Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
überlistet, beide besiegt! Ein ungekanntes Hochgefühl durchströmte ihn. Er ging hinüber zu Kisbara, die sich kaum noch regte. Sie war zu einer geschrumpften, hässlichen Greisin verkümmert, aber sie lebte noch. » Blut, Hamoch. Gebt mir Blut«, bat sie krächzend.
Er schüttelte den Kopf. » Es ist vorbei, Kisbara, begreift es doch. Ich habe Euch überlistet.«
» Wie schlau von Euch, Hamoch, wie schlau. Ihr seid ja doch noch ein guter Schüler geworden«, wisperte sie.
» Ich verzichte auf Eure Schmeicheleien. Ich brauche weder sie noch Euch, Meisterin.«
» Mag sein«, flüsterte sie, » mag sein.« Sie ächzte, und ihr faltiges Greisengesicht lächelte plötzlich. » Dann bringt es zu Ende, Hamoch. Der Stab. Ich kann nicht hinübergehen, solange der Stab in mir steckt. Nehmt ihn, behaltet ihn, Ihr habt ihn Euch verdient.«
Hamoch erhob sich und legte die Hand auf den Knauf. Aber dann hielt er inne. Er hatte behauptet, dass er sie nicht mehr brauchte, aber das stimmte nicht. Sie war erfahren und gerissen, sie konnte eine gute, wenn auch gefährliche Ratgeberin werden. Er schüttelte den Kopf und sah mitleidlos auf seine Meisterin hinab. » Nein, Kisbara, Ihr habt Euch den Tod noch nicht verdient. Ich denke, ich werde Euch noch ein wenig am Leben lassen, und vielleicht gebe ich Euch von Zeit zu Zeit ein wenig Blut, wenn Ihr tut, was ich verlange.«
» Herr, wollt Ihr die Hexe wirklich am Leben lassen?«, fragte Esara.
» Offenbar kann sie nicht sterben, wenn dieser Stab in ihr steckt. Also werden wir ihn da lassen. Wir ketten sie in einer der Kammern an. Ich denke, sie wird sich noch als nützlich erweisen.«
» Nein! Nein«, krächzte Kisbara. » Das dürft Ihr nicht!«
» Was er darf und was nicht, das ist nun seine Entscheidung, Hexe. Er ist nun der Meister – und Ihr die Sklavin!«, zischte Esara, und Hamoch sah ihr an, wie sehr sie es genoss, ihre Feindin zu ihren Füßen zu sehen. Und sie hatte Recht: Er war nun der Meister, der einzige Zauberer in Atgath.
Ela verfolgte den Flug der Möwen, aber das war schwierig, denn sie konnte wegen ihrer Tränen nur verschwommen sehen. Sie saß auf einem kleinen Felsvorsprung, mit ausgekugeltem Arm, gebrochenen Rippen und ohne eine Möglichkeit, dieser Falle zu entkommen. Und dieses falsche Weib war nun dort oben und vermutlich gerade dabei, Sahif zu töten. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so verloren und hilflos gefühlt. Sie konnte nur auf ein Wunder hoffen.
» Ein herrlicher Anblick, nicht wahr?«, sagte eine Stimme von oben.
Ela wischte sich die Tränen aus den Augen und blickte ungläubig hinauf. Ein schmächtiger Mann mit grauen Locken saß auf der Mauer, ließ die Beine baumeln und lächelte.
» Hilfe! Ihr müsst mir helfen!«, rief sie.
» Muss ich das? Wirklich?«
» Wer seid Ihr? Und wie kommt Ihr hierher?«, fragte Ela verwirrt.
» Du kannst mich Iwar nennen. Und wie ich herkomme? Zu Fuß, würde ich sagen.«
Der Name kam Ela bekannt vor, aber sie wusste nicht, woher. » Ihr könntet aufhören, mich zu verspotten, und mir helfen!«, verlangte sie.
» Ich könnte, aber ich gebe zu, ich bin noch unentschlossen.«
» Bitte!«, sagte Ela.
» Ah, das klingt schon besser«, meinte der Mann, machte aber keine Anstalten, sich zu rühren.
» Ihr seid der, den sie den Richter nennen, oder?«, rief sie, denn ihr war wieder eingefallen, woher sie den Namen kannte. Doch warum half ihr der Mann nicht?
» So nennen sie mich, aber nur, weil sie Angst haben auszusprechen, was ich wirklich bin.«
» Und das wäre?«, fragte Ela hilflos.
» Ich bin ein Meister der Schatten. Dort drüben, der Turm – aber ich glaube, du kannst ihn von dort unten nicht sehen –, das war für lange Jahre mein Zuhause. Dort habe ich deinen Freund Sahif einige Zeit ausgebildet – und auch Jamade, die du, wie ich weiß, inzwischen auch kennengelernt hast.«
» Ist das dieses falsche Weib?«
» Ja, eine Frau mit erstaunlichen Fähigkeiten und ohne den Ballast eines Gewissens. Ich war übrigens beeindruckt, dass du sie beinahe erwischt hättest. Wo hast du so kämpfen gelernt?«
» In Atgath«, gab Ela einsilbig zurück.
» So schroff? Soll ich dir nun helfen oder nicht?«
Ela sah ihn schweigend an.
» Ich verstehe, dir ist nicht nach Scherzen. Weißt du, wir müssen ein wenig Zeit totschlagen, denn Jamade hat noch nicht, was sie braucht.«
» Sie wird Sahif umbringen. Wie könnt Ihr das zulassen? Er war doch auch ein Schüler von Euch.«
» Das ist
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