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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
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Sanft hob der Colonel den Jungen in seine rotberockten Arme und machte sich auf den Weg nach Westen.
    Es waren Stunden vergangen, als Adele und der Schwertkämpfer den Fuß einer kleinen Felsklippe erreichten. Adele konnte nicht mehr sprechen, sie sank einfach nur mit einem lauten, schmerzerfüllten Keuchen neben dem knienden Schwertkämpfer zu Boden. Mit zitternden Fingern krallte sie sich in seinen Umhang, ebenso sehr auf der Suche nach Trost wie nach einer Stütze. Sein Rücken versteifte sich, als sie sich neben ihn fallen ließ. Der raue Wind trieb ihr Tränen in die Augen, deshalb konnte sie kaum die Umrisse einer winzigen Hütte erkennen, die sich an die Felswand schmiegte. Sofort versuchte sie aufzustehen, doch der Schwertkämpfer packte ihren Arm und riss sie nach unten. Zu erschöpft, um darauf zu reagieren, kam ihr der Atem nur in rauen, zischenden Zügen über die Lippen.
    Warum machte ihm die Anstrengung nichts aus? Sie konnte nur darüber staunen und sich wünschen, ein Mann statt eines schwachen Mädchens zu sein, während sie stumm vor Erschöpfung dalag. Mit brennenden Augen starrte sie ihn an und fragte sich erneut, warum er ihr so bekannt vorkam.
    Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Er war der Greyfriar. Wie jedermann hatte sie ein Bild von diesem Mann gesehen, eine verschwommene Fotografie der grau gekleideten Gestalt, die über Vampirkadavern auf einer Kopfsteinpflasterstraße stand. Das Foto war aus dem Norden geschmuggelt worden als Beweis für die Gerüchte, dass es eine aktive menschliche Widerstandsbewegung innerhalb des von Clans regierten Europa gab. Die Heldentaten des Greyfriar waren legendär, doch wie Adele zu Simon gesagt hatte, schienen seine Heldentaten so unwirklich, dass sie geglaubt hatte, er sei nur ein Mythos und die Fotografie gefälscht, um den Leuten Hoffnung zu geben. Die Geschichten, so dachte sie, waren aus mehr als einem Jahrhundert der Unterdrückung und Frustration entstanden, eine Wiederauferstehung von Legenden wie dem persischen Held Rostam, König Artus oder Robin Hood. Sie entsprangen einer verständlichen Sehnsucht nach einem Helden, der die Menschheit vom Schrecken befreien würde.
    Dann war er in ihrem Ohr, eine tiefe Stimme, als wäre er nur ein Geist auf dem Rücken des Windes.
    »Ich werde mich vergewissern, dass die Luft rein ist. Warten Sie hier.«
    Adele blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen.
    Vor ihren Augen verschmolz er mit dem vormorgendlichen Dämmerlicht, das allmählich über die nächtliche europäische Landschaft sickerte. Sie kauerte sich zusammen und versuchte seine Schritte über ihren schnellen Atem hinweg zu hören. Es kostete sie einige Mühe, doch bald verlangsamte sich ihr abgehacktes Keuchen zu rhythmischen, tiefen Atemzügen.
    Mehrere Minuten verstrichen, ohne dass der Schwertkämpfer zurückkehrte. Die Schatten wurden zu großen schwarzen Pechgruben, in denen sich eine ganze Armee verstecken konnte. Adeles Hand glitt zur Scheide ihres juwelenbesetzten Dolches und drückte sie mit um den Griff verkrampften Fingern schützend an ihre Brust. Sie wagte nicht, die Waffe zu ziehen, denn das Glühen der Klinge konnte ihre Position verraten.
    Die Wälder ringsum waren stumm. Nichts regte sich, nicht einmal Insekten oder Geschöpfe der Nacht. Ihr Herz hämmerte härter gegen das Brustbein, und sie bemühte sich, es zu beruhigen. Konnten die Vampire vor ihnen an diesen Ort gelangt sein? Sie hatten auf dem Weg immer wieder die Richtung geändert. Niemand sollte ihre Route vorhersehen oder ihnen folgen können.
    Links von ihr bewegte sich das Dickicht mit einem zischenden Laut. Sie wirbelte herum und stieß mit der Klinge zu, doch der lange Stahl eines Schwertes schlug ihren Dolch zur Seite. Der Schwertkämpfer betrachtete das Mädchen eindringlich, sagte jedoch nichts, sondern winkte sie zu sich.
    »Entschuldigung.« Adele lachte schwach und schob ihre kleine, leuchtende Waffe wieder zurück in die Scheide.
    Die Hütte schmiegte sich an den Fuß der Felswand. Sie war klein und schäbig, wirkte jedoch wie ein Geschenk des Himmels. Der Schwertkämpfer öffnete die grob gezimmerte Tür, und sie traten schnell ein. Es war schwer, in der trüben Dunkelheit, die den Raum durchdrang, etwas zu erkennen. Dennoch bewegte sich der Schwertkämpfer durch die Hütte und zwischen ihren Einrichtungsgegenständen hindurch, als wäre sie sein Zuhause.
    Adele stolperte gegen einen Sessel und nahm das als ein Zeichen. Schwer ließ sie sich zwischen

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