verweste Leiche, so wie sie schon im dunklen Gang eine gesehen hatten. Aber das meinte sie nicht. Da war noch ein weiterer lebloser Leib am anderen Ende des Raumes.
Sie liefen hinüber zum kopflosen Körper des Marghul.
» Er ist auch tot«, stellte das Mädchen ernst fest.
» Dort drüben liegt sein Kopf«, rief der Jüngere.
Eine Weile standen sie unschlüssig zwischen Kopf und Leib. » Sollen wir ihn beerdigen?«, fragte der Ältere.
Die beiden anderen stimmten seinem Vorschlag zu, konnten sich aber nicht einigen, wer den Kopf aufheben sollte. Schließlich wagte es der Ältere, er bückte sich und hielt erschrocken inne. » Seine Lippen bewegen sich«, rief er.
Die beiden anderen kamen dazu. Nirwa kniete sich neben den Kopf, beugte sich weit hinunter und lauschte auf das, was der Kopf flüsterte. » Er sagt, wir sollen den Kopf wieder auf den Leib setzen«, erklärte sie schließlich. Dann hob sie den Schädel vorsichtig auf und brachte ihn hinüber zum Körper. Sie konnte sehen, dass ihre beiden jüngeren Brüder Angst hatten. Gemeinsam versuchten sie, den Kopf auf den Hals zu setzen, aber er hielt nicht. Wieder flüsterte der Kopf etwas, und das Mädchen beugte sich hinab und hörte aufmerksam zu.
» Was sagt er?«, fragte der jüngere Knabe.
» Du musst herkommen, dann kann ich es dir ins Ohr flüstern«, sagte Nirwa, und als der Junge neugierig zu ihr kam, zog sie ihr Messer und stach es ihm in den Hals.
Mit einem hellen Gurgeln ging der Knabe in die Knie. » Er sagt, er braucht Blut, viel Blut, Bruder«, sagte das Mädchen und sah zu, wie sich das Blut des Jungen über den plötzlich zuckenden Leib des Marghul ergoss. Der andere sah einfach nur zu, und aus seiner Miene war nichts abzulesen außer ernsthaftem Interesse. Das Mädchen behielt das Messer in der Hand. Es war sich nicht sicher, ob das Blut eines Knaben reichen würde.
Gajan starrte auf das graue Auf und Ab der Wellen. Es war Morgen, und er fragte sich, ob sie ihr Ziel nicht bald erreichen würden. Der tote
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