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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
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verwirrt. Geomant oder nicht, Mamoru hatte keine anderen Schüler außer Adele. Er war ein kaiserlicher Tutor, ausschließlich dem Hof unterstellt. Vielleicht war dieser Selkirk Mamorus Geomantieschüler auf Java gewesen. Sie wusste, dass Mamoru außerordentliches Interesse an diesem Thema hegte. Er hatte sie in ein paar der Grundlagen eingewiesen, obwohl sie nicht wirklich Gefallen an dem Fachgebiet gefunden hatte. Es war ihr ein wenig unüberschaubar und abwegig, manchmal sogar albern vorgekommen. Adele bevorzugte stets Themen, die menschlichere Dimensionen hatten, so wie Kampfkünste und Ethik.
    Selkirks Flüstern riss sie aus ihren Gedanken. »Verzagen Sie nicht! Ich werde Mamoru eine Nachricht senden, dass Sie am Leben und wohlauf sind. Wir bringen Sie …«
    »Prinzessin?«, erklang eine Stimme hinter ihr.
    Adele wirbelte herum und sah Prinz Gareth mit erhobenen Augenbrauen in der Tür stehen.
    »Ist da draußen jemand?« Schnell bewegte sich der Vampir auf das Fenster zu.
    Adele vertrat Gareth auf halber Strecke den Weg. »Nein. Ich rede mit mir selbst, weil es hier sonst niemanden gibt, der es wert wäre, mit ihm zu sprechen.«
    Der Vampir schlüpfte an ihr vorbei und beugte sich aus dem Fenster. Adele erstarrte.
    Gareth zog sich wieder zurück und fragte: »Waren Cesare oder Flay hier?«
    Adele schwieg. Hatte Prinz Gareth Selkirk nicht gesehen? War das möglich? Langsam schüttelte sie als Antwort auf Gareths Frage den Kopf.
    »Du kannst es mir ruhig sagen, ohne Vergeltung fürchten zu müssen. Ich werde mich um meinen Bruder kümmern. Er hat keinen Anspruch auf dich, jetzt da ich hier bin.«
    Adele fand, dass er beinahe aufrichtig klang, aber das war unmöglich. Vampire kannten keine Gefühle außer Hunger. Dennoch gelang es diesem hier, Mitgefühl vorzutäuschen. Er wusste, wie er den Kopf leicht neigen und sie aus glasklaren, blauen Augen ansehen musste, doch er verbarg damit nur seine Grausamkeit, und sie konnte seine rasiermesserscharfen Zähne erkennen, wenn er sprach. Erneut schüttelte sie den Kopf und durchquerte das Zimmer mit vorgetäuschter Schwäche, um seine Aufmerksamkeit vom Fenster abzulenken.
    Laut räusperte sich Adele. »Ich möchte dir danken. Für deine Freundlichkeit. Diese Räume hier. Das Essen.« Sie täuschte eine nahende Ohnmacht vor und hielt sich am Türrahmen fest. »Cesare war so grausam.«
    Gareth beobachtete sie nur neugierig.
    Adele schluckte den bitteren Geschmack hinunter, den sie in ihrer Kehle schmeckte. Mit einem schmutzigen Stiefel scharrte sie über den Steinboden. Das Leben einer kaiserlichen Thronerbin hatte ihr sehr wenig Gelegenheit gegeben, sich in Koketterie zu üben.
    Gareth schien von dem mitgenommenen, verwahrlosten jungen Mädchen ungerührt zu sein. »Wenn du schwach bist, solltest du mehr essen. Mach dir keine Gedanken über das Fleisch. Es ist Rind. Und ein wenig Pferd. Das ist für Menschen doch annehmbar, oder?«
    »Pferd? Nein! Zivilisierte Menschen essen keine Pferde. Wir reiten auf ihnen. Oh Gott, habt ihr mir Pferdefleisch serviert?«
    »Dann ist Rind in Ordnung?«
    »Ja. Rindfleisch. Keine Pferde. Keine Hunde. Keine Katzen. Nur Rinder. Oder Schafe. Oder Ziegen. Kennst du den Unterschied zwischen den Tieren?«
    »Ja. Ich kenne den Unterschied. Was ist mit Kleidern? Möchtest du neue Kleider?«
    »Nein. Ich werde keine Lumpen tragen, die von irgendeiner Leiche gerissen wurden.«
    Gareth wirkte beleidigt. »Wie du wünschst.«
    »Hast du vor mich freizulassen, oder willst du mich als eine Art Trophäe behalten?« Adele überraschte sich selbst, indem sie mit dieser hoffnungslosen Frage herausplatzte. Doch sie konnte dieses charmante Monster genauso gut gleich zwingen, Farbe zu bekennen, und dann wieder zu ihrem brütenden Selbst zurückkehren.
    »Ich weiß es nicht. Senator Clarks Angriff auf Bordeaux hat Cesare einen Vorwand geliefert, für Aufruhr zu sorgen – als ob er dazu einen Vorwand gebraucht hätte. Es wird schwierig für mich werden, dich jetzt noch freizulassen.« Der Vampir schien eher mit sich selbst zu reden als mit ihr. Dann lehnte er sich wieder an die Fensterlaibung. Sein Ellbogen konnte nicht mehr als ein paar Fingerbreit von Selkirks nicht sichtbarem Kopf entfernt sein.
    Unvermittelt warf sich Adele die Hände vors Gesicht und fing laut an zu wehklagen. Sie sank auf die Knie und schaffte es sogar, von irgendwoher Tränen heraufzubeschwören. Nach ein paar Augenblicken blinzelte sie zwischen den gespreizten Fingern hindurch, um zu

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