Schattenprinz
beinahe weißen Haut schimmerte. Ihr schwarzer Zopf saß immer noch perfekt, nicht ein Haar auf ihrem Kopf lag in Unordnung.
»Nein, nicht dieses Mal, Flay«, informierte Greyfriar sie.
Um Flays Mund zuckte es leicht, und sie musterte den Schwertkämpfer. »Du bist nur ein einzelner Mensch.« Das letzte Wort spuckte sie beinahe aus.
Wie auf Kommando schwebten mehrere Vampire links und rechts von ihr zu Boden, alle mit Blut befleckt und rot verschmierten Mündern. Manche standen aufrecht, andere duckten sich kauernd wie Tiere, fauchten und leckten an den blutigen Flecken auf ihren Körpern.
»Es ist niemand mehr am Leben, um dir zu helfen.« Flay tat einen weiteren Schritt vor. »Als ob sie das könnten oder wollten.«
»Du hast ein ganzes Dorf umgebracht, nur um ein einziges Mädchen zu bekommen?«
»Sie waren mir im Weg. So wie du.«
Flay griff nicht an, doch ihre Lakaien taten es. Sie fielen Greyfriar an wie tollwütige Tiere. Adele wurde von den Vampiren, die nur mit dem einen Ziel vorwärtsdrängten, ihren Begleiter zu töten, regelrecht zur Seite gestoßen. Er verteidigte sich mit im Mondlicht aufblitzender Klinge. Blut spritzte, als Stahl sich durch das Rudel Vampire schnitt.
Flay kreischte einem Untergebenen einen Befehl zu, und zögernd trat er auf die Prinzessin zu. Adele hob die Klinge, um zuzuschlagen, doch plötzlich hielt jemand ihre Arme von hinten mit einem schrecklichen, schmerzerfüllten Fauchen fest. Der Vampir vor ihr holte so schnell aus, dass seine Bewegungen verwischten. Sie wappnete sich gegen den Schmerz, doch das Ding zerfetzte nur den dicken Stoff ihrer Bluse, packte den Talisman und riss ihn ihr vom Hals. Noch während der Vampir den Kristallanhänger in die Nacht hinausschleuderte, kreischte er bereits vor Schmerzen auf, die nicht nur körperlich waren, und stürzte zu Boden. Adeles Arme kamen frei, und mit einem Mal fühlte sie sich schutzlos ohne ihren Talisman.
Mit hocherhobener Klinge sprang sie vorwärts, wurde jedoch an den Haaren zurückgerissen und gegen eine Wand geschleudert. Grelles Licht und Dunkelheit explodierten vor ihren Augen. Adele versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. Kleine Krümel der zerschmetterten Steine rieselten über sie wie Feenstaub. Wieder wurde sie an den Haaren emporgerissen, sodass ihre Füße in der Luft baumelten. Jemand verdrehte ihr das Handgelenk, bis der glühende Dolch aus ihren tauben Fingern glitt.
Adeles Augen fokussierten sich auf das Gesicht von Flay.
»Du bist nicht länger gefährlich, und jetzt gehörst du mir, Prinzessin.« Die Verachtung troff förmlich von Flays Lippen, und sie warf Adele zwei Vampiren zu, die gerade zu Boden geschwebt waren. Sie zogen die Khukri-Scheide hinter ihrem Gürtel hervor, warfen sie zur Seite und zerrten das Mädchen mit sich fort.
»Greyfriar!«, schrie Adele.
»Prinzessin!« Greyfriar kämpfte wild, um sich aus dem Sumpf blasser Kreaturen zu befreien. Seine Füße rutschten in dem Blut aus, das sich in Pfützen am Boden sammelte. Er schwang seine Klinge in weitem Bogen und enthauptete einen der Vampire. Dann sprang er hoch in die Luft und warf sich in einem fieberhaften Versuch, Adele zu Hilfe zu kommen, herum. Doch vier weitere Vampire setzten ihm nach und zerrten ihn zurück. Sein Degen hieb und schlug in einer Art um sich, die seinem üblichen anmutigen Tanz nicht würdig war. Für Finesse war keine Zeit.
Als sich ihm der Sekundenbruchteil einer Atempause bot, verrenkte sich Greyfriar den Hals, um Adele zu entdecken, doch sie war bereits fort. Ein weiteres Trio von Vampiren griff ihn an. Sie sollten ihn aufhalten. Und es funktionierte. Flay stand hinter ihnen, die Lippen zu einem zufriedenen Lächeln verzerrt.
Durch den Nebel der Benommenheit erkannte Adele ein Luftschiff, das am Boden vertäut war. Es handelte sich um eine kleine, heruntergekommene Schaluppe oder Brigg, die schwarz gestrichen war und keine Positionslichter besaß. Ein Vampir schleppte sie den Landungssteg hoch und ließ sie grob auf das schmutzige Deck fallen. Eine Kreatur kniete sich neben sie, legte ihr eine Krallenhand hart auf den Rücken und drückte sie zu Boden. Die Bestie brüllte Befehle in undeutlichem Englisch.
Adele sah menschliche Mannschaftsmitglieder umherhasten und spürte, wie ihr vor Wut die Galle hochkam. Blutdiener. Menschen, die den Vampiren freiwillig dienten. Vampire konnten kein Luftschiff fliegen – und wollten es auch nicht. Das war niedere menschliche Arbeit, also hatten sie niedere
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