Schattenprinz
Energieantrieb ist die Welle der Zukunft.«
»Wir müssen Ihnen unsere Dampfluftschiffe zeigen.« Admiral Kilwas nickte. »Die HMS Culloden liegt in Alexandria vor Anker, glaube ich. Wir können gerne eine Besichtigungstour arrangieren.«
Der Senator nickte ebenfalls. »Dampf. Begrenzt. Wir sitzen in den Tropen nicht auf endlosen Kohlevorräten.«
»Wir fahren gut damit«, warf Lord Aden schnell ein. »Ihre chemischen Technologien sind faszinierend, das muss ich zugestehen. Aber weniger leistungsfähig im Vergleich zu Dampf. Und bisher noch unterentwickelt. Ich denke, wir setzen unsere Hoffnungen am besten auf Brennstoffe, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt funktionieren.«
Clark lachte ein wenig schroff. »Das sind die Worte eines Mannes, der sein Vermögen mit alten Energien macht.« Er griff in eine Armeetasche neben seinem Sessel, zog ein kleines Kästchen aus Zypressenholz hervor und stellte es offen auf den Tisch. Kubanische Zigarren. Er nahm eine, hielt ein langes Zündholz an die Spitze und lehnte sich mit überschlagenen Beinen zurück. »Eure Lordschaften. Admiral. Sollen wir zum Wesentlichen kommen?«
»Gewiss«, antwortete Lord Kelvin ziemlich erleichtert. Würdevolle Diskussion war unvorhersehbarem und ausuferndem Geschwätz absolut vorzuziehen.
Clark blies eine lange Rauchwolke aus. »Ich würde gern den Kaiser sehen.«
»Natürlich.« Kelvin zog die Pergamentseiten der Agenda zurate. »Es ist geplant, dass Sie übermorgen an der öffentlichen Audienz mit Seiner Kaiserlichen Majestät teilnehmen. Zusammen mit Ihren Männern.« Seine Lordschaft blickte hoch, um sich zu vergewissern, dass Clark verstand, wie entgegenkommend er sich verhielt. »Und Sie haben zwei Tage später eine Privatkonferenz mit Seiner Kaiserlichen Majestät und dem Kronrat. Das können Sie alles dem Ablaufprogramm entnehmen, das Sie von uns bekommen haben.« Aus Freundlichkeit öffnete Kelvin das ledergebundene Exemplar der Agenda auf der Seite, auf der Clarks erste Audienz mit Seiner Majestät verzeichnet war, und schob das Buch über den Tisch auf die schmutzigen Stiefel des Amerikaners zu.
Der Senator beäugte die Agenda, summte dann unzufrieden und schnippte Asche auf das in aufwendigem Muster verlegte Mahagoniparkett. »Mmhmm. Außerdem hielt sich Ihr Protokoll-Offizier etwas bedeckt darüber, wann ich Adele sehen werde.«
Kelvin wandte Clark sein scharf geschnittenes, ausdrucksloses Gesicht zu. »Die Hochzeit mit Ihrer Kaiserlichen Hoheit, Prinzessin Adele, ist für heute in einem Monat und zwei Tagen angesetzt.«
Clark grinste. »Das weiß ich, Premierminister. Aber irgendwie hätte ich sie gerne schon vor dem tatsächlichen Hochzeitstag gesehen. Ich würde gerne eine Art Abendessen arrangieren. Das scheint mir nur angemessen zu sein.«
»Ach ja?« Obwohl Kelvin sich durch die vertrauten Wände der Ratskammer bestärkt fühlte, verprellte es ihn ein wenig, dass Clark ihn mit Premierminister anstelle des eigentlich richtigen Euer Lordschaft ansprach. Deshalb war er nicht geneigt, sich weniger begriffsstutzig zu geben, als er es normalerweise getan hätte.
Der Amerikaner lachte und starrte liebevoll auf seine Zigarre hinunter. »Dort, wo ich herkomme, ist es üblich, die Braut vor der Hochzeit wenigstens zu Gesicht zu bekommen.«
»Höchst interessant«, murmelte Lord Kelvin. »Wie dem auch sei, Ihre Kaiserliche Hoheit die Prinzessin befindet sich zurzeit nicht hier.«
»Was?« Clarks Stuhl scharrte über den Boden, als er sich aufsetzte und den aalglatten Premierminister fest anstarrte. »Sie ist nicht einmal hier, wenn ich ankomme?«
Kelvin spürte, wie sich Admiral Kilwas bei Clarks Wutausbruch anspannte. Aber Seine Lordschaft blätterte nur eine Seite weiter und sagte in ruhigem Tonfall: »Sie bereist die Grenzgebiete, Senator. Sie mag zwar Ihre Verlobte sein, aber sie hat fortwährende Pflichten dem Staat gegenüber. Natürlich wäre sie gerne hier, aber der Staat steht immer an erster Stelle. Sie werden feststellen, dass Ihre Kaiserliche Hoheit Prinzessin Adele diese Tatsache vollständig verinnerlicht hat. Genauso wie Sie, dessen bin ich mir sicher.«
Wieder ergriff Lord Aden mit geschäftsmäßiger Präzision das Wort. »Es erschien vernünftig, angesichts der uns bevorstehenden Feindseligkeiten, im Grenzgebiet das Wohlwollen dem Reich gegenüber zu stärken. Viele der freien Städte im Norden haben noch nie ein Mitglied der kaiserlichen Familie gesehen. Der Hof wollte sich ein Urteil bilden, wie
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