Schattenprinz
riss. Adele stieß ihren Dolch bis zum Heft in die Kreatur, immer wieder, sodass Blut und Rauch um sie herum aufstoben. Das Ding fauchte und bäumte sich auf, mehr aus Ärger als vor Schmerz. Adele packte den Vampir an der Schulter, um gezielter zustoßen zu können, und plötzlich begann die Kreatur zu kreischen und sich zu winden. Mit einem Satz warf sie sich von der Prinzessin fort, rollte sich ab, rappelte sich auf und verschwand mit erstaunlicher Schnelligkeit in der Dunkelheit. Adele half der armen Frau auf die Beine.
»Du bist es!«, kreischte die Frau. »Du bist die Fremde! Du kamst mit dem Greyfriar! Sie sind wegen dir hier! Du bist der Grund, warum sie gekommen sind!«
Die Anschuldigung fraß sich tief in Adeles Seele, da die Frau recht hatte. Sie hatte eine gerettet, doch dafür starben zehn weitere außerhalb ihrer Reichweite.
Adele schüttelte die Frau, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. »Versteck dich und verhalte dich still!«
Sie musste Greyfriar finden. Zweifellos war er irgendwo und beschützte die, die er beschützen konnte. Oder er befand sich auf der Suche nach ihr. Vielleicht sollte sie bleiben, wo sie war, damit er sie finden konnte. Doch das Schicksal nahm Adele diese Entscheidung ab.
Drei Menschen flohen weniger als zehn Schritte vor ihr aus ihrem Heim. Innerhalb weniger Sekunden stürzte sich ein weiblicher Vampir auf sie. Ein Mann starb sofort unter ihren scharfen Krallen. Ein weiterer schrie, als sich die Vampirin ihm zuwandte.
In der Hoffnung, irgendetwas – egal was – tun zu können, stürzte Adele vorwärts. Die Vampirin bemerkte sie und hob eine blutige Hand, um sich die rote Flüssigkeit abzulecken, während sie die Aufmerksamkeit ihrem neuen Opfer zuwandte. Die Prinzessin wurde nicht langsamer, sondern rannte auf das Monster zu, den rechten Arm quer vor dem Körper, sodass ihre Hand an der linken Seite ruhte. Sie blieb dort nicht lange. Kaum war sie nahe genug, um zuzuschlagen, riss sie den Arm in weitem Bogen hoch. Der Fahrenheit-Dolch schnitt durch den Bauch der Vampirin und schlitzte Mantel und Fleisch auf.
Überrascht blickte die Bestie an sich hinunter. Adele wirbelte bereits zu einem zweiten Streich herum. Doch die Vampirin wehrte ihn ab. Adele trat nach ihr und traf sie dort, wo ihre Klinge sie aufgeschlitzt hatte. Die Vampirin schrie auf, als sie nach hinten geschleudert wurde und Rauch aus der Wunde aufstieg. Als Adele auf sie zukam, krabbelte die Kreatur rückwärts. Im nächsten Moment glitten mehr Schatten über die Straße, und zwei Vampire landeten neben ihrer wimmernden Gefährtin.
Adele wusste, dass sie ihnen unterlegen war. Sie wich zurück, hob die Waffe der ersten Kreatur entgegen, als diese auf sie zustürzte, und versuchte dabei, auch die andere im Auge zu behalten. Die Klinge warf einen grünen Schein auf das Gesicht ihres Angreifers, der es nur noch schrecklicher wirken ließ. Es gelang ihr, den ersten Vampir mit der Klinge abzuwehren, doch ihre Stellung war zu ungünstig, um dem zweiten auszuweichen. Der Vampir machte einen Satz auf ihre Beine zu.
Da rauschte ein verhüllter Schemen an ihrer Schulter vorbei und schleuderte den zweiten Vampir in einer Staubwolke zu Boden.
»Greyfriar!«
Die hochgewachsene Gestalt sprang und zog noch in der Luft den Degen, sodass die Klinge herabsauste, als sie landete. Ein blutiger Kopf rollte zur Seite. Der Schwertkämpfer hielt nicht inne, sondern griff den Vampir an, den sich Adele kaum vom Leib halten konnte. Die Kreatur ließ von ihr ab und wirbelte herum, um sich dem verhüllten Vampirjäger zu stellen. Krallenbewehrte Hände hoben sich, um dem Mann durchs Gesicht zu fahren, doch Greyfriar duckte sich und durchbohrte die Brust seines Gegners mit einer Drehung, die das Herz zerstören sollte. Der Körper des Vampirs fiel zu Boden, und Greyfriar wandte sich Adele zu.
Sie wollte zu ihm laufen und in seinen Armen zusammenbrechen. Vor Erschöpfung ging ihr Atem in abgehackten Stößen. Sie streckte die Hand aus, um ihn zu berühren, und er zuckte zusammen.
»Ich konnte Sie nicht finden«, flüsterte sie.
»Ich hätte nicht fortgehen sollen«, war seine schmerzerfüllte Antwort. »Wir müssen fort.«
»Prinzessin.«
Die dunkle Silhouette an der Steinmauer flüsterte ihren Titel. Adele durchlief ein Schauer, als das Wort über ihre Haut glitt.
»Du wirst fortgehen, aber mit mir.« Es war eine weibliche Stimme.
Greyfriar schob Adele hinter sich, als Flay aus dem Schatten ins Mondlicht trat, das auf ihrer
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