Schattenprinz
zu. Er schwang seine Klinge und trennte einem Vampir den oberen Teil des Schädels ab. Mit einer Hand griff er nach unten, um einem reglosen Gardisten zu seinen Füßen den Säbel abzunehmen, und schleuderte ihn in einem Wirbel auf die Vampirin zu. Die Klinge bohrte sich durch die Brust der Kreatur und in den Baumstamm hinter ihr. Vibrierend blieb der Griff zwischen ihren Rippen stecken. Rasend vor Wut schrie sie auf und krallte danach.
Der Schwertkämpfer packte Prinzessin Adele grob am Arm und zerrte sie in den feuchten Wald.
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A dele stolperte neben ihrem Retter her. »Hier entlang!«, kommandierte er.
»Simon …«, keuchte Adele. »Zurück … mein Bruder.«
»Unmöglich. Er ist verloren.«
Sofort verzerrte sich ihr Gesicht zu einem Ausdruck des Entsetzens und der Qual.
»Es tut mir leid, Prinzessin. Ich muss für Ihre Sicherheit sorgen.«
Tränen stiegen Adele in die Augen, obwohl ihre Worte wütend und scharf waren. »Warum wollen Sie ihm nicht helfen? Mein Wohl interessiert mich nicht!«
»Sie sind die Nächste in der Thronfolge, und ihr Bruder ist höchstwahrscheinlich bereits …«
»Wagen Sie es nicht, das zu sagen!« Adele hörte unvermittelt auf zu laufen, was den Schwertkämpfer zwang, sich zu ihr umzudrehen. Der Scheitel ihres kastanien braunen Schopfes reichte ihm kaum bis zum Kinn, doch ihre Augen sprühten vor trotziger Herausforderung. »Er lebt vielleicht noch!«
»Sie sind hinter Ihnen her.«
»Ich verlange, dass wir zurückgehen und ihn holen!«
»Nein.«
»Mein Vater wird davon erfahren!«
Er nickte ohne großes Interesse. »Wir müssen weiter. Schnell! Sie kommen.«
Unwillkürlich sog Adele ängstlich den Atem ein.
Der Schwertkämpfer starrte sie an, und die Glaslinsen, die seine Augen bedeckten, ließen sie hart und kalt erscheinen. »Sobald ich Sie in Sicherheit gebracht habe, werde ich zurückgehen und Ihren Bruder holen, wenn es möglich ist.« Dann fügte er ohne Überzeugung hinzu: »Mit ein bisschen Glück werden sich Ihre Truppen bis dahin wieder gesammelt und den Angriff zurückgeschla gen haben.«
Adele kniff die Augen zu und zwang sich, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Sie musste klar denken können. Sie konnte die Logik in seinen Worten hören. Sie hallten ihr in den Ohren, besonders das, was er ihr nicht sagte. Es war besser, wenn Simon starb, anstatt den Vampiren in die Hände zu fallen. Der Schwertkämpfer barst geradezu vor drängender Eile, und sie wusste, dass sie ihn auf mehr als nur eine Weise aufhielt.
»Bitte, Prinzessin, keine weiteren Diskussionen.«
Also raffte sie wieder ihre Röcke. »Ich bin bereit.«
Der Schwertkämpfer drehte sich um und rannte los, flog dabei regelrecht über Felsen und moosbewachsene, umgestürzte Bäume.
Ein Trupp entschlossener Weißgardisten brach in unsauberer Formation zwischen den Bäumen hervor. Colonel Anhalt führte sie an, eine Pistole und den Säbel gezückt und zwei weitere Pistolen im Hosenbund. Der unbeugsame Gurkha hatte nur ein Ziel: die kaiserliche Familie zu schützen.
Der Anblick, der sich ihm bot, entsprang seinen schlimmsten Albträumen. Eine Schar Vampire mit erhobenen Klauen und gebleckten Zähnen umringte den winzigen Körper von Prinz Simon. Anhalt feuerte eine scharfe Erwiderung, die das triumphierende Schnattern der Meute zum Verstummen brachte. Der Kopf der Kreatur, die dem besinnungslosen Prinzen am nächsten war, flog mit einer Kugel in der Stirn zurück, und sie ging zu Boden. Anhalt schrie und rannte auf sein Ziel zu, ohne zu wissen, ob seine Männer noch hinter ihm waren oder nicht.
Absolut treffsicher feuerte die Pistole erneut und zerschmetterte den Kiefer eines anderen Vampirs in der Nähe des Jungen. Anhalt pustete einem dritten die Schläfe weg, als er den Prinzen erreichte, und schwang seinen Fahrenheit-Säbel, um eine erhobene Krallenhand fortzuschlagen, die von rechts auf ihn zukam. Eine Sekunde später lag die Kreatur am Boden, und zwei Weißgardisten durchbohrten sie mit Bajonetten.
»Karree bilden! Beschützt den Prinzen! Oder sterbt bei dem Versuch!«, schrie Anhalt, die Füße fest links und rechts von dem reglosen Simon in den Boden gestemmt. Seine Männer gehorchten umgehend. Sie waren nicht annähernd genug Soldaten, um eine anständige Schutzwehr zu bilden, doch das hielt sie nicht davon ab, den verbleibenden Erben von Equatoria zu verteidigen, so gut sie konnten.
Von oben kamen weitere Vampire herab, und die Weißgardisten hoben ihre Gewehre zum Himmel.
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