Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
Vom Netzwerk:
blieb stehen, und Adele wurde klar, dass er höchstwahrscheinlich neugierig war, was in der Nachricht stand. Doch wie jeder gute Diener wusste er, wo sein Platz war. Er straffte den Rücken, drehte sich auf dem Absatz um und ging, ohne auch nur ein einfaches »Wenn Sie gestatten« über die Lippen zu bringen. Wie überaus frustrierend es für ihn sein musste, Zeuge der Interaktion zwischen seinem Herrn und der Gefangenen zu werden, und bei der Angelegenheit kein Mitspracherecht zu haben, erkannte Adele mit einem Grinsen. Sie wandte sich wieder der Notiz zu, die ihre Neugier äußerst auf die Folter spannte. Was konnte Gareth geschrieben haben? Es war unglaublich aufregend, sein kreatives Bewusstsein wachsen zu sehen.
    Schnell faltete sie das Blatt auseinander. Der Atem stockte ihr, und beinahe hätte sie die Nachricht ins knisternde Feuer fallen lassen. Mit einem wehleidigen Maunzen wand sich Liebling in ihren Armen, um besseren Halt zu finden, doch Adele hörte es nicht. Ihr Blick klebte an den Worten der Nachricht.
    Es tut mir leid Adayla.
    Sie musste die Hand ausstrecken, um sich am Kaminsims festzuhalten. Unter Protest fiel Liebling zu Boden, strich ihr aber fragend um die Beine. Die Bedeutung dieser Nachricht versetzte sie in Erstaunen. Ein Vampir verstand ein Konzept wie Vergebung und sehnte sich danach!
    Zum ersten Mal seit so vielen Wochen hörte Adele die Stimme von Greyfriar zu ihr sprechen. Sie schloss die Augen, als sie sich an seinen männlichen Tonfall erinnerte, der einst von Rettung und Hoffnung geflüstert hatte. Die Freude, die sie in seiner Gegenwart gekannt hatte, durchströmte sie wieder. Sie erinnerte sich an das Gewicht seiner Hände auf ihren Schultern in Canterbury und die absolute Sorge um ihr Wohlergehen, die weit über die Rettung einer Thronerbin von Equatoria hinausging. Das hatte sie sich nicht eingebildet.
    Ihre Finger strichen über die Buchstaben der Notiz, und sie lächelte über seinen Versuch, ihren Namen zu buchstabieren. Er hatte ihn noch nie in seiner geschriebenen Form gesehen, deshalb hatte er keine Ahnung, wie er ihn nachbilden musste. Jeder Buchstabe war mit so sanfter Präzision geschrieben. Nur die Lettern ihres Namens verrieten ein leichtes Zittern seiner Hand. Es lag solche Macht in Namen.
    Sie hatte sich in ihm geirrt, so sehr geirrt. Wenn auch nur eine entfernte Chance bestand, dass er in allem, was er ihr gesagt hatte, aufrichtig gewesen war, dann musste sie dies zu Ende bringen. Um der reinen Möglichkeit des Friedens willen und wegen ihres eigenen Wunsches, dass er es ernst meinte.
    Vielleicht steckte ebenso viel von Greyfriar wie von Gareth in ihm. Vielleicht sogar mehr.

26
    26
    A dele lockerte die Decke um ihre Schultern ein wenig, während sie sich dem großen Saal näherte. Sie konnte eine Welle von Wärme spüren und sah ein helles Leuchten in der Ferne. Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob die Burg in Flammen stand. Ihre Schritte beschleunigten sich, als sie auf die strahlende Hitze zueilte, die den Korridor erfüllte. Durch die Tür am Ende fiel so gleißendes Licht, dass sie hätte schwören können, sie führe nach draußen ins Tageslicht, obwohl es Abend war und sie sich tief im Innern der Burg befand.
    Als sie die Hand nach dem schmiedeeisernen Griff ausstreckte, schwang die Tür auf. Baudoin stand vor ihr. Jedes Mal erwartete sie, dass er sich wie jeder Diener tief vor ihr verbeugte, doch wie immer bedeutete er ihr nur mit einer Geste einzutreten. Als sie ihn kritisch musterte, konnte sie sehen, dass er ein wenig steifer als gewöhnlich wirkte und tiefere Falten seine Stirn furchten.
    Verwirrt trat Adele ein. Flammen loderten in den drei riesigen Feuerstellen des Raumes. Gareth stand an der langen Tafel, die elegant gedeckt war. Er trug eine feine Weste, ohne ein Hemd darunter, aber seine blasse Haut konnte sich mit jedem weißen Leinen messen. Die Hose war schwarz und eng anliegend und verschwand in gleichermaßen ebenholzschwarzen, hohen Stiefeln, die auf Hochglanz poliert waren. Gareths Garderobe bestand aus einer ungewöhnlichen Mischung von Stilen und Epochen. Seine Haltung war königlich, und die Augen strahlten vor Aufregung. Als sie näher kam, trat er augenblicklich zu einem Stuhl zu seiner Linken und zog ihn für sie zurück. Höflich nahm sie Platz und staunte darüber, wie gut er menschliche Umgangsformen kannte.
    Die Tafel war mit herrlichen Speisen beladen. Automatisch lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Obwohl sie regelmäßig

Weitere Kostenlose Bücher