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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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rundlich und zurückhaltend, doch Verhoeven zweifelte keine Sekunde daran, dass er ein Mann war, der sich durchzusetzen verstand. Und der sich obendrein eine ganze Reihe von Details merkte. Die wachen grünen Augen, winzig und kreisrund wie bei einem Nagetier, blickten aufmerksam in die Runde und sprachen für eine ausgeprägt gute Beobachtungsgabe.
    »Okay, Hubert«, sagte Goldstein. »Dann schicken Sie Ihre Leute los und nehmen Sie sich sämtliche Angestellten, Nachbarn und Stammkunden der Filiale vor. Fragen Sie nach Personen, die sich in auffälliger Weise für das Gebäude und seine Umgebung interessiert oder wiederholt dort aufgehalten haben.«
    Ich glaube kaum, dass hier irgendetwas in auffälliger Weise geschehen ist, dachte Verhoeven, aber er behielt seine Gedanken für sich.
    Sein Vorgesetzter hingegen gab sich weniger zurückhaltend.
    Burkhard Hinnrichs war der geborene Macher, und er hasste es, nicht selbst Verantwortung zu tragen. Dass Verhoeven und er ausgerechnet in diesem Fall zu reinen Befehlsempfängern degradiert waren, machte ihm sichtlich zu schaffen, noch dazu, wo eine seiner Beamtinnen sich in unmittelbarer Gefahr befand. Entsprechend groß war seine Entschlossenheit, sich so intensiv wie möglich an den Ermittlungen und – daran ließ Hinnrichs’ Gesichtsausdruck nicht den geringsten Zweifel – auch an allen zu gegebener Zeit zu treffenden Entscheidungen zu beteiligen.
    »Was ist, wenn die Entführer ihre Informationen von jemandem bekommen haben, der direkt oder indirekt mit der Bank zu tun hat?«, fragte er mit selbstbewusst vorgerecktem Kinn. »In diesem Fall bräuchte niemand irgendetwas beobachtet oder ausgekundschaftet zu haben, und alle diesbezüglichen Fragen wären für die Katz.«
    Richard Goldstein musterte den Leiter des KK 11 interessiert. Sein Blick war scharf und intensiv, aber trotzdem keiner von der Sorte, die einen zum sofortigen Wegsehen veranlassten. Eher im Gegenteil. »Sie denken an einen Insider?«
    Hinnrichs zuckte die Achseln. »Wäre doch möglich.«
    »Natürlich«, räumte Goldstein ein. »Möglich ist alles. Und genau aus diesem Grund werden wir jeden Einzelnen, der mit der Filiale engeren Kontakt hat, genauestens unter die Lupe nehmen.«
    Hubert Jüssen sah kurz hoch und machte sich eine entsprechende Notiz.
    »Gibt es irgendwelche Zeugen für den Überfall?«, fragte Goldstein, und sein Tonfall legte nahe, dass er die ernüchternde Antwort bereits kannte.
    »Leider nicht«, entgegnete Jens Büttner, der seit der Ankunft des erfahrenen Verhandlers auf eine Gelegenheit zu lauern schien, sich zu Wort zu melden. »Die Geiselnehmer haben alle Personen, die sich zum Zeitpunkt des Überfalls in der Bank befanden, mitgenommen.«
    »Oh nein«, widersprach ihm Goldstein. »Nicht alle.«
    Büttner stutzte und schien nicht zu wissen, wie er auf diesen
    unerwarteten Einwand reagieren sollte. »Sie meinen ...?«
    »Ich meine den toten Kassierer, jawohl«, sagte der Unterhändler,
    ohne eine Miene zu verziehen. »Unser erstes Opfer.«
    Das erste Opfer ...
    Verhoeven fing einen Blick seines Vorgesetzten auf. Ihnen beiden war klar, dass Richard Goldstein soeben auf einen überaus wichtigen Punkt hingewiesen hatte: Es hatte bereits einen Toten gegeben. Und folglich waren die Männer, die sie suchten, nicht nur Bankräuber und Entführer, sondern auch Mörder. Zumindest einer von ihnen.
    Die Grenze ist gleich zu Beginn überschritten worden, dachte Verhoeven unbehaglich. Und egal, was noch folgt – uns muss bewusst sein, dass sich nicht mehr hinter diese Grenze zurückkehren lässt.
    Sein Blick suchte Goldstein, der in der Zwischenzeit aufgestanden und hinter Luttmann getreten war.
    »Haben wir den Mord auf Band?«
    »Nicht direkt«, erwiderte der Techniker, indem er mit ein paar raschen Mouseklicks die Sequenz aufrief, die Verhoeven und Hinnrichs bereits zuvor gesehen hatten.
    Albert Schweh, wie er mit seinem Schriftstück auf die Büros zuläuft. Schnitt. Die isolierten Bürotüren, zwei von ihnen geöffnet, eine geschlossen. Schnitt. Dann eine Totale des hinteren Filialbereichs. Winnie Heller und Evelyn Gorlow am Boden. Zwischen ihnen der wuchtige Einkaufsroller der Krankenschwester. Ein plötzlich aufblitzendes Mündungsfeuer am linken unteren Bildrand. Und abermals der Umschnitt auf die Bürotüren. Doch dieses Mal lag der Kassierer bereits am Boden.
    Richard Goldstein kniff unwillig die Augen zusammen. »Sonst haben wir nichts?«
    Luttmann antwortete mit einem knappen

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