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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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könntest wenigstens hallo sagen, meinst du nicht auch?« Sie wartete einen Moment, bevor sie hinzufügte: »Na ja, was soll’s. Manieren hast du ja noch nie gehabt. Aber das Eine will ich dir sagen: Wenn du dir einbildest, dass du dich auf diese lächerliche Weise vor unserer nächsten Pokerpartie drücken kannst, dann täuschst du dich gewaltig. Du bist mir nämlich noch Revanche schuldig, falls dir das entfallen sein sollte.«
    Sie drückte seine Hand in der Hoffnung, dass er die Berührung erwidern würde, doch nach wie vor tat sich nichts.
    Nichts als das Flimmern der Monitore.
    »Und aus dieser Nummer lass ich dich bestimmt nicht so einfach raus, da kannst du dich drauf verlassen ... Tja, mein Lieber, wenn du tatsächlich die paar Kröten sparen wolltest, hättest du dir was Stilvolleres ausdenken müssen. Ich meine, so’n Herzinfarkt ist ja heutzutage auch nicht mehr das, was es mal war. ’n paar Tage hier und anschließend eine, maximal zwei Wochen auf Station ... Mehr lässt sich da wirklich nicht rausschinden. Und ehe du dich versiehst, bist du wieder ganz der Alte.«
    Sie schmunzelte, als ihr auffiel, dass sie unbewusst Lübkes Tonfall imitiert hatte.
    »Na ja, vielleicht nicht ganz der Alte, zugegeben, denn natürlich wirst du ’n paar Dinge ändern müssen, wenn du hier raus bist ... Aber, hey, was ist so schlimm daran? Ich meine, wer steht denn schon auf widerlich stinkende Zigarillos? Im Grunde müsstest du dankbar sein, dass du den schlimmsten Teil des Entzugs erst gar nicht mitbekommst, weil du hier gemütlich vor dich hindämmerst, während dein Körper entgiftet ... Und jetzt sag bloß nicht, dass du noch eine zusätzliche Motivation brauchst!«
    Keine Reaktion.
    »Gut, okay, von mir aus. Dann machen wir eben dein gottverdammtes Bestattungsmuseum, wenn du partout so viel Wert auf diesen Unsinn legst. Wir machen das Museum und den Zentralfriedhof und ein paar von den anderen Highlights, und hinterher genehmigen wir uns beim Heurigen einen schönen, leckeren Kamillentee. Na, was sagst du? Sind das nicht Aussichten?«
    Die Decke über Lübkes Brustkorb hob und senkte sich unter seinen durchaus regelmäßig wirkenden Atemzügen. Aber Winnie Heller wollte sich auch nichts vormachen. Das hatte sie schon einmal getan, damals, als ihre Eltern behauptet hatten, etwas stimme nicht mit Elli. Die Erinnerung an die letzten Wochen im Leben ihrer Schwester schnürten ihr die Kehle zu, aber irgendwie schaffte sie es, nicht zu weinen. Die Ärzte denken, dass Elli bald in ein Stadium kommt, in dem sie nicht mehr aus eigener Kraft atmen kann , hatte ihre Mutter ihr damals am Telefon eröffnet, aber Winnie Heller hatte ihr nicht geglaubt. Sie war, im Gegenteil, felsenfest davon überzeugt gewesen, dass ihre Eltern die Verschlechterung von Ellis Zustand lediglich vorschoben, um einen Grund zu haben, die künstliche Ernährung ihrer seit sieben Jahren im Wachkoma liegenden Tochter abzubrechen. Und erst die Nachricht von Ellis Tod hatte sie eines Besseren belehrt.
    Ihr Blick suchte Lübkes befremdlich bleiches Gesicht.
    Sie wusste, nach den Erfahrungen mit ihrer Schwester würde sie nie wieder imstande sein, sich Illusionen über das Befinden eines ihr nahestehenden Menschen zu machen. Auch wenn es vielleicht gerade diese Art von Illusionen war, die einem die Kraft zum Kämpfen gab. Und Lübke sah tatsächlich so aus, als ob er es schaffen könnte, oder? War denn ein Herzinfarkt heutzutage nicht schon fast eine Bagatelle?
    Du weißt doch noch gar nicht, wie groß der Schaden ist , flüsterte eine böse kleine Stimme in ihrem Kopf. Willst du dich denn allen Ernstes schon wieder an einen Menschen binden, der nichts anderes tut, als hilflos im Bett zu liegen? Der dir nie antwortet, wenn du ihm etwas erzählst? Dessen einzige Reaktion auf das, was dich bewegt, darin besteht, nicht zu reagieren?
    Winnie Heller schluckte. »Jetzt komm schon, Lübke«, flüsterte sie. Sie konnte nicht anders. Sie musste einen Scherz daraus machen. Einen Scherz daraus zu machen war die einzige Möglichkeit. »Die Show, die du hier abziehst, ist echt ein Witz. Ich meine, sieh dich doch nur mal an!« Sie ließ seine Hand los und boxte sanft gegen seine voluminösen Rippen. »Gut, du könntest vielleicht ’n bisschen schlanker sein, aber abgesehen davon bist du topfit. Kein Grund also, sich derart hängen zu lassen.«
    »Oh ja, diese Sache mit dem Gewicht ist ein lebenslanger Kampf«, bemerkte eine sanfte Stimme in ihrem Rücken. »Und wenn

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