Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
Vom Netzwerk:
umgestürzte Grabbeigaben davon. Seine Absätze hallten laut in der Stille. Adele folgte dem Prinzen, während er auf seinem Weg achtlos Mumien mit dem Fuß beiseitetrat.
    »Warte!«, rief Adele hinter ihm her. »Ich werde das nicht gegen dich verwenden.«
    Gareth marschierte weiter.
    »Hör mir zu.« Sie packte ihn am Arm. »Hast du mich denn nicht hergebracht, um zu reden?«
    Wie der Blitz wirbelte Gareth herum, das Gesicht zuerst wütend, was dann aber schnell zu bloßer Verärgerung verblasste. »Also gut. Du hast recht. Ich kann ein paar eurer Sprachen lesen. Ich interessiere mich tatsächlich für eure Kultur. Und ja, es mag nur sehr wenige unter meinen Leuten geben, die mein Interesse teilen. Na ja, höchstwahrscheinlich gar keine. Wir verachten Schrift. Wie alle Dinge, die deine Art geschaffen hat. Kunst. Ackerbau. Städte. Waffen. Das alles bedeutet uns nichts.«
    »Du meinst, wie diese Kleider, die du trägst?«
    Gareth hörte die sarkastische Schärfe in ihrer Frage. »Wir benutzen eure Kleider, weil eure Haut zu dünn ist, um sie zu tragen.« Trotz der barbarischen Worte war sein Tonfall melancholisch. Er kniete nieder, wühlte in einem Haufen Schutt und hob ein winziges Figürchen aus durchscheinendem Alabaster auf. Gareth rollte den schimmernden weißen Gegenstand mit einer Zärtlichkeit zwischen den Spitzen seiner langen Finger, die Adele überraschte.
    »Wir machen nichts«, sagte er. »Wir erschaffen nichts.« Er griff mit der anderen Hand tief in einen Haufen zerschmetterter Tonscherben. »Und wir hinterlassen nichts.«
    Der Vampir erhob sich und schleuderte das Figürchen zurück auf den Scherbenhaufen. »Wir sind Parasiten. Was euer Glück ist. Es hätte uns wenig Mühe bereitet, eure Art auszulöschen. Aber wir brauchen euch, um zu überleben.«
    »Das stimmt. Wir hingegen brauchen euch nicht.«
    Gareth neigte gnädig den Kopf. »Zu unseren größten Schwächen gehört, dass Vampire notorisch lange brauchen, um Ironie zu erkennen. Wir sind träge und dekadent geworden und haben nicht den Wunsch, wieder in Grüften und Erdlöchern zu leben. Wir mögen die Häuser und die Kleider. Natürlich nicht genug, um sie selbst herzustellen, aber genug, um Sklaven zu wollen, die das für uns tun. Wir mögen es auch, Mahlzeiten zu genießen, ohne zu jagen oder uns in Gefahr begeben zu müssen. Es scheint, dass wir nicht einmal mehr gute Parasiten sind.«
    »Dann ist dir das Überleben deiner Art gleichgültig?« Adeles Stimme klang ungläubig, vielleicht ein wenig sarkastisch.
    Der Prinz strich sich den Staub von den Händen. »Ich denke, nur die Wertvollen sollten überleben. Es wird sich zeigen, wozu meine Art gehört. Ich bringe dich jetzt zurück.«
    Adele sah seiner einsamen Gestalt nach, als sie zwischen der umgestürzten Herrlichkeit und Pracht der antiken Menschheit verschwand. Dann bückte sie sich, um die kostbare kleine Figur aufzuheben. Es war ein Uschebti. In alten Zeiten wurden sie in Gräber gelegt als Gefäße, in denen die wandernden Seelen der Toten ruhen konnten. Sie pustete den Staub von der schimmernden Oberfläche, dann folgte sie Gareth.

16
    16
    C esare starrte Flay wütend an, während sie ihren Bericht abschloss. Der Vampirprinz ließ seine zuckende Mahlzeit auf den schmutzigen Boden in der leeren Kammer des britischen Unterhauses gleiten. Ihm war der Appetit vergangen. Sich zu nähren bedeutete ihm zurzeit wenig. Bloßer Lebenserhalt. Er erinnerte sich an die dunklen Tage, als sie Menschen in Wäldern gejagt und in Katakomben geschlafen hatten, doch diese Tage waren vorbei, und es war seine Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie nie zurückkehrten.
    »Wie lange waren die beiden in diesem Museumsgrab von ihm vertraulich beisammen?«
    »Nicht lange«, antwortete Flay. »Höchstens eine Stunde. Dann brachte er sie in den Tower zurück.«
    Cesare wischte sich das Blut aus dem Gesicht und leckte sich abwesend die Hände. Der menschenförmige Haufen zu seinen Füßen tastete schwach nach seiner Kehle in einem vergeblichen Versuch, den Blutfluss zu stillen. Sein erbärmliches Stöhnen weckte Cesares Aufmerksamkeit, und mit einem knappen, einladenden Nicken in Richtung seiner Kriegsführerin deutete er auf den Verletzten.
    Flay lehnte mit einem höflichen Lächeln ab, doch als Cesare fortsah, warf sie ihm einen wilden Blick zu. Als ob sie sich dazu herablassen würde, nach ihm zu trinken! Sie musste sich bewusst anstrengen, um die Verachtung aus ihrem Gesicht zu verbannen, doch als Cesare

Weitere Kostenlose Bücher