Schattenprinz
Gebäuden herabstürzte und sich auf einem Hausdach niederließ. Es war Flay.
Gareth bemerkte die lauernde Kriegsführerin ebenfalls. Ein leises Lachen entschlüpfte dem Prinzen, als er über die Schulter hinweg sagte: »Cesare hat Angst, du könntest mir entkommen.«
Adele spürte die Klinge, die hart an ihrem Bauch lag. »Lächerlich.«
Gareth lachte noch einmal und starrte offen zu Flay empor, als sie unter der hohen Warte der Vampirin vorübergingen. Im Verlauf des stummen Spaziergangs tauchte Flay noch mehrmals wie ein Gargoyle als Silhouette am strahlend blauen Himmel auf. Schließlich passierten Gareth und Adele ein schmiedeeisernes Tor und standen vor einem riesigen, mit einer Kuppel überdachten Gebäude, das einen großen Säulenportikus besaß.
»Erkennst du diesen Ort?«, fragte Gareth.
»Sollte ich das?«, entgegnete Adele scharf.
»Es ist das Britische Museum. Mein Heim in London.«
»Hmm. Ich kann mir vorstellen, dass das angenehmer ist als die Gruft oder das Erdloch, in dem du zuvor gelebt hast.«
Gareth schmunzelte über ihre scharfe Erwiderung mit echter Belustigung, was sein kantiges Gesicht weicher wirken ließ.
Der Gedanke, dass sich ein Vampir sein Nest in diesem großartigen Museum eingerichtet hatte, ließ Adele erschauern. Dieser Ort war dazu bestimmt gewesen, die wertvolle Vergangenheit zu bewahren und von ihr zu lernen, eine spezifisch menschliche Handlung, die die Vampire unmöglich verstehen konnten.
»Hast du vor, mich dort gefangen zu halten?«, fragte sie.
»Du bist eingeladen, hierzubleiben«, antwortete Gareth sehr schnell, dann fügte er hinzu: »Aber es steht dir frei, deine Räume im Tower zu behalten. Komm.«
Adele folgte seiner hochgewachsenen, geraden Gestalt den Kiesweg entlang. Flay trieb hoch über ihnen, als Gareth die massive Bronzetür aufstieß und einen Schritt zur Seite machte, um Adele eintreten zu lassen. Dann schloss er die Tür hinter ihnen.
Seine Stimme hallte in dem leeren Raum wider. »Mach dir keine Sorgen wegen Flay. Sie wird es nicht wagen hereinzukommen. Meine Rechte zu verletzen, würde ihren Tod bedeuten. Nicht einmal Cesare könnte sie retten.«
In einem Streifen Sonnenlicht breitete Gareth die Arme aus und sah sich mit so etwas wie Stolz in dem gewaltigen Eingangsbereich um. »Komm, geh ein Stück mit mir. Ich habe Fragen.«
Adele blieb wie festgewurzelt an der Tür stehen. War es so weit? Würde er nun mit dem richtigen Verhör beginnen?
Gareth deutete nach rechts wie ein Museumsführer. »Dort standen einst die Bücher. Ganze Räume voll. Ziemlich erstaunlich. Mir war nicht bewusst, dass ihr so viele davon geschaffen habt.« Mit einem Mal wirkte der Vampir entschuldigend. »Jetzt sind sie fort, fürchte ich.«
»Ja, ich weiß. Deinesgleichen haben sie alle zerstört.«
»Das haben wir.« Er nickte ernst. »Aber nicht ganz. Viele davon wurden später von den Menschen dazu benutzt, Feuer zu machen. Doch das macht keinen Unterschied. Es gibt noch andere Dinge, die ich dir zeigen will und über die ich dich etwas fragen möchte.«
»Ich habe nicht die Absicht, dir irgendetwas zu erzählen. Frag deinen Bruder, ich bin in der Lage, sehr hartnäckig zu schweigen.«
Der Vampir wirkte enttäuscht, dann hellte sich seine Miene wieder auf. »Und ich habe dir gesagt, dass ich kein Interesse an den Angelegenheiten eures Staates habe. Oder an euren Spionen. Oder der Zahl eurer Schiffe und Soldaten.«
Ihre Schritte hallten in der Leere, als Adele Gareth durch die düsteren, verwüsteten Galerien folgte. Sie stieg vorsichtig über die Trümmer antiker Skulpturen hinweg sowie durch die Überreste von Möbeln und Einrichtungsgegenständen aus der Zeit des Großen Mordens. Als ihnen der Weg von umgestürzten und zerbrochenen Statuen versperrt wurde, drehte sich Gareth um, um ihr zu helfen, doch sie ignorierte seine ausgestreckte Hand. Er seufzte leicht, respektierte aber ihre Eigenständigkeit.
Große, stumme Köpfe und muskulöse Arme und Torsos aus Marmor lagen nutzlos überall um sie herum. Von zersplitterten Holztafeln und Terrakottagefäßen starrten die Gesichter von Menschen aus fernen Ländern empor, viele davon nun Teil Equatorias und Adeles zukünftiger Besitz. Es gab staubige Haufen zerfetzter Wandteppiche und Porträts. Bronzehelme und Waffen waren aufgestapelt. Die Prinzessin bemerkte mehrere mit Grünspan überzogene Dolche, die ihr nützlich sein konnten, aber sie wagte nicht stehenzubleiben. Vor einem großen, geflügelten Löwen,
Weitere Kostenlose Bücher