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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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schlüssig, was sie erzählt.»
    Steenhoff stand mit einem Ruck auf. «Wir werden sehen. Ich hole Michael. Dann knöpfen wir uns Farid vor.»
    Petersen nahm einen großen Schluck aus ihrer Tasse. «Ich muss Marianne morgen fragen, woher sie diesen köstlichen Ingwer für den Tee hat», wechselte sie das Thema.
    Steenhoff räusperte sich verlegen. «Äh, du musst nur zwei alte, vergessene Erkältungsbonbons aus der hintersten Ecke ihrer Schreibtischschublade nehmen, etwas Minze und schwarzen Tee von einer netten persischen Kollegin dazutun. Heißes Wasser drüber, und fertig.»
    Petersens linke Augenbraue ging nach oben. Sie musterte Steenhoff amüsiert. «Raffiniertes Rezept.»
    Steenhoff sah sie entschuldigend an. «Ich konnte ja nicht ahnen, dass du so schnell …»
    Das Piepen seines Handys unterbrach ihn. Er warf einen Blick auf das Display und öffnete die SMS .
    Petersen sah, wie sich ein Schatten über sein Gesicht legte. «Schlechte Nachrichten?»
    «Nein. Nur jemand, der mich zu Unzeiten treffen will.»
    «Die Rhabarberfrau», entfuhr es Petersen ungewollt.
    Doch Steenhoff hörte sie nicht mehr. Er war schon aus ihrem kleinen Büro hinausgegangen, um ungestört zu telefonieren.

[zur Inhaltsübersicht]
    29
    Erschöpft und müde fuhr Steenhoff am frühen Samstagmorgen vom Hof des Präsidiums herunter. Er hatte Petersen angeboten, sie nach Hause zu fahren, doch sie wollte nicht, dass er ihretwegen einen Umweg durch die Stadt fuhr, und bestellte sich stattdessen ein Taxi.
    In Gedanken versunken, schlug Steenhoff seinen üblichen Heimweg ein, setzte beim Abbiegen mechanisch den Blinker und stoppte vor roten Ampeln, ohne seine Fahrstrecke bewusst wahrzunehmen. Er fuhr die Hauptstraße Richtung Horn-Lehe und bog nach links auf die schnurgerade Lilienthaler Heerstraße ab, die die Anwohner nur
Den langen Jammer
nannten. Die Siedlung an der Westseite war in den dreißiger Jahren erbaut worden und hieß im Volksmund Rote Siedlung, da sämtliche Häuser damals rot angestrichen waren. Hinter den Häuschen befanden sich noch immer große Gärten, die ursprünglich für den Obst- und Gemüseanbau gedacht waren. An Steenhoff huschten die Gebäude der Siedlung wie flüchtige Schatten vorbei. Er sehnte sich nach seinem Bett, wollte nichts mehr denken, nur noch schlafen.
    Er fuhr durch Lilienthal, überquerte erst die träge dahinfließende Wümme und kurz darauf das kleine Flüsschen Wörpe. Trotz seiner Müdigkeit ging ihm Farids Vernehmung nicht aus dem Kopf.
    Mit verschränkten Armen hatte der Mann vor ihm gesessen und die Aussage verweigert. Steenhoff hatte vergeblich versucht, ihn aus seinem inneren Versteck zu locken. Aber Farid wollte nichts ohne seinen Anwalt sagen. Fast trotzig hatten sich seine Augen auf einen Brandfleck auf dem Tisch vor ihm geheftet. Nur einmal schaute er noch auf, als Steenhoff betonte, dass Andrea Voss von seiner Unschuld überzeugt sei.
    «Wenn Sie uns heute Nacht auch davon überzeugen, können Sie morgen früh Motjaba im Krankenhaus zum Frühstück besuchen», versuchte Steenhoff, Farid zu ködern.
    Der Mann richtete seine dunklen Augen auf den Kommissar. «Wie geht es meinem Bruder?»
    «Die Ärzte gehen davon aus, dass er in spätestens zwei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden kann», erwiderte Steenhoff ruhig. Er sah die Erleichterung in Farids Gesicht. Sofort setzte Steenhoff nach. «Wollen Sie uns nicht sagen, warum Sie Andrea Voss am Donnerstagabend in der Redaktion kontaktiert haben?»
    Farid schüttelte den Kopf. Er blieb dabei, die Fragen der Polizei würde er nur in Anwesenheit seines Anwalts beantworten.
    Notgedrungen hatte Steenhoff die Vernehmung auf den nächsten Tag verschoben.
    ‹Ich kann ihn kaum einschätzen›, gestand sich Steenhoff auf der Rückfahrt unwillig ein. War es Farids Charakter, der ihm unbekannt war, oder hatte es etwas mit ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zu tun? Steenhoff hatte bemerkt, dass er sich nur schwer auf den Mann einstellen konnte. Warum sagte Farid nicht aus, wenn es wirklich so war, wie Andrea Voss behauptete und er nur ein unschuldiger Hinweisgeber war? Warum saß er so stumm vor den Ermittlern, anstatt sich zu erklären oder sie empört für ihre Polizeiaktion anzugreifen?
    Steenhoff fuhr durch das still daliegende Falkenberg. Kein Mensch war zu dieser frühen Uhrzeit schon auf der Straße. Nur vereinzelt brannte in den Häusern entlang der Strecke Licht.
    Kurz vor dem Falkenberger Kreuz kam ihm ein Taxi mit

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