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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
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einmal so viel, dass jemand, der ihn beobachtete, gemerkt hätte, dass er lächelte. Das wäre schlechte Etikette für den Premierminister.
    Neben Lord Kelvin standen zwei Granden des Reiches. Einer davon war Admiral Kilwas, Oberbefehlshaber der Luftstreitkräfte, Stratege des Luftangriffs, der die Rebellen von Sansibar zerschlagen hatte. Kräftig und dunkel sah der Admiral blendend in seiner Uniform aus und stellte ein notwendiges Beispiel kaiserlicher Solidarität dar, da er von der reichen Handelsküste Tanganjika stammte. An Kelvins anderer Seite befand sich der Wirtschaftsgigant Laurence Randolph, Lord Aden, Herr eines unermesslichen Vermögens, das er mit Holz, Kohle und Öl verdient hatte, die die Dampfmaschinen des Reiches befeuerten. Er trug maßgeschneiderte, formelle Kleidung, hatte eine einzigartige Figur und war fit und gut aussehend. Dabei wirkte er viel jünger, als er eigentlich war, mit einem verwegenen Schnurrbart und strahlenden Augen, die zeigten, dass er mehr wusste als irgendjemand um ihn herum.
    Das amerikanische Schiff kreuzte ein letztes Mal, bevor es sich dem Hauptturm näherte. Jeder Fehler der Ausländer würde zum Stadtgespräch werden und ihrem Ruf in den Augen der Einwohner Alexandrias schaden. Dieser Gedanke ließ Lord Kelvins ohnehin bereits kaum existentes Lächeln vollends verschwinden. Es durfte einfach nicht geschehen, dass der neue kaiserliche Gemahl bei den Menschen der Hauptstadt gleich einen schlechten Start hatte. Die Winde auf Pharos waren berüchtigt für ihre Tücke. Kelvin hatte die Amerikaner angefleht, einen ortsansässigen Lotsen an Bord zu nehmen, doch Senator Clark hatte rundheraus abgelehnt und darauf bestanden, seine »Jungs könnten die Ranger im Sturm an einem Kastanienbaum vertäuen«.
    Die Wimpel am Andockturm Pharos Eins peitschten im Wind wie die Schwänze wütender Katzen. Hoch oben auf den Anlegeplattformen stand eine Mannschaft steifbeinig im stürmischen Wind und wartete auf die Bugleine der Ranger . Die Männer gehörten zum Haushalt des Kaisers und waren verantwortlich für Constantines Flaggschiff bei jenen zunehmend seltener werdenden Gelegenheiten, wenn sich Seine Kaiserliche Majestät in die Lüfte erhob. Eigentlich war es ein schockierender Bruch des Protokolls, dass Personal des kaiserlichen Haushaltes einem einfachen amerikanischen Senator diente. Doch Lord Kelvin hatte diese Peinlichkeit umgangen – und das sehr clever, wie er meinte –, indem er die gesamte Mannschaft vorübergehend degradierte. Sobald die Ranger sicher vertäut war, würden sie alle ihre ursprünglichen Pflichten im kaiserlichen Haushalt wiederaufnehmen.
    Die Ranger näherte sich schnell dem mächtigen Pharos Eins. Das letzte der Sprietsegel luvte an, und der Bug des Luftschiffs wandte sich dem Tower zu. Die Bugleine flog. Die Tower-Mannschaft fing sie auf und machte sie an einem riesigen, zahnradbetriebenen Mechanismus fest. Die Messgeräteskala in der Mitte leuchtete blau auf, dann setzten sich die Zahnräder langsam in Bewegung und kurbelten die Bugleine auf, um das Schiff am Tower zu vertäuen. Die Mannschaft wirkte zufrieden. Admiral Kilwas stieß den angehaltenen Atem durch die Nase aus. Lord Kelvin wollte ebenfalls erleichtert aufatmen, weigerte sich jedoch, so schlechte Etikette zu zeigen. Er horchte auf das Ablassen der chemischen Auftriebmittel des amerikanischen Schiffes, doch das kam nicht. Der Admiral stieß ein erschreckendes Schnauben der Verwirrung aus, als eine Vielzahl von Tauen über die Bordwand der Fregatte geworfen wurde. Er beugte sich sogar zu einem anderen Offizier hinüber und wechselte ein paar geflüsterte Worte. Stumm drängte Kelvin ihn, seinen Platz wiedereinzunehmen.
    Lord Kelvins Hände schmerzten, doch er wollte sie nicht bewegen, aus Angst, nicht gelassen auszusehen. Seine rote zeremonielle Schärpe war ein wenig an seinem Hals hochgerutscht und kratzte, doch er weigerte sich, sie zurechtzurücken. Es war schlechte Etikette, sich anmerken zu lassen, dass man sich unwohl fühlte. Mit dem Ausschlag an seinem Hals würde er sich später auseinandersetzen.
    Die kaiserlichen Würdenträger auf der Tribüne konnten die Backbordseite der Ranger sehen und waren schockiert genug, um zu murmeln, als die Stückpforten des Schiffes aufflogen und Kanonen ausgefahren wurden. Die Menge unter ihnen begann zu brodeln. Sie war ebenfalls überrascht von den Kanonen. Und dann sogar noch überraschter, zu sehen, wie sich Männer an der Reling des Schiffes

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